Manfred Kappes
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dann auch in seine Gruppe sofort aufgenommen. Von den verschiedenen Lehrern,
die ich über die Jahre hatte, habe ich am meisten von ihm gelernt — wegen seiner
einzigartigen Kombination an fachlicher Breite und Tiefe gepaart mit didaktischen
Fähigkeiten.
In Bern angekommen durfte ich mir ein Forschungsprojekt aussuchen. Ich
entschloss mich für ein Experiment zur Erzeugung und massen-spektroskopischen
Charakterisierung kleiner Natriumcluster (mit weniger als 100 Atomen) im Mole-
kularstrahl. Dabei kamen charakteristische Häufigkeitsmaxima und -minima bei
bestimmten Clustergrößen immer wieder zum Vorschein. Im Nachhinein stellte sich
heraus, dass sich alle einfachen Metalle in erster Näherung ähnlich verhalten und dass
man dieses Verhalten grob mit dem quantenmechanischen Modell von Teilchen im
sphärisch-homogenen Kastenpotential erklären kann. Wir sahen im Experiment
ansatzweise die dazugehörigen elektronischen Schalenabschlüsse als Stabilitätsinseln.
Aber die tatsächlichen Molekülstrukturen haben wir damals mangels geeigneter
Methoden noch nicht bestimmen können.
1987, mehr oder weniger sofort nach der Habilitation (und nach der genauso
wichtigen Hochzeit, die einen Tag später stattfand) erfolgte dann der Wechsel vom
schönen Bern weg in die „akademische Selbständigkeit“. Ich ging mit meiner neuen
deutschen Ehefrau zunächst wieder zurück in die USA und zwar als Assistant Pro-
fessor an die Northwestern University in Evanston nördlich von Chicago. Dort habe
ich eine kleine Arbeitsgruppe aufgebaut und mich mit den optischen Eigenschaften
von freien Metallclustern im Strahl befasst.
In diese Zeit fiel auch die erste makroskopische Präparation und Trennung von
reinen Kohlenstoffclustern, der sogenannten Fullerene, durch Wolfgang Krätschmer
hier in Heidelberg. Sie kennen zwischenzeitlich alle das stabilste Fulleren mit sei-
nen 60 ikosaedrisch aufgespannten Eckpunkten als hohles fussballförmiges Molekül
(und als neue Kohlenstoffmodifikation). Wir griffen in Evanston die Heidelberger
Präparationsmethode rasch auf und begannen mit der Untersuchung der physikali-
schen Eigenschaften dieser neuen Substanzklasse, den ersten (ligandfreien) Cluster-
materialien überhaupt. In allen möglichen Zusammenhängen haben wir über die
Jahre Fullerene größenselektiert, isoliert, derivatisiert und besonders als Modellsub-
stanzen mit größendurchstimmbaren Untereinheiten weiterverwendet.
Kaum hatte ich mir in Evanston die Beförderung zum tenured Associate Pro-
fessor erarbeitet, erhielt ich 1991 einen Ruf nach Karlsruhe. Die amerikanischen
Kollegen in Evanston und die zukünftigen deutschen Kollegen in Karlsruhe mach-
ten mir die Entscheidung wahrlich nicht leicht. Nach mehrfachen transatlantischen
Iterationen war die Situation immer noch nahezu ausgeglichen und so entschied
letztendlich die Familie für den Wechsel nach Karlsruhe.
Dort Begann 1992 eine Zeit der Entwicklung und Anwendung einer Reihe
von „Sekundärexperimenten“, um letztendlich bessere Information über die geo-
metrische Struktur der Cluster im Molekularstrahl zu erhalten. Zunächst führten wir
Laser Photodissoziations-Spektroskopie nach elektronischer Anregung durch und
versuchten zusammen mit den Quantenchemikern die Spektren mit Hilfe von
Strukturvorschlägen zu beschreiben. Der Anspruch war immer „teilchengrößenspe-
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dann auch in seine Gruppe sofort aufgenommen. Von den verschiedenen Lehrern,
die ich über die Jahre hatte, habe ich am meisten von ihm gelernt — wegen seiner
einzigartigen Kombination an fachlicher Breite und Tiefe gepaart mit didaktischen
Fähigkeiten.
In Bern angekommen durfte ich mir ein Forschungsprojekt aussuchen. Ich
entschloss mich für ein Experiment zur Erzeugung und massen-spektroskopischen
Charakterisierung kleiner Natriumcluster (mit weniger als 100 Atomen) im Mole-
kularstrahl. Dabei kamen charakteristische Häufigkeitsmaxima und -minima bei
bestimmten Clustergrößen immer wieder zum Vorschein. Im Nachhinein stellte sich
heraus, dass sich alle einfachen Metalle in erster Näherung ähnlich verhalten und dass
man dieses Verhalten grob mit dem quantenmechanischen Modell von Teilchen im
sphärisch-homogenen Kastenpotential erklären kann. Wir sahen im Experiment
ansatzweise die dazugehörigen elektronischen Schalenabschlüsse als Stabilitätsinseln.
Aber die tatsächlichen Molekülstrukturen haben wir damals mangels geeigneter
Methoden noch nicht bestimmen können.
1987, mehr oder weniger sofort nach der Habilitation (und nach der genauso
wichtigen Hochzeit, die einen Tag später stattfand) erfolgte dann der Wechsel vom
schönen Bern weg in die „akademische Selbständigkeit“. Ich ging mit meiner neuen
deutschen Ehefrau zunächst wieder zurück in die USA und zwar als Assistant Pro-
fessor an die Northwestern University in Evanston nördlich von Chicago. Dort habe
ich eine kleine Arbeitsgruppe aufgebaut und mich mit den optischen Eigenschaften
von freien Metallclustern im Strahl befasst.
In diese Zeit fiel auch die erste makroskopische Präparation und Trennung von
reinen Kohlenstoffclustern, der sogenannten Fullerene, durch Wolfgang Krätschmer
hier in Heidelberg. Sie kennen zwischenzeitlich alle das stabilste Fulleren mit sei-
nen 60 ikosaedrisch aufgespannten Eckpunkten als hohles fussballförmiges Molekül
(und als neue Kohlenstoffmodifikation). Wir griffen in Evanston die Heidelberger
Präparationsmethode rasch auf und begannen mit der Untersuchung der physikali-
schen Eigenschaften dieser neuen Substanzklasse, den ersten (ligandfreien) Cluster-
materialien überhaupt. In allen möglichen Zusammenhängen haben wir über die
Jahre Fullerene größenselektiert, isoliert, derivatisiert und besonders als Modellsub-
stanzen mit größendurchstimmbaren Untereinheiten weiterverwendet.
Kaum hatte ich mir in Evanston die Beförderung zum tenured Associate Pro-
fessor erarbeitet, erhielt ich 1991 einen Ruf nach Karlsruhe. Die amerikanischen
Kollegen in Evanston und die zukünftigen deutschen Kollegen in Karlsruhe mach-
ten mir die Entscheidung wahrlich nicht leicht. Nach mehrfachen transatlantischen
Iterationen war die Situation immer noch nahezu ausgeglichen und so entschied
letztendlich die Familie für den Wechsel nach Karlsruhe.
Dort Begann 1992 eine Zeit der Entwicklung und Anwendung einer Reihe
von „Sekundärexperimenten“, um letztendlich bessere Information über die geo-
metrische Struktur der Cluster im Molekularstrahl zu erhalten. Zunächst führten wir
Laser Photodissoziations-Spektroskopie nach elektronischer Anregung durch und
versuchten zusammen mit den Quantenchemikern die Spektren mit Hilfe von
Strukturvorschlägen zu beschreiben. Der Anspruch war immer „teilchengrößenspe-