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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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Klassische Antike und amerikanische Identitätskonstruktion: Untersuchungen zu Festreden der Revolutionszeit und der frühen Republik, 1770-1815
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https://doi.org/10.11588/diglit.66333#0260
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276 | FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

AKADEMIEPREIS
DENNIS HANNEMANN:
„Klassische Antike und amerikanische Identitätskonstruktion: Untersuchungen zu
Festreden der Revolutionszeit und der frühen Republik, 1770—1815 (Beiträge zur
englischen und amerikanischen Literatur, Bd. 27). Paderborn: Schöningh, 2008. 263
Seiten.
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit eine geistige Auseinandersetzung
mit Griechenland und Rom die Entstehung eines amerikanischen Nationalbewusst-
seins im Zuge der Unabhängigkeitsbewegung beeinflusst oder gar geprägt hat. Sie
legt zum einen dar, welche Figuren, Ereignisse und Ideen der griechischen und
römischen Antike für die Konstruktion einer amerikanischen Nationalidentität ver-
einnahmt wurden. Zum anderen erklärt sie auf der Basis eines vertieften Quellen-
studiums, welche Funktionen solchen Figuren, Ereignissen und Ideen im Kontext
der Identitätskonstruktion zugeschrieben wurden. Insofern liegen der Studie eine
rezeptionsgeschichtliche und eine rhetorische Fragestellung zugrunde.
Der Zusammenhang zwischen Antikerezeption und nationaler Identitätsfin-
dung in den Vereinigten Staaten verdeutlicht sich insbesondere in den Festtagsreden,
die in der amerikanischen Gemeinschaft frühzeitig und kontinuierlich anlässlich
nationaler Feiertage und Jubiläen vorgetragen und gedruckt wurden. Im Genre der
Festrede, das der okkasionellen Gebrauchsliteratur zuzuordnen ist, verweisen die
amerikanischen Autoren der Revolution und der frühen Republik häufig auf Figu-
ren, Ereignisse und Ideen der griechischen und römischen Welt wie auch auf eine als
Gesamtepoche verstandene Antike. Dabei stellen sie ihre Verweise auf die Antike stets
in den Dienst des übergeordneten und anlassgebenden Redegegenstandes — d.h., die
Antike kommt dort nicht als rhetorisches Ornament zur Sprache, sondern sie wird
als eine gleichsam normative kulturhistorische Deutungsreferenz aufgefasst und
instrumentalisiert, vor deren Hintergrund ein Verständnis von dem neuartigen poli-
tischen Gebilde der Vereinigten Staaten von Amerika gewonnen werden soll. Die
Festreden selbst waren integraler Bestandteil einer kollektiven Festkultur, die sich
über das gesamte US-amerikanische Siedlungsgebiet erstreckte. Gerade in der Zeit
von der Unabhängigkeitsbewegung bis zum zweiten Krieg gegen Großbritannien in
dem die Vereinigten Staaten ein nationales Selbstverständnis zuerst generieren und
dieses nach und nach konsolidieren mussten, spielte eine solche Festkultur eine
gewichtige Rolle. Die Teilnehmer an dieser von Beginn an inklusiven demokrati-
schen Festkultur füllten ein aufkeimendes Nationalbewusstsein insofern mit Leben,
als sie die Nation im Sinne einer ,vorgestellten Gemeinschaft“ (B. Anderson) als poli-
tische Praxis kommunal realisierten — in der Form von Ritualen und Symbolen wie
auch durch eine in vielen Punkten konventionalisierte Sprache. Neben einer kleinen
Zahl von heute weniger bekannten Festtagen und kommemorativen Anlässen stand
vor allem der 4. Juli, der Tag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, im Mit-
telpunkt der frühen amerikanischen Festkultur. Anlässlich dieses Datums entstand
eine allein für den Untersuchungszeitraum kaum zu beziffernde Zahl von Fourth of
 
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