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Telekleides

Identifikation auf die Plutarch-Lektüre des Metochites selbst zurückzuführen
ist, der sie vermutlich aus dem Telekleides-Fragment schloß.
Da Nikias im Sommer 413 v.Chr. infolge der gescheiterten Sizilien-Expe-
dition hingerichtet wurde (Thuc. VII 86,2-5) und der Tonfall, v.a. aber die
Zeitform (Präsens) in den Worten des (ironisch?) Lobenden (φίλος γάρ άνήρ,
σωφρονεϊν δε μοι δοκεϊ, ν. 5) zu einer noch lebenden Figur paßt, läßt sich
die Zeitspanne der Aufführung der Komödie auf die Jahre 415-13 v.Chr. re-
duzieren, also zwischen dem Anfang der politischen Karriere des Charikles
und dem Tod des Nikias. Das J. 414 liegt insofern nahe, als bereits seit dem
Winter die Nachricht in Umlauf war, daß die Strategie des Nikias bei Syrakus
aufgrund eines klugen Tricks erfolgreich gewesen sei (Thuc. VI 74,2. 93,4;
Plut. Nie. 16,2-3; vgl. Goossens 1946, 56; so auch Schmid 1.4 96 A. 2. 97; vgl.
hier unten, zu Χαρικλέης, v. 1) und dies in zwei an den Dionysien dieses
Jahres aufgeführten Komödien - in Aristophanes’ Vögeln und Phrynichos’
Monotropes - entsprechend gewürdigt wurde (Ar. Av. 362-3 ώ σοφώτατ’, εύ
γ’ άνηϋρες αύτό καί στρατηγικώς· / ύπερακοντίζεις σύ γ’ ήδη Νικίαν ταϊς
μηχαναϊς; Phryn. fr. 23 [Monotropos] άλλ’ ύπερβέβληκε πολύ τον Νικίαν /
στρατηγίας πλήθει ψκαί εύρήμασιν).172
Die Aussage läßt sich bei allem Vorbehalt denjenigen spärlichen Frag-
menten zuordnen, in welchen sich die Komödie relativ wohlwollend über
einen noch lebenden Politiker auszulassen scheint.173 Für Nikias gilt dies außer
an diesem Ort ebenso im bereits zitierten Eup. fr. 193 [Marikas] (vgl. hier
oben, Zitatkontext, S. 211; zu Nikias als eh res tos vgl. Napolitano 2005, 61, in
bezug auf Eupolis’ Kolakes)·, Kleon wird in Hermipp. fr. *47,7 [Moirai] (δηχθείς
α’ίθωνι Κλέωνι) vor der Folie eines in der Kriegspolitik zaghaften Perikies
eher positiv gezeichnet, während in Eup. fr. 110 [Demoi] ein Kompliment

172 Unfundiert ist hingegen Körte 1934, 323,46-9: „die freundliche Erwähnung des
Nikias kann sehr wohl in die ersten Jahre des peloponnesischen Krieges gehören“;
zu der ,Hexenjagd‘-Stimmung zwischen Hermokopiden-Skandal und Sizilischer
Expedition vgl. Maxwell-Stuart 1973 (insbes. 400), der außer Telekleides auch Pher.
fr. 64 [Ipnos e Pannychis] erwähnt.
173 Vor einer einseitigen Deutung des Fragments als eines Freundschaftszeugnisses
gegenüber Nikias warnte Croiset 1906, 31; vgl. Marasco 1976, 79: „il significato
caricaturale di questi versi sembra implicito per il fatto stesso ehe Plutarco li
cita come testimonianza del carattere pauroso di Nicia, ehe spesso lo portava ad
accontentare anche chi gli era nemico“; zum Urteil von Schmid 1.4 96 vgl. Storey
1977, 267-8: „It is not accurate with Schmid to call this “das Lob des Nikias” and
even less so to infer thence a conservative political stance for Telekleides. The
“compliment” to Nikias is surely a back-handed one, and the omission of Nikias’
offence merely adds to the tantalizing effect of the allusion“.
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