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in symposialen Performances zu rezitieren); in Cratin. fr. 17 [Boukoloi] (ος
ούκ εδωκ’ αίτούντι Σοφοκλέει χορόν, / τώ Κλεομάχου δ’, δν ούκ άν ήξίουν
εγώ / έμοί διδάσκειν ούδ’ άν εις Άδώνια) wird gegen einen nicht genannten
Archon polemisiert, der statt Sophokles Gnesippos einen Chor zugewiesen
habe, wobei dieser nicht einmal für die nur den Frauen zugänglichen Adönia
geeignet sei; in fr. 104 [Malthakoi] (τις άρ’ έρωτα j" μοιδεν ώ Γνήσιππε
εγώ πολλή χολή; / ο’ίομαι <“> μηδέν οϋτως μωρόν είναι καί κενόν) ist die
Rekonstruktion äußerst prekär (vgl. den sinngemäßen Versuch von Luppe
1963, 71, der in Athenaios-Zitaten zwei Dichter namens Gnesippos erkennt,
einen Tragiker und einen Kitharoden: „,Wer denn preist (singt) deine Lieder,
o Gnesipp“ (Selbstantwort): ,Ich auf keinen Fall; denn ich glaube ...““); in
fr. 276 [Hörai] (’ίτω δε καί τραγωδίας / ό Κλεομάχου διδάσκαλος / j" μετά
τών ψ παρατιλτριών / έχων χορόν Λυδιστί τιλ-/λουσών μέλη πονηρά) wird
er als didaskalos der Tragödie dargestellt, dessen Chor jedoch aus lasziven
Tänzerinnen besteht (neben dem Wortspiel mit μέλη = ,Lieder“ /,Glieder“).
Gnesippos, der Sohn des Kleomachos, soll demnach ein Tragiker gewesen
sein (TrGF 27 T 1; zu den „Tragic Poets“ unter den „Idols ofthe theatre“ gehört
er in Sommerstein 1996, 348; so auch Wilson 2000, 334 A. 57, Storey 2003,
178-9, Prauscello 2006, 62 und Bakola 2010, 57-9), wobei er ebenfalls für einen
Tragiker und Kitharoden zugleich gehalten wurde (Wilamowitz 1870, 25-6;
vgl. auch Conti Bizzarro 1999, 85-6; gegen diese doppelte Identität Luppe 1969,
217); sogar seine tragische Produktion wurde gelegentlich in Frage gestellt,
da sie allein aufgrund von Cratin. fr. 17 [Boukoloi] angenommen werde (so
Meineke II.2 29 und Hordern 2003, 612). Schließlich wurde Gnesippos einer jün-
geren Komiker-Generation als der des Aristophanes zugeordnet (Maas 1912).
Seine Bezeichnung bei Athenaios als παιγνιαγράφος (LSJ s.v.: „writer
of playful poetry“) hat unlängst Anlaß zur Vermutung gegeben, er sei als
Dichter von paignia anzusehen, welche laut einer Reihe einseitig interpre-
tierter Passagen (Suet. Aug. 99; Plut. Quaest. conv. 712a-f, Ael. Nat. anim.
XV 19, Euphr. fr. 1,35 [Adelphoi] έκεϊνο δράμα, τούτο δ’ έστί παίγνιον) die
früheste literarische Bezeugung für den ,erotischen dramatischen Mimus“ als
kodifiziertes, ja institutionalisiertes Genre gewesen sein sollen (so Davidson
2000, der auch auf Cratin. fr. 276 [Hörai] hinweist, wo Gnesippos’ Produktion
angegriffen wird). Gegen diese fragwürdige These wurde u.a. dahingehend
argumentiert, daß eine Verbindung zwischen Mimus und paignia frühestens
auf das 2. Jh. v.Chr. zurückgeht, auch wenn einzuräumen sei, daß Gnesippos
lyrische Wurzeln aufweist und wohl für Symposien gedichtet haben könnte.146

146 Vgl. Hordern 2003, 613: „Gnesippus’ poetry was certainly nothing out of the ordi-
nary, and belonged, whatever individual elements he added himself, to a lyric
 
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