Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Incertarum fabularum fragmenta (fr. 41)

197

Textgestalt Beim ersten Zitatträger, der Euripides-Vita, wird neben Σωκρά-
της auch Σωκράτους εταίρος überliefert (vgl. schol. Ar. Ran. 1491 und
Wilamowitz 18952, 23 A. 42, der es zusammen mit ό φιλόσοφος expungierte);
και Μνησίλοχος wurde hingegen von Elmsley 1822,193e getilgt. Bei Diogenes
Laertios las Elmsley 1822,194f Τηλεκλείδης statt Μνησίλοχος (vgl. aber Kassel-
Austin z.St.: „sed ipsum Diogenem confusionem fecisse monet Von der Muehll
in schedis“). Diogenes Laertios - dessen überlieferter Text lautet: έδόκει [d.h.
Sokrates] δε συμποιεϊν Ευριπίδη· δθεν Μνησίλοχος οϋτω φησί· Φρύγες έστί
καινόν δράμα τοϋτ’ Εύριπίδου, / ... ώ καί Σωκράτης τά φρύγαν’ ύποτίθησι.
καί πάλιν, ,,Εύριπίδας σωκρατογόμφους“ - konstatiert lediglich für Sokrates
eine Mithilfe an einer sonst nicht bezeugten euripideischen Tragödie des Titels
Phryges.* * * * * * * * 154 Die Möglichkeit eines Wortspiels zwischen einem Tragödientitel
Phryges und φρύγαν’ böte an sich viel Verlockendes und wäre durchaus
pointierter als dasjenige zwischen φρύγει und φρύγαν’: das Verb φρύγει
liegt jedoch - unter Heranziehung des zweiten Zitatträgers, der genannten
Euripides-Vita, - textkritisch viel näher, abgesehen von der Schwierigkeit, die
Existenz eines ,neuen“ Euripides-Stücks nur von dieser unwahrscheinlichen
Lesart abhängig zu machen. Als Alternative zur ökonomischeren Ergänzung
Μνήσιλοχός έστ’ εκείνος <ος> (Dindorf 1829, 52) wurden die deiktischen ό
Μνησίλοχος δ’ έκεινοσί oder Μνησίλοχος ούτός έστιν ος vorgeschlagen
(Meineke II. 1 372); Fritzsche 1852, 4-6 denkt hingegen an Mnesilochos, der für
Euripides und Sokrates, die ein neues Stück braten, die Brennhölzer besorgt
(mit folgender, zu weit hergeholter Rekonstruktion: ό Μνησίλοχος δε έκεινοσί
φρύγουσι (bzw. φρύγοντι) δράμα καινόν / Εύριπίδη καί Σωκράτει τά φρύγαν’
ύποτίθησιν; das anschließend bei Diogenes Laertios zitierte fr. 42 wird dann

sexuellen Neigungen für eine Travestie besser geeignet war als Euripides; an die
personifizierte Tragödie, vielleicht auch in der Rolle von Euripides’ Frau bzw. der
Heldin einer gleichnamigen Tragödie denken Gallo 1983 und Arrighetti 1994, 40;
zur gewagten, aber suggestiven Lektüre des Fragments als Bezeugung für ein
intellektuelles Treffen zwischen Sokrates und Aspasia, die in derselben Komödie
- Call. fr. *21 [Pedetai] - die Rolle einer Rhetoriklehrerin innezuhaben scheint:
vgl. Imperio 1998, 225; eine Euripides-Muse wie in Ar. Ran. 1304-28 ist auch eine
erwägenswerte Möglichkeit.
154 Daß Diogenes Laertios die dramatis persona Mnesilochos mit dem Komiker
verwechselte, glaubt Patzer 1994, 52-3, nach dem er das Zitat nicht mit Μνησίλοχος
δέ εκείνος anfangen läßt und den bei ihm überlieferten Tragödientitel Phryges für
,euripideisch‘ hält - und zwar anhand der bezeugten Kressai, Kretes, Mysoi, Skyrioi
außer natürlich Troerinnen und Phönikerinnen.
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften