Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2003
DOI Kapitel:
Nachrufe
DOI Artikel:
Wegener, Kurt: Benedicto Chuaqui (23.5.1934 - 20.6.2003)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0177
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Benedicto Chuaqui | 189

Benedicto Chuaqui stammte aus einer sehr angesehenen Familie Chiles, einer
der „DINASTIAS NACIONALES“, die dem Land eine Reihe hervorragender
Intellektueller - Mathematiker, Latinisten, Mediziner - geschenkt hat. Sem Vater war
ein bekannter und anerkannter Schriftsteller Chiles, der seinem Sohn Benedicto eine
ganz besondere Affinität zu einigen großen Kultursprachen mitgegeben hatte.
Während der Ausheilung einer Lungentuberkulose brachte sich der achtzehnjährige
Schüler Deutsch im Selbstunterricht bei. Dieser Sprache hat ein Leben lang seine
große Liebe und Verehrung gegolten, und er sprach und schrieb sie fast fehlerfrei.
Sie hat ihn 1968 zum ersten Mal und dann immer wieder zu Studienaufenthalten an
das Pathologische Institut der Universität Heidelberg geführt, dessen damaliger
Direktor Wilhelm Doerr ein vorzüglicher Kenner der menschlichen Herzmißbil-
dungen war. Schon in Chile hatte Chuaqui begonnen, sich mit der Entwicklung und
Morphologie dieser Anomalien zu beschäftigen. Die guten Forschungsmöglichkei-
ten in Heidelberg haben dann zu einer langen Reihe von Publikationen über Herz-
heterotopien, Entwicklung und Störungen der verschiedenen Abschnitte des Reiz-
leitungssystems beim Menschen, die teratogenetischen Determinationsperioden des
menschlichen Herzens, die formale Genese der Transposition der großen Gefäße und
Einzelbeschreibungen menschlicher Herzmißbildungen geführt. Viele dieser Arbei-
ten sind in Deutsch veröffentlicht. Der krönende Abschluß seiner jahrelangen
Beschäftigung mit einem der schwierigsten aber auch faszinierendsten Kapitel der
Speziellen Pathologie des Menschen war — nach Benedicto Chuaquis eigenen Wor-
ten mir gegenüber — die Darstellung der normalen Herzentwicklung beim Men-
schen und — zusammen mit seiner Frau, Odette Farru, einer international sehr ange-
sehenen chilenischen Pädiaterin — die Darstellung der Mißbildungen des Herzens
und der großen Gefäße (beide Artikel im Handbuch der Speziellen pathologischen
Anatomie, herausgegeben von W. Doerr und G. Seifert). Chuaqui und seiner Frau
ist dabei eine Synopsis von Morphologie, bisher bekannten Fallbeschreibungen, kli-
nischer Symptomatik und therapeutischen Konsequenzen dieser Anomalien gelun-
gen, die im deutschen Sprachraum bisher - zehn Jahre nach ihrem Erscheinen —
unübertroffen ist.
Nach seiner Emeritierung hat sich Benedicto Chuaqui auch weiterhin mit
Themen der Pathologie beschäftigt. Sein hauptsächliches Interesse aber galt jetzt
einem Programm, das er selbst initiiert hatte, dem PROGRAMA DE ESTUDIOS
MEDICOS HUMANISTICOS, das Ärzten in jedem Stadium der Ausbildung
ermöglicht, Kenntnisse in Spanisch, Deutsch, Griechisch, Latein und in der
Geschichte der Medizin zu erwerben. Er wollte der Medizin mit ihrer in der Moder-
ne überwiegend naturwissenschaftlichen Ausbildung und dem ausgeprägten
Gebrauch der englischen Sprache zurückgeben, was sie schon einmal besessen, dann
aber zu einem guten Teil verloren hat und was er als unverzichtbar für einen Arzt
betrachtete: Die Verbindung zu den Geisteswissenschaften. Im gleichen Zusammen-
hang ist seine Arbeit an einer Geschichte der Medizinischen Fakultät seiner Univer-
sität zu sehen, die ihn in den letzten zwei Jahren intensiv beschäftig und über deren
Darstellung er mit mir manchen Brief gewechselt hat.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften