17.-19. März 2003 | 113
einzig und allein darin bestand, zu eruieren, welche anderen Gremien hinsichtlich
eines in Frage stehenden Themas die politischen Entscheidungsträger bereits be-
rieten.
Mit einem Blick über den großen Teich endete schließlich der dreitätige Dis-
kurs der deutschen Akademien der Wissenschaften. Als Referent sprach Neal F. Lane
in der Alten Aula der Universität zu dem Thema „Funding pnorities and external
advice — A perspective on US. sciene and technology.“ Lane, zur Zeit Professor für
Physik an der Rice University in Houston, war von Dezember 1998 bis Januar 2001
wissenschaftlicher Berater von Bill Clinton. Als Direktor des White House Office of
Science and Technology Policy gestaltete er in erheblichem Umfang die inhaltliche
Ausrichtung der Politikberatung in den USA mit. Ganz sicher darf sein Vortrag als
einer der Höhepunkte der Tagung gelten, sowohl was Esprit, als auch was Praxiswis-
sen angeht. Zunächst einmal zeigte Lane sich erfreut, über das gute Image, welches
die wissenschaftliche Politikberatung in den USA prinzipiell genösse. Uber 70 Pro-
zent aller US-Bürger befürworten diese Arbeit, obwohl sich nur 20 Prozent zutrau-
en, die geleisteten Ergebnisse auch sachgerecht beurteilen zu können. Tatsächlich
falle der wissenschaftlichen Politikberatung in ihrer institutionalisierten Form große
Verantwortung zu. Auswirkungen auf nahezu jeden Bereich der Gesellschaft seien
unbestreitbar. „Ob im Bereich der Life Sciences, von Erziehung und Bildung, der
Umweltpolitik oder der Rüstung — die Weichenstellungen, welche hier erfolgen, sind
von sehr nachhaltiger Wirkung.“ Der Erfolg einer Beratung hänge aber auch in nicht
geringem Umfang von einer angemessenen Selbstwahrnehmung der Wissenschaftler
ab: „Leitende Politiker sind sehr beschäftigte Leute. Es liegt an den Wissenschaftlern,
eine klare Sprache zu finden, bündig und überzeugend zu beraten. Sie brauchen
sozusagen eine überzeugende Story, denn nur so gelingt es ihnen, in der Vielheit der
politischen Alltagsgeschäfte Gehör zu finden. Doch durch den permanenten Zugang
zu Spitzenpolitikern konnten wir viele langfristige Forschungsvorhaben auf den Weg
bringen.“ Lane bedauerte den hohen Anteil des Ressorts Rüstung an den aufge-
wandten Forschungsgeldern. Dennoch sei es gelungen, wissenschaftlich zukunfts-
weisende Projekte nachhaltig zu fordern. Als Beispiel benannte er die Förderung von
Grundlagenforschung im Bereich Nanotechnologie.
In der abschließenden Diskussion war deutlich zu erkennen, daß die Einschät-
zungen hinsichtlich des derzeitigen Stands der Politikberatung in Deutschland weit
auseinander klaffen. „Wir können uns in unseren Leistungen durchaus mit anderen
Nationen messen“, so Wolf-Michael Catenhusen, parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesministerium für Bildung und Forschung. „Innerhalb der einzelnen
Ressorts herrschen etablierte Netzwerke, die Wissenschaft und Entscheidungsträger
hervorragend verbinden.“ Dieser Einschätzung widersprach Christoph Bertram,
Direktor des Forschungsinstituts der Stiftung Wissenschaft und Politik: „Adressat
unserer Beratung ist und bleibt der Apparat, viel zu selten der einzelne Politiker.
Unsere Analysen werden geschätzt, doch de facto fehlt der politischen Klasse
schlichtweg der Ehrgeiz zur strategischen Gestaltung. Wir möchten gehört, nicht
archiviert werden.“
einzig und allein darin bestand, zu eruieren, welche anderen Gremien hinsichtlich
eines in Frage stehenden Themas die politischen Entscheidungsträger bereits be-
rieten.
Mit einem Blick über den großen Teich endete schließlich der dreitätige Dis-
kurs der deutschen Akademien der Wissenschaften. Als Referent sprach Neal F. Lane
in der Alten Aula der Universität zu dem Thema „Funding pnorities and external
advice — A perspective on US. sciene and technology.“ Lane, zur Zeit Professor für
Physik an der Rice University in Houston, war von Dezember 1998 bis Januar 2001
wissenschaftlicher Berater von Bill Clinton. Als Direktor des White House Office of
Science and Technology Policy gestaltete er in erheblichem Umfang die inhaltliche
Ausrichtung der Politikberatung in den USA mit. Ganz sicher darf sein Vortrag als
einer der Höhepunkte der Tagung gelten, sowohl was Esprit, als auch was Praxiswis-
sen angeht. Zunächst einmal zeigte Lane sich erfreut, über das gute Image, welches
die wissenschaftliche Politikberatung in den USA prinzipiell genösse. Uber 70 Pro-
zent aller US-Bürger befürworten diese Arbeit, obwohl sich nur 20 Prozent zutrau-
en, die geleisteten Ergebnisse auch sachgerecht beurteilen zu können. Tatsächlich
falle der wissenschaftlichen Politikberatung in ihrer institutionalisierten Form große
Verantwortung zu. Auswirkungen auf nahezu jeden Bereich der Gesellschaft seien
unbestreitbar. „Ob im Bereich der Life Sciences, von Erziehung und Bildung, der
Umweltpolitik oder der Rüstung — die Weichenstellungen, welche hier erfolgen, sind
von sehr nachhaltiger Wirkung.“ Der Erfolg einer Beratung hänge aber auch in nicht
geringem Umfang von einer angemessenen Selbstwahrnehmung der Wissenschaftler
ab: „Leitende Politiker sind sehr beschäftigte Leute. Es liegt an den Wissenschaftlern,
eine klare Sprache zu finden, bündig und überzeugend zu beraten. Sie brauchen
sozusagen eine überzeugende Story, denn nur so gelingt es ihnen, in der Vielheit der
politischen Alltagsgeschäfte Gehör zu finden. Doch durch den permanenten Zugang
zu Spitzenpolitikern konnten wir viele langfristige Forschungsvorhaben auf den Weg
bringen.“ Lane bedauerte den hohen Anteil des Ressorts Rüstung an den aufge-
wandten Forschungsgeldern. Dennoch sei es gelungen, wissenschaftlich zukunfts-
weisende Projekte nachhaltig zu fordern. Als Beispiel benannte er die Förderung von
Grundlagenforschung im Bereich Nanotechnologie.
In der abschließenden Diskussion war deutlich zu erkennen, daß die Einschät-
zungen hinsichtlich des derzeitigen Stands der Politikberatung in Deutschland weit
auseinander klaffen. „Wir können uns in unseren Leistungen durchaus mit anderen
Nationen messen“, so Wolf-Michael Catenhusen, parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesministerium für Bildung und Forschung. „Innerhalb der einzelnen
Ressorts herrschen etablierte Netzwerke, die Wissenschaft und Entscheidungsträger
hervorragend verbinden.“ Dieser Einschätzung widersprach Christoph Bertram,
Direktor des Forschungsinstituts der Stiftung Wissenschaft und Politik: „Adressat
unserer Beratung ist und bleibt der Apparat, viel zu selten der einzelne Politiker.
Unsere Analysen werden geschätzt, doch de facto fehlt der politischen Klasse
schlichtweg der Ehrgeiz zur strategischen Gestaltung. Wir möchten gehört, nicht
archiviert werden.“