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Telekleides

έπεάν τοϊσι άμφικτυόσι πάσι τοϊσι άμφϊ ταύτης οίκέουσι τής πόλιος; vgl.
Frisk GEW, s.v. κτίζω).
Die Bedeutung von Amphiktyonie ist mithin ein Bündnis mehrerer be-
nachbarter Stadtstaaten, dessen Funktion ursprünglich darin bestand, ein
Heiligtum zu schützen und dessen Kult zu pflegen (zu Begriff und Funktion
der Amphiktyonie [n] vgl. Zeilhofer 1959, Tausend 1992 und Sänchez 2001).
Diese kultische Dimension wurde zwar im kaufe der Zeit durch eine poli-
tische und militärische erweitert, blieb aber - anders als bei einem rein
politisch-militärischen Bündnis (Symmachie) - weiterhin im Vordergrund
bestehen. Unter den griechischen Amphiktyonien ist die pyläisch-delphische
die berühmteste (vgl. Hdt. VII 213,2, Dem. 18,154, Aeschin. 3,124, Thphr. Hist,
plant. IX 10,2, Strab. IX 3,7; Busolt-Swoboda 1926, 1292-310, Schaefer 1959,
2098-9). Deren Zusammenkunft fand zweimal jährlich statt, ursprünglich
beim Heiligtum der Demeter Pylaia in Anthela nahe den Thermopylen, später
auch beim Apollon-Heiligtum zu Delphi. Mitglieder der pyläisch-delphischen
Amphiktyonie waren anfänglich Achaier (in der Phthiotis), Ainianen bzw.
Oitaier, Doloper, Magneten, Malier, Perrhaiber und Thessalier, nachmals traten
außerdem Boioter, Dorer, Ionier (aus Attika und von Euboia), Lokrer und
Phoker bei. Jedes Mitglied entsandte zwei Abgeordnete (pylagorai) und einen
hieromemnön (d.h. einen Amtsträger mit kultischen Aufgaben).
Für die Deutung des Komödientitels bieten sich grundsätzlich zwei Mög-
lichkeiten an: 1) Die Amphiktyonen-, 2) Amphiktyon und dessen Anhänger.32
Die erste Deutung besagte rein technisch ,Mitglieder einer Amphiktyonie“
(d.h. höchstwahrscheinlich der pyläisch-delphischen) und paßte formell zum
anderen Stücktitel des Telekleides Prytaneis (ebenfalls eine Amtsbezeichnung),
inhaltlich überdies zu Kratinos’ Pylaia. Diese nach den amphiktyonischen
Zusammenkünften benannte Komödie stellt offenbar das nächste Pendant zu
den Amphiktyones dar (vgl. PCG IV 213; zu Alexis’ Pylaia [bzw. Pylaiai], die
ebenfalls den pyläischen Rat andeuten dürfte, vgl. Arnott 1996, 586-7).
Ein weiteres Argument für diese wohl nächstliegende Deutung ist die
vornehmlich politische Dimension der Komödie, worin die Amphiktyonen
wahrscheinlich den Chor gebildet haben, da die Amphiktyonie eine politische
Angelegenheit war, welche die Athener und Attika direkt betraf. So könnte
ein Rekurs auf sie einen dezidiert politischen Hintergrund implizieren, viel-
leicht in der Form einer Einladung zur Symmachie unter den Griechen oder
allgemein als Adhortation zum Frieden (vgl. Farioli 2001, 83-5).

32 Die von Storey III288 beiläufig erwogene Bedeutung von άμφικτύονες als Nachbarn
ist zwar in der poetischen Sprache belegt (freilich nur in der Form άμφικτίονες),
im Attischen der Komödie hätte man jedoch eher γείτονες erwartet.
 
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