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Πρυτάνεις (fr. 27)

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Textgestalt Die Vereinigung der getrennt überlieferten vv. 1-2 (zu Nikandros
von Thyateira als Quelle für dieses Zitat vgl. Nesselrath 1990, 78 A. 39) und v.
3 geht auf Bergk 1838, 327 zurück. Die Emendation des tradierten ήδυπνόου in
die kontrahierte Form ήδύπνου stammt von Schweighäuser VI 203, der darin
trochäische Tetrameter erkannte: και μελιχρόν οίνον ελκειν έκ λεπαστής /
ήδύπνου (vgl. auch Elmsley 1811, 90, der folgendermaßen skandiert: καί με-
λιχρόν οίνον ελκειν έξ / ήδύπνου λεπαστής).
Interpretation Der Einsatz eines Versmaßes, das bei Hephaistion (Heph.
Ench. 5,3-4 p. 6 Consbr.) ,Anakreonteion‘ genannt wird, zusammen mit wört-
lichen Anklängen und dem metasymposialen Kontext, lassen eine anakreon-
tische Folie unschwer erkennen (Kock I 215-6: „‘quam suave est membra
stratum sub arbuto vinum bibere ex poculo gratum odorem fundente caseo
vescentem’ versus noti sunt ex Anacreonteis et aptissimi ad vitam securam
et otiosam describendam“). Für ein ähnliches, bereits homerisches Bild vgl.
Hom. Λ 639-40 (ο’ίνω Πραμνείω, επί δ’ α’ίγειον κνή τυρόν / κνήστι χαλκείη,
επί δ’ άλφιτα λευκά πάλυνε).
Vielleicht nicht irrelevant für eine Komödie mit dem Titel Prytaneis sind
zwei Bezeugungen, worin von Essen und Trinken im Prytaneion die Rede ist,
die dadurch Kontaktpunkte zu diesem Fragment bilden könnten (zum honig-
süßen“ Wein sowie dem Verzehr von ,Käse‘): in Thphr. De od. 51 E.-W. ist vom
Wein aus Thasos die Rede, der im Prytaneion ausgeschenkt wird und seinen
,wunderbar angenehmen Geschmack“ dem im Tonkrug mit Honig gekneteten
Teig verdankt, so daß man einerseits den Geruch vom Honig, die Süße ande-
rerseits von dem [im Honig gekneteten] Teig“ hat (Übers, von Eigier-Wöhrle
1993); in Athen. IV 137e wird von einem sonst nirgendwo bezeugten Mahl zu
Ehren der Dioskuren im Prytaneion erzählt, das zur Erinnerung der früheren
Zeiten (ύπόμνησιν ποιούμενους τής άρχαίας άγωγής) veranstaltet wurde, und
bei welchem Käse, Gerstenkuchen, reife Oliven und Lauchzwiebeln serviert
wurden (zum Zitat von Chion. fr. 7 [Ptöchoi] vgl. hier unten, zu v. 3, τυρίον).
Es ist nicht gänzlich auszuschließen, daß das Symposion-ähnliche kleine Mahl
mit Verzehr von Käse in irgendeinem Zusammenhang mit Veranstaltungen
im Prytaneion stehen konnte. Im Telekleides-Fragment wird die symposiale
Szene nicht als aktuell im Gange beschrieben, sondern lediglich evoziert. In
Ar. Pac. 1127-1139 = 1159-1171 wird eine glückselige Gegenwart dargestellt;
in den Prytaneis hingegen dürfte das Symposion an eine schöne, aber nunmehr
vergangene Realität erinnern (zum Problem der Symposien-Inszenierungen
in der Archaia vgl. Napolitano 2012, 172-5).
Von besonderer Relevanz für Telekleides’ Fragment ist ferner Apolloph.
fr. 7 [Kretes] (καί λεπαστά μ’ άδύοινος εύφρανεϊ δι’ άμέρας), wo der Krug mit
einem ähnlichen Epitheton bezüglich der Süße des Wein-Bouquets versehen ist
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften