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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0623
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25b. Stellungnahme des Rates zu den Gravamina des Ministeriums

tiget, ihre diener, so ihnen in ihrem dienst lenger
zubehalten nicht gelegen noch gefellig, nach gelegen-
heit zuendturlauben, wie auch hinwiederumb einem
diener freystehet, seinem herrn den dienst ufzukun-
digen, und also die annehmung und bestellung der
diener alle zeit tacitam illam conditionem in sich
hetten, quamdiu utrisque ita placuerit, das sie eben
darumb beiderseits super causa dimissionis aut re-
nunciationis keine besondere disputation oder ordi-
narium processum iuris anstellen durffen und
mußen. |
Hette derhalben ein erb. rahdt woll geschehen laßen
mögen, das die herrn des ministerii ihre erb. w. mit
dem anzug und redarguierung mali exempli destruc-
tionis scholae adeoque commissi delicti verschonet
und vielmehr den rath, alse ihre von Gott verorden-
te obrigkeit, in deme etwas beßer respectieret und
venerieret hetten. Und will sich ein erbar rath auch
nicht versehen, das sich berurter endturlaubung hal-
ber weder die jugendt noch auch ihre gehorsame
burgerschafft, wofern sie etwa sonsten von unruwi-
gen leuten nicht instigieret18, mit einigem fugen wer-
den zubeclagen haben.
Den rectorem betreffendt
Hatt ein erbar rahdt bißherzu weder von den herrn
scholarchis19 noch andern vermercket oder vernom-
men, das derselbig umreißlich das schullregiment

18 Aufgewiegelt.
19 In den Händen der Scholarchen lag bis ins 19. Jh. hinein
die Aufsicht über die Schulen. Meist nahmen ein Bür-
germeister und ein Ratsherr das Amt wahr.
20 Johannes Molanus (Johann van der Moelen), * um 1510
in Nieuwekerk (bei Ypern), | 1583 in Bremen, war nach
dem Studium in Löwen von 1543 bis 1553 Rektor der
Schule in Diest (bei Maastricht). Nach seiner Gefangen-
nahme durch die Inquisition floh er nach Emden, von wo
er dann nach Bremen kam. Auf die Fürsprache Harden-
bergs wurde Molanus 1553 Lehrer des Schülerkonvikts
im Katharinenkloster. Im Rahmen der Auseinanderset-
zungen zwischen der lutherischen Geistlichkeit und dem
Domprediger Albert Hardenberg, dem sich Molanus
freundschaftlich verbunden fühlte, wurde auch er zur
Zielscheibe der Angriffe der städtischen Prediger, so daß

angestellet, doher ihme die schuldiener und jugendt
nicht auch weiß-| lich und geburlich zu obtemperie-
ren schuldig und gehalten sein solten. Da aber deßen
etwas solte vermercket werden, wirdt ein erbar
rahdt woll ein geburlichs einsehen zuhaben wißen.
Das aber der rector inscientibus et non approbanti-
bus dominis de ministerio anhero erfurdert, deßen
ist der rahdt altem herkommen nach woll bemech-
tiget gewesen, weiß sich auch nicht zuerinnern, das
dazu jemalß des ministerii speciall consens oder ap-
probation sey vorhin erfurdert worden oder de ne-
cessitate darzu hette erfurdertt werden mußen, wie
auch nicht zuberichten, das der rector sich einer
selbmutigen gewaltt angemaßet oder auch was dem
rahde ihme mehr gewaltt oder potestat, dan der herr
Molanus20 seliger vorhin gehabt und je auch ein je-
der rector haben muß, solte gegeben oder er dazu
also, wie angezogen, armieret worden sein, weiß
auch ein erb. rahdt nicht, wie sie diesesfals das wortt
’armieren’ verstehen sollen. |
Das der rector keine amicitiam mitt dem ministerio
solieren21 und halten soll etc., hatt ein erb. rath an-
ders nicht vermercket, dan das er seines theils dazu
gantz woll geneiget, wan ihme nhur dazu von den
herrn des ministerii ursach gegeben und er von ih-
nen erfurdert wurde, sie sich auch etwa selbst von
ihme nicht abgezogen. Wißen auch nicht, woher sich
das ministerium die gedancken schepffen möchte,

er Bremen 1559 verließ und nach Duisburg ging, wo er
neben Gerhard Mercator als Lehrer am Gymnasium
wirkte. Bereits 1563 wurde er aber auf die Initiative des
Bürgermeisters Daniel von Büren wieder nach Bremen
zurückgerufen und zum Rektor der Lateinschule er-
nannt. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod inne.
Veeck sieht in Molanus einen der wichtigsten Wegberei-
ter der Pezelschen Reformen und des Übergangs der
Stadt zur reformierten Konfession. Vgl. Moltmann,
Pezel, S. 29-45; Moltmann, Johannes Molanus, pas-
sim; Elsmann, Hardenberg und Molanus, passim; Otto
Veeck, Johannes Molanus 1510-1583, Rektor der la-
teinischen Schule in Bremen, ein reformierter Theologe,
in: ZKG 34 (1913), S. 514-538.
21 Pflegen.

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