Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
76

Telekleides

zu setzen (für,Appelle“ an das Publikum - speziell in Aristophanes’ Acharnern
und Rittern - vgl. jetzt Biles 2011, 126-7. 131-2). Es ist anzunehmen, daß
hierbei den Bürgern/Zuschauern konstruktive Ratschläge erteilt werden,
indem sich der Dichter selbst (durch sein Sprachrohr, den Chor) in der Rolle
eines Beraters in die politische Debatte mengt. In diesem Sinn wird etwa in
Cratin. fr. 52 [Dionysoi] der Sieg desjenigen erwünscht, der ,für diese Stadt
das Beste sagt“; in Ar. Ran. 686-7 soll der Chor gute Ratschläge und Lehren
(ξυμπαραινεΐν και διδάσκειν, v. 687) der Stadt erteilen (vgl. auch Eup. fr. 316
[Chrysoun genos]).64
Das Hauptargument für einen parabatischen Kontext dieser Anapäste65 ist
die Affinität zu weiteren Passagen, die mit höherer Wahrscheinlichkeit aus
(u.a. anapästischen) hapla stammen dürften (Whittaker 1935, 188-90). Hier
sind neben literarischen Themen66 auch Äußerungen politischer Natur rei-
chlich vertreten (vgl. Hubbard 1991, 20 mit A. 18): in Eup. fr. 132 [Demoi] (eup?)
wurde eine Attacke auf einen Demagogen erkannt (vgl. Telo 2007, 304-6), in
fr. 316 [Chrysoun genos] (zum Metrum vgl. Kassel-Austin z.St.) werden Kleon
und die Demokratie angegriffen; in Pher. fr. 52 [Doulodidaskalos] (eup) sug-
geriert die Geldaffäre einen politischen Hintergrund; in Ar. Ach. 652-4 wird
gefordert, den Ansprüchen der Spartaner auf Aigina nicht nachzugeben -67
auch fr. 59 [Anagyros] (eup) könnte politische Implikationen haben (nach der
Deutung von Kock I 406, nach dem hinter diesem Bild die zu früheren Zeiten
übliche gegenseitige Hilfsbereitschaft unter den Bürgern durch die aktuelle
Selbstbezogenheit ersetzt wurde). Relevant für Telekleides sind die ebenfalls

64 Vgl. Biles 2011, 48 und A. 143, der Telekleides’ Fragment zusammen mit den
erwähnten Passagen unter folgender Nebenbemerkung rubriziert: „especially if
other poets in their parabases shared Aristophanes’ penchant for taking on the
persona of an adviser in political debates“.
65 So bereits Kock 1211 („ex parabasi videntur excerpta esse“); vgl. Whittaker 1935,
189: „Frag. 2 comes from the following anapaestic άπλοΰν“; zur Terminologie vgl.
Hubbard 1991, 18-20, der die hapla „anapests“ nennt.
66 Etwa Cratin. fr. 342 (4anA) und fr. *361 (erat), Eup. fr. 89 [Baptai] (eup), Cratet. fr. 28
[Paidiai] (4anA), Lysipp. fr. 4 [Bakchai] (4anA), Pher. fr. 127 [Myrmekanthröpoi]
(eup), Ar. fr. 30. 31 [Amphiaraos], fr. 54 [Anagyros] (eup), fr. 265 [Danaides] (4anA);
Metag. fr. 15 [Philothytes] (4anA); in Cratin. fr. 105 [Malthakoi] (eup) beschreibt
ein Effeminiertenchor die eigenen Gewohnheiten (skeptisch gegenüber einer Zu-
ordnung zur Parabase Luppe 1973, 276-7).
67 Bakola 2010,42. 304 und A. 43 weist bezüglich der Parabase von Kratinos’ Dionysa-
lexandros auf Telekleides’ Fragment sowie Pher. fr. 52 [Doulodidaskalos] und Cratin.
fr. 76 [Thrattai] hin; Pher. fr. 34 [Automoloi] (πίνειν άεΐ καί μεθύειν πρ'ιν άγοράν
πεπληθέναι [eup]) ließe sich allgemein als eine Aussage in Richtung Sittenkritik
deuten.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften