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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2003
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Antrittsreden
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Ramm, Ekkehard: Antrittsrede vom 10. Mai 2003
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https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0122
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134 | ANTRITTSREDEN

Antrittsrede von Herrn EKKEHARD ramm
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 10. Mai 2003.

Herr Präsident, meine Herren Sekretäre,
meine Damen und Herren,
lassen Sie mich aus dem babylonischer Codex Ham-
murabi aus dem 18. Jh. v. Chr. zitieren:
„ ... Wenn ein Baumeister ein Haus baut für
einen Mann und macht seine Konstruktion nicht stark,
so dass es einstürzt, und verursacht den Tod des Bau-
herrn, dieser Baumeister soll getötet werden. ... “
Nur gut, dass die Sitten heute nicht mehr ganz so
streng sind.
Ich bin Ingenieur, Bauingenieur, genauer gesagt
das, was man früher im allgemeinen Sprachgebrauch einen „Statiker“ nannte. Schau-
en Sie in meine Familiengeschichte - die Vorfahren stammen alle aus dem Ruhrge-
biet — so war der Berufsweg väterlicherseits eigentlich vorgeprägt: Maurer, Zimmer-
leute, später Ingenieure. Aber so klar war das dann doch nicht.
Im Krieg geboren, bis zum zwölften Lebensjahr in Osnabrück und Umgebung
aufgewachsen; durch Kriegseinwirkungen und den Beruf des Vaters bedingt — er war
Eisenbahner — sechsmal ausgebombt und vielfach umgezogen; die Jugendzeit habe ich
dann in Wiesbaden verbracht. Nichts Auffälliges in der Schulzeit; ich wurde als mathe-
matisch — naturwissenschaftlich begabt eingestuft, mit all den Vor- und Nachteilen, die
das mit sich bringt.
Wie schon angedeutet, war die Berufswahl nicht einfach. Im Unterricht hör-
ten wir nichts über die Kernphysik. Ich ging aus freien Stücken in die Bibliothek,
um mehr über den Aufbau der Materie aus Elementarteilchen und die Kernspaltung
zu erfahren. Also Kernphysiker? Oder doch Mathematiker? Vielleicht aber auch
Architekt? Brachte ich hier wirklich genügend Kreativität mit, wo ich doch eigent-
lich eher analytisch angelegt war? So blieb ich dann in der Familientradition und
begann em Bauingenieurstudium an der TH Darmstadt, war aber lange unsicher, ob
es denn das Richtige sei. Die notwendigen sechs Monate Praktikum als Bauarbeiter
hatten für den Sohn einer bürgerlichen Familie eine große Bedeutung; sie haben mir
viel Lebenserfahrung mitgegeben.
An der TH Darmstadt gingen wir auch in die Vorlesungen von Eugen Kogon,
nicht weil der Studienplan es forderte, sondern um etwas aus der fachlichen Enge
des reglementierten Ingenieurstudiums auszubrechen. Das Bauingenieurstudium
nach dem Vordiplom war damals von Kurt Klöppel geprägt, einer faszinierenden,
sehr donünierenden Persönlichkeit. Darmstadt war aber durch seine überstarke Aus-
strahlung eine auf ihn stark ausgerichtete Monokultur. Ich wollte mich nicht auf eine
Richtung festlegen und wechselte nach Stuttgart, wo ich bei Fritz Leonhardt und
Friedrich Bornscheuer den Konstruktiven Ingenieurbau und gleichzeitig bei Johan-
nes Schlums die Verkehrstechnik hören konnte.
 
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