Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0375
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung

Bremen beim Reichsregiment die Befreiung von der Herrschaft des Erzbischofs (s. unten S. 370). Aber erst
während des Dreißigjährigen Krieges wurde Bremen 1646 Freie Reichsstadt50.
In Konkurrenz zum Erzbischof baute die Stadt ein eigenes Territorium auf. Über die Hoheit über das
unmittelbare Vorgelände der Stadt innerhalb der Landwehr, zu dem auch einige ältere Dörfer wie Jericho
und Utbremen gehörten, verfügte der Rat bereits im 14. Jh.51 Sehr viel schwieriger war die Anbindung der
umliegenden Marschgebiete mit den vier Gohen Vieland (links der Weser), Hollerland, Blockland und
Werderland (rechts der Weser) an die Stadt, auch wenn im Laufe der Zeit immer mehr Bremer Bürger dort
Grundbesitz erwarben. Die Gohen waren mittelalterliche Gerichtsbezirke, an deren Spitze die sogenannten
„Gohgrefen“ (Gografen) standen, die den Vorsitz im Gericht führten. Diese wurden von den Landesgemein-
den gewählt, meist aus den Ministerialen, die in der Gohe selbst Grundbesitz hatten. Das Bestreben der
Bremer Politik war es, daß die Landesgemeinden ihre Gohgrefen aus den Reihen der Ratsherren wählten.
1335 gelang es dem Bremer Rat erstmals, Einfluß auf die Wahl des Gohgrefen im Vieland zu gewinnen. In
den drei rechts der Weser gelegenen Gohen erscheinen Ratsherren hingegen erst im Laufe des 15. Jh. als
Gohgrefen (im Hollerland erstmals 1428, im Blockland 1468). 1598 schaffte der Rat die Wahl der Gohgrefen
durch die Landesgemeinden ab und setzte diese fortan selbst ein52.
Eines der vorrangigen Ziele der Bremer Territorialpolitik war die Beherrschung des Weges zur Nordsee.
Im Laufe der Zeit gelang es der Stadt, sich als wichtige Territorialmacht an der Unterweser zu etablieren.
Ein wichtiger Schritt war dabei der Erwerb der Herrschaft Bederkesa: 1381 erwarb die Stadt zunächst die
eine Hälfte der Herrschaft, vierzig Jahre später dann auch die andere Hälfte53. Das Gericht Lehe umfaßte
nördlich der Geestemündung einen Teil des Weserufers und war daher von Interesse für Bremen; die Grafen
von Oldenburg verpfändeten das Gericht 1408 an die Stadt54. 1430 kaufte der Rat die nordwestlich der
Stadt gelegene Burg und Herrschaft Blumenthal, der er 1469 auch das nördlich angrenzende Gericht Neu-
enkirchen angliederte55. Im Fall von Butjadingen, das für die Sicherung der Wesermündung von Bedeutung
war, schaffte es Bremen dagegen nicht, eine Herrschaft über das Gebiet aufzubauen56.
Wie Goslar war auch Bremen Mitglied der Hanse. Als 1358 Bremer Kaufleute den Boykott der Hanse
gegen Flandern unterliefen, wurden sie zum Beitritt und damit zur Teilnahme an der Blockade gezwungen.
Von seiner wirtschaftlichen und militärischen Kraft her gehörte Bremen zur mittleren Gruppe der Hanse-
städte (Magdeburg, Lüneburg, Braunschweig), beanspruchte selbst aber die gleiche Stellung wie die füh-
renden Städte Lübeck, Hamburg und Köln. Das Verhältnis zur Hanse blieb stets von Problemen belastet.
So griff die Hanse mehrfach in innere Konflikte der Stadt ein und schloß Bremen 1427 wegen der Absetzung
des alten Rates sogar für einige Zeit aus dem Bund aus57.

B. Kirchen und Klöster

1. Die Pfarreien
Mehr als zwei Jahrhunderte lang bildete der Dom die Pfarrkirche für den Ort Bremen, bis es unter Erz-
bischof Unwan um 1020 in Verbindung mit einer Stiftsreform zur Errichtung einer neuen Pfarrkirche außer-

50 Abb. des Linzer Diploms Kaiser Ferdinands III. von 1646
ebd., S. 346.
51 Vgl. ebd., S. 68.
52 Zu den Gohen vgl. ebd., S. 87f. (mit einer Karte der
Gohen); Schwarzwälder: Bremen-Lexikon 1, S. 81 und
403 sowie 2. S. 927f. und 964; Ernst Dünzelmann, Zur
Geschichte des Bremischen Landgebiets, in: BrJ 15
(1889), S. 96-117.
53 Vgl. Schwarzwälder, Bremen-Lexikon 1, S. 68f.; Curt

Allmers, Geschichte der bremischen Herrschaft Beder-
kesa, Bremen 1933 (= Veröffentlichungen aus dem Staats-
archiv der Freien Hansestadt Bremen 10).
54 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 278f.
55 Vgl. Köbler, Historisches Lexikon, S. 87.
56 Vgl. Hill, Stadt, S. 307-309.
57 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 75-77, 89-91,
105-107 und 118-121; Hill, Stadt, S. 337-368.

355
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften