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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0229
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Einleitung

lung findet sich weder in der Ordnung von 1548 noch in der sieben Jahre später veröffentlichten Kon-
sistorialordnung256.
Das Bestreben des Goslarer Rates war die Aufrechterhaltung der Ehe. Deshalb findet sich zu Beginn des
Abschnitts „Von eheluden“ auch die Mahnung, daß sich die Gatten untereinander und mit ihren Kindern
vertragen sollen. Bei getrennt lebenden Ehepaaren strebte der Rat eine möglichst rasche Versöhnung an.
Wie bereits in der Kirchenordnung von 1531 bot er dafür seine Hilfe an257. Eine Scheidung war nur bei
Ehebruch und böswilligem Verlassen möglich258. Zur Bekämpfung des Ehebruchs sah die „Neue Ordnung“
drastische Strafen vor. So entsprach die für einmaligen Ehebruch verhängte Strafe von 5 Mark Silber etwa
dem Jahresverdienst einer Magd. Im Wiederholungsfall drohte neben einer Geldbuße von 20 Mark noch
eine Turmstrafe, beim dritten Mal sogar die einjährige Verbannung aus der Stadt259. Zur Ergänzung ver-
hängte der Rat Ehrenstrafen: So wurde den Männern der Zugang zum Rat und zu anderen öffentlichen
Ämtern verwehrt, den Frauen das Tragen von Schmuck und kostbaren Kleidern.
Stand in der Kirchenordnung von 1531 bei der Behandlung der Taufe das Patenamt im Vordergrund
und hier vor allem die Auswahl geeigneter Personen als Paten, geht es in der „Neuen Ordnung“ in erster
Linie um eine Beschränkung der Höhe der Geschenke der Paten an das Kind und um eine Eingrenzung der
nach der Taufe üblichen Gastmähler. Hierbei spielte, wie im Fall der Festessen anläßlich der Eheschließung,
die Sorge mit, daß sich die betreffenden Personen für lange Zeit verschulden und von der Unterstützung
durch die Armenkästen abhängig werden könnten.
19. Einigung zwischen dem Rat und den Prädikanten wegen der Versorgung der Witwen und Kinder,
26. März 1550 (Text S. 301) / 25. Vergleich zur Versorgung der Witwen und Kinder der verstorbenen
Geistlichen, 7. August 1566 (Text S. 324)
Die Besoldung der Goslarer Pfarrer und Kapläne aus dem Gemeinen Kasten blieb wegen der geringen
Einnahmen des Kastens über lange Jahre hin ein Streitpunkt zwischen Rat und Geistlichkeit. Immer
wieder kam es zu Beschwerden der Geistlichen über die zu geringe Höhe ihrer Bezüge260. Selbst in der
Visitationsordnung Heshusens von 1553 spielt die underhaltung der kyrchendiener noch eine bedeutende
Rolle (Nr. 21, S. 305). Ungelöst war auch die Frage ihrer Versorgung im Fall von Krankheit und Siechtum.
Als der Superintendent Eberhard Widensee Mitte der vierziger Jahre erkrankte und nur noch einem Teil
seiner Amtspflichten erledigen konnte, wurden ihm trotz seiner großen Verdienste um die Stadt und ent-
gegen der vom Rat in der Bestallungsurkunde gegebenen Zusage (s. Nr. 10a) die Bezüge gekürzt261. Unbe-
friedigend war auch die Lage der Familien, die beim Tod eines Pfarrers oder Kaplans ohne Versorgung
zurückblieben.
Zumindest in der Frage der Versorgung der Hinterbliebenen kam es im März 1550 zu einer ersten
Verständigung zwischen dem Rat und den Prädikanten. Darin erklärte sich der Rat bereit, den Witwen und
Kindern die Besoldung für das angebrochene Quartal und darüber hinaus noch für ein weiteres halbes Jahr
zu zahlen und der Familie für diese Zeit auch ein Wohnrecht im Pfarrhaus bzw. in der Kaplanei einzuräu-
men. Im Gegenzug sagten die Prädikanten zu, für diese Zeit die Amtspflichten des verstorbenen Kollegen
zu übernehmen.

hält. Vgl. dazu auch MBW, R 5, Nr. 5076 (dort mit Hin-
weis auf den Bestand B 4333).
256 Anscheinend findet sich eine entsprechende Regelung erst
in der Polizeiordnung aus dem Jahr 1561 (s. die Bemer-
kung in Nr. 22, S. 315).
257 Im Unterschied zur Kirchenordnung ist die Hilfe der
Pfarrer hier nicht ausdrücklich erwähnt (Nr. 7, S. 249).

258 Vgl. dazu Titz-Matuszak, Eherecht und Ehealltag,
S. 155.
259 Vgl. ebd. S. 154.
260 Vgl. Graf, Pfründe, S. 45f.
261 Vgl. Hesse, Superintendenten, S. 107.

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