Metadaten

Orth, Christian; Aristomenes; Metagenes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 9,2): Aristomenes - Metagenes: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verl. Antike, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47764#0295
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
294

Eunikos oder Ainikos

In welchem Verhältnis zueinander Pollux und die von Eustathios verwen-
dete Quelle stehen, ist unbekannt.470
Ob Pollux’ Angabe, dass χύτρα die Bezeichnung einer Kussform war,
letztlich auf weitere Quellen neben Eunikos, den Vers des Eunikos in seinem
ursprünglichen Kontext oder allein auf eine Interpretation des Verses des
Eunikos ohne Kontext zurückgeht, lässt sich nicht mehr überprüfen. Grund-
sätzlich muss man damit rechnen, dass das bei Pollux überlieferte Material
eine bereits epitomierte Fassung einer ursprünglich vielleicht umfangreiche-
ren Diskussion früherer Grammatiker darstellt.
Interpretation Der Vers lässt zwei verschiedene syntaktische Deutungen zu:
Entweder ist (1) eine Person als Objekt zu λαβοϋσα hinzuzudenken,471 und τήν
χύτραν bezeichnet als inneres Objekt zu φίλησον die Art des Kusses (so Kock
I 781: „τήν χύτραν, i. e. τό τής χύτρας φίλημα”), oder (2) hier wird in einer
Art Unterrichts szene eine Frau oder ein Mädchen (vgl. λαβοΰσα) aufgefordert,
einen Topf an den Henkeln zu nehmen und zu küssen.472
Für letztere Annahme spricht (1) ύποδηλοΐ im Zitatkontext bei Pollux,
das suggeriert, dass Pollux für Eunikos’ Vers nicht von einer einfachen Er-
wähnung der Kussform, sondern eher einer Anspielung darauf ausgeht, (2)
die Doppeldeutigkeit von των ώτων, das sich sowohl auf die Ohren eines
Menschen als auch auf den Henkel eines Topfes beziehen kann, (3) die mit
einem Kopf vergleichbare runde Gestalt eines antiken Topfes (s.u. zu χύτρα),
(4) der Artikel bei χύτρα, und (5) (unter der Annahme, dass χύτρα tatsäch-
lich als Bezeichnung für einen Kusstypus verwendet wurde) das komische
Potential, das sich aus der Vergegenständlichung einer solchen Bezeichnung
durch den Einsatz eines wirklichen Topfes auf der Bühne ergibt. Eine solche
Szene würde gut in ein Hetärenstück passen, und es ist nicht auszuschließen,
dass eine der beiden beteiligten Personen mit Anteia identisch ist. Vgl. die
Schilderung der Ausbildung von Anteia und anderen Hetären durch Nikarete
bei [Dem.] 59,18-9.
Die Form eines Kusses, bei der man mit den Händen die Ohren des an-
deren fasste, war sowohl (wie von Pollux angegeben) zwischen Eltern und
Kindern Plut. De aud. poet. 38b-c οϊ τε πολλοί τα μικρά παιδία καταφιλοΰντες
αύτοί τε των ώτων άπτονται κάκεϊνα τούτο ποιεΐν κελεύουσιν, Clem. Alex.
Strom. 5,12,1 ρ. 334 Stählin ούκουν είκή τοΐς παιδίοις παρακελευόμεθα των

470 Erbse 1950, 220 denkt an Pamphilos als mögliche Quelle des Pausanias.
471 Edmonds I 911 denkt an ein Personalpronomen der ersten Person, wie seine
Übersetzung „Take me by the ears and kiss me pot-wise“ zeigt.
472 Vgl. Storey, FOCI 23: „... but it may just mean “take the pot by the ears and kiss
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften