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Άμφικτύονες

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Die Amphiktyonie hat ein gewisses Interesse auf der attischen Bühne des 5.
Jhs. v.Chr. erweckt (vgl. Sanchez 2001, 16-7): ein Verweis findet sich in Soph.
Trach. 638-9 (ενθ’ Έλλάνων άγοραι / Πυλάτιδες κλέονται); in Kratinos’ Pylaia
läßt sich kein unmittelbarer Bezug zur Amphiktyonie aus den erhaltenenen
Fragmenten entnehmen (Cratin. fr. 180-92 [Pylaia]), der Titel aber (als Πυλαία
σύνοδος zu verstehen: vgl. Luppe 1963,188) ist recht eindeutig; Ar. Nub. 623-4
handelt von der Wahl des Hyperbolos zum hieromemnön-, in Lys. 1129-31 wird
auf die gemeinsamen griechischen Kultopfer zu Pylai, Olympia und Delphi
angespielt; in fr. 335 [Thesmophoriazousai II] ist sowohl von den pylagorai als
auch vom hieromemnön die Rede. Es ist mithin vorstellbar, daß in Telekleides’
Komödie ein von Amphiktyonen gebildeter Chor für den Frieden eintrat, weil
dies zu den politisch-eirenischen Aufgaben der amphiktyonischen Delegierten
gehörte. Das Thema des Friedens taucht in fr. 1,2 ausdrücklich auf: wer hier
spricht, kann nicht eruiert werden (vgl. hier unten, zu fr. 1, Interpretation,
S. 51-2), aber ein Auftritt des eponymen Stifters der Amphiktyonie, des my-
thischen Amphiktyon (der für die atthidographische Tradition auch König
Athens war) in der Rolle des Wortführers der Delegierten, läßt sich nicht von
vornherein ausschließen. Mit einer solchen Rollenzuweisung stünde wiederum
die Wiedergabe des Titels als Amphiktyon und seine Anhänger im Einklang,33
die ihrerseits formell ein Pendant in Kratinos’ Archilochoi und Odysses sowie
in Telekleides’ Hesiodoi selbst hat. Anders als es bei diesen ad hoc kreierten
Pluralformen der Fall ist, evoziert jedoch άμφικτύονες im Attischen des 5.
Jhs. v.Chr. als unmittelbare Assoziation die Mitglieder des amphiktyonischen
Bündnisses. Das Verständnis des Titels im Sinne von Amphiktyon und seine
Anhänger würde eine starke personale Präsenz von Amphiktyon voraussetzen,
von der keine Spur in den erhaltenen Fragmenten zu erkennen ist. Hinzu
kommt das eher allgemeine Argument, daß eine Figur wie Amphiktyon die
Komödie in eine mythische Vergangenheit projizierte, die Telekleides - zu-
mindest in der Form eines mythologischen Stücks - fremd zu sein scheint.34

33 Vgl. Storey III 288: „More likely it is an allusion to an early king of Attica,
Amphictyon [...] Thus the title might mean Amphictyon and his followers“.
34 Vgl. Storey III 287: „He does not seem to have written the mythological burlesque
populär with Cratinus and Hermippus, and while F 1 is a striking expression of the
ideal existence, the setting seems to be the modern world, the Speaker describing
the ‘life I used to provide’“; nach Bowie 2010, 145 liegt das Verhältnis von mytho-
logischen Komödien zum Gesamtbestand der Stücke in der frühen Archaia (zu-
mindest bei den größeren Dichtern) bei ungefähr 1/4 (Kratinos: 11/29; Krates: 1/11;
Kailias: 3/9; Pherekrates: 4/19; Hermippos: 5/10; Phrynichos: 37/10; Eupolis: 1/17;
Aristophanes: 13/45): im Falle von Telekleides lautet seine Statistik 1/9, eine aus
zwei Gründen nicht annehmbare Angabe, die am besten so lauten sollte: 17/7 (zu
 
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