Bremen
etlichen Predicanten gehalten werden“134. Was Probst veranlaßte, die Basler Agende ins Niederdeutsche zu
übersetzen, läßt sich nur vermuten, da dem Druck im Unterschied zu dem von 1525 kein Vorwort voran-
gestellt ist. Die Basler Agende bot wie die Kantzsche Ordnung nur ein Formular für den Abendmahlsgot-
tesdienst und keine Anweisungen für die Gestaltung des vorhergehenden Predigtgottesdienstes. Im Unter-
schied zu Luthers „Taufbüchlein“ von 1526 enthält die Basler Taufordnung eine Vermahnung, in welcher
das Wesen der Taufe biblisch entfaltet wird. Besonders hervor sticht aber das Formular für die Seelsorge an
Kranken und Sterbenden, das in anderen Agenden dieser Zeit fehlt135.
Bei seiner Übertragung folgte Probst der Vorlage weitgehend, paßte einzelne Teile (wie etwa das All-
gemeine Kirchengebet) aber den Bremer Verhältnissen an. Im Unterschied zu Oekolampad hielt Probst
auch am Begriff der Messe fest136. Nach Rudloffs Auffassung waren Probst die differierenden Auffassungen
Luthers und Oekolampads nicht bewußt. Vielmehr habe der Bremer Prediger die Agende Oekolampads als
Ergänzung zu den Entwürfen Luthers verstanden137.
2. Einrichtung eines Armenkastens in der Liebfrauenkirche, 16. April 1525 (Text S. 408) / 5. Almosen-
ordnung [nach 1534] (Text S. 487)
An Ostern 1525 wurde in der Liebfrauenkirche, an der Jakob Probst als Prediger tätig war, ein Armenka-
sten aufgestellt und sechs Männer aus der Gemeinde mit dessen Verwaltung beauftragt. In den folgenden
Monaten muß es dann auch in den drei anderen Pfarrkirchen zur Einrichtung derartiger Armenkästen (in
Bremen werden sie als Armen- oder Gotteskisten bezeichnet) gekommen sein. Denn nach der chronikali-
schen Überlieferung wurde 1526 eine Armenordnung (lofflike unde christlike ordeninge vor de armen) erlassen,
damit die Notleidenden nicht lenger vor den karckdoren noch dorch de straten unde gassen der stadt ummegan.
Vielmehr sollten sie durch die verordneten Diakone aus den Armenkästen in den vier Pfarrkirchen nach
ihrer Bedürftigkeit (ein ider nach siner armoet, kranckheit unde gelegenheit) versorgt werden138. Diese Armen-
oder „Diakonenordnung“, wie sie häufig in der Literatur bezeichnet wird, scheint nicht mehr erhalten zu
sein139.
Nähere Anleitungen zur Armenversorgung gibt erst die Bremer Kirchenordnung von 1534 (Nr. 4a),
deren fünfter Teil „Van den Armen“ überschrieben ist. Neben den Bestimmungen zur Armenversorgung
enthält dieser Teil auch Regelungen zur Besoldung der Pfarrer in der Stadt und auf dem Land. Nach der
Kirchenordnung soll der Unterhalt der Prediger aber nicht, wie in anderen Städten, aus dem Armenkasten
erfolgen, sunder süs als ein eerlick bestimmet Soldt, denn die Bezahlung der Pfarrer sei nicht eine Almise,
sondern vielmehr, wie Christus es in Mt 10,10 nenne: Arbeydes lon (Nr. 4a, S. 470).
In der Kirchenordnung sind die Aufgaben der Diakone, deren Amt aus Apg 6,1-7 hergeleitet wird, näher
beschrieben: Während der Gottesdienste am Sonntag und in der Woche gehen sie in der Kirche umher und
sammeln Geld für die Armen (Nr. 4a, S. 469). Sie verzeichnen die Namen der Armen ihres Kirchspiels und
besuchen diese regelmäßig, um sich ein Bild von deren Bedürftigkeit zu machen (Nr. 4a, S. 467). Aus den
Armenkästen sollen nämlich ausschließlich solche Bedürftige unterstützt werden, die ohne eigenes Ver-
134 Der Text der Übertragung ist von Rudloff in seiner
Schrift Bonae litterae, S. 84-107 ediert worden.
135 Die Basler Agende war das Ergebnis einer Einigung unter
den reformatorisch gesinnten Pfarrern der Basler Kirchen
und wurde von Johannes Oekolampad entworfen. Zu ihr
vgl. Markus Jenny, Die Einheit des Abendmahlsgottes-
dienstes bei den elsässischen und schweizerischen Refor-
matoren, Zürich 1968 (= SDGSTh 23), S. 75-88; Alfred
Ehrensperger, Der Gottesdienst in Stadt und Land-
schaft Basel im 16. und 17. Jahrhundert, Zürich 2010,
S.141-144.
136 Vgl. Rudloff, Bonae litterae, S. 218f.
137 Vgl. Ebd., S. 222.
138 Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus Chro-
niken), S. 230f.
139 Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Gesammelte Aufsätze,
S. 428. Mit dieser Armenordnung läge Bremen ein Jahr
vor Hamburg, wo es erst 1527 zur Veröffentlichung einer
„Kistenordnung“ kam. Wie in Bremen die Liebfrauen-
pfarrei war in Hamburg das Nikolaikirchspiel mit der
Einrichtung eines Armenkastens vorangegangen, und die
anderen Pfarreien waren dann gefolgt.
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etlichen Predicanten gehalten werden“134. Was Probst veranlaßte, die Basler Agende ins Niederdeutsche zu
übersetzen, läßt sich nur vermuten, da dem Druck im Unterschied zu dem von 1525 kein Vorwort voran-
gestellt ist. Die Basler Agende bot wie die Kantzsche Ordnung nur ein Formular für den Abendmahlsgot-
tesdienst und keine Anweisungen für die Gestaltung des vorhergehenden Predigtgottesdienstes. Im Unter-
schied zu Luthers „Taufbüchlein“ von 1526 enthält die Basler Taufordnung eine Vermahnung, in welcher
das Wesen der Taufe biblisch entfaltet wird. Besonders hervor sticht aber das Formular für die Seelsorge an
Kranken und Sterbenden, das in anderen Agenden dieser Zeit fehlt135.
Bei seiner Übertragung folgte Probst der Vorlage weitgehend, paßte einzelne Teile (wie etwa das All-
gemeine Kirchengebet) aber den Bremer Verhältnissen an. Im Unterschied zu Oekolampad hielt Probst
auch am Begriff der Messe fest136. Nach Rudloffs Auffassung waren Probst die differierenden Auffassungen
Luthers und Oekolampads nicht bewußt. Vielmehr habe der Bremer Prediger die Agende Oekolampads als
Ergänzung zu den Entwürfen Luthers verstanden137.
2. Einrichtung eines Armenkastens in der Liebfrauenkirche, 16. April 1525 (Text S. 408) / 5. Almosen-
ordnung [nach 1534] (Text S. 487)
An Ostern 1525 wurde in der Liebfrauenkirche, an der Jakob Probst als Prediger tätig war, ein Armenka-
sten aufgestellt und sechs Männer aus der Gemeinde mit dessen Verwaltung beauftragt. In den folgenden
Monaten muß es dann auch in den drei anderen Pfarrkirchen zur Einrichtung derartiger Armenkästen (in
Bremen werden sie als Armen- oder Gotteskisten bezeichnet) gekommen sein. Denn nach der chronikali-
schen Überlieferung wurde 1526 eine Armenordnung (lofflike unde christlike ordeninge vor de armen) erlassen,
damit die Notleidenden nicht lenger vor den karckdoren noch dorch de straten unde gassen der stadt ummegan.
Vielmehr sollten sie durch die verordneten Diakone aus den Armenkästen in den vier Pfarrkirchen nach
ihrer Bedürftigkeit (ein ider nach siner armoet, kranckheit unde gelegenheit) versorgt werden138. Diese Armen-
oder „Diakonenordnung“, wie sie häufig in der Literatur bezeichnet wird, scheint nicht mehr erhalten zu
sein139.
Nähere Anleitungen zur Armenversorgung gibt erst die Bremer Kirchenordnung von 1534 (Nr. 4a),
deren fünfter Teil „Van den Armen“ überschrieben ist. Neben den Bestimmungen zur Armenversorgung
enthält dieser Teil auch Regelungen zur Besoldung der Pfarrer in der Stadt und auf dem Land. Nach der
Kirchenordnung soll der Unterhalt der Prediger aber nicht, wie in anderen Städten, aus dem Armenkasten
erfolgen, sunder süs als ein eerlick bestimmet Soldt, denn die Bezahlung der Pfarrer sei nicht eine Almise,
sondern vielmehr, wie Christus es in Mt 10,10 nenne: Arbeydes lon (Nr. 4a, S. 470).
In der Kirchenordnung sind die Aufgaben der Diakone, deren Amt aus Apg 6,1-7 hergeleitet wird, näher
beschrieben: Während der Gottesdienste am Sonntag und in der Woche gehen sie in der Kirche umher und
sammeln Geld für die Armen (Nr. 4a, S. 469). Sie verzeichnen die Namen der Armen ihres Kirchspiels und
besuchen diese regelmäßig, um sich ein Bild von deren Bedürftigkeit zu machen (Nr. 4a, S. 467). Aus den
Armenkästen sollen nämlich ausschließlich solche Bedürftige unterstützt werden, die ohne eigenes Ver-
134 Der Text der Übertragung ist von Rudloff in seiner
Schrift Bonae litterae, S. 84-107 ediert worden.
135 Die Basler Agende war das Ergebnis einer Einigung unter
den reformatorisch gesinnten Pfarrern der Basler Kirchen
und wurde von Johannes Oekolampad entworfen. Zu ihr
vgl. Markus Jenny, Die Einheit des Abendmahlsgottes-
dienstes bei den elsässischen und schweizerischen Refor-
matoren, Zürich 1968 (= SDGSTh 23), S. 75-88; Alfred
Ehrensperger, Der Gottesdienst in Stadt und Land-
schaft Basel im 16. und 17. Jahrhundert, Zürich 2010,
S.141-144.
136 Vgl. Rudloff, Bonae litterae, S. 218f.
137 Vgl. Ebd., S. 222.
138 Quellen zur Reformationsgeschichte (Auszüge aus Chro-
niken), S. 230f.
139 Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Gesammelte Aufsätze,
S. 428. Mit dieser Armenordnung läge Bremen ein Jahr
vor Hamburg, wo es erst 1527 zur Veröffentlichung einer
„Kistenordnung“ kam. Wie in Bremen die Liebfrauen-
pfarrei war in Hamburg das Nikolaikirchspiel mit der
Einrichtung eines Armenkastens vorangegangen, und die
anderen Pfarreien waren dann gefolgt.
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