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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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A. Die Preisträger
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Akademiepreis
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Klassische Antike und amerikanische Identitätskonstruktion: Untersuchungen zu Festreden der Revolutionszeit und der frühen Republik, 1770-1815
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https://doi.org/10.11588/diglit.66333#0262
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278 | FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

Militärischen — einfordert. Als Typus war die Antike für das Verständnis von Ameri-
kas nationalem Ursprung, des Kolonialen Widerstands und der föderalen Verfassung
sowie für die zivilreligiöse Verehrung von George Washington von Bedeutung. Der
für Amerikas säkulare Typologie am häufigsten verwendete Autor ist Vergil. Einen
wichtigen Bezugspunkt stellte das erste Buch von Vergils Aeneis dar. Ferner rekla-
mierten die Festredner das in Vergils vierter Ekloge prophezeite Goldene Zeitalter
für die Zukunft der amerikanischen Republik. Ab den 1790er Jahren verwiesen die
Autoren zur Historisierung des kolonialen Widerstands auf die Perserkriege und sti-
lisierten einzelne Etappen des Unabhängigkeitskrieges zu Antitypen von Fleiden-
symbolen wie Marathon und den Thermopylen. Der erste Präsident George Was-
hington wurde in den Gedenkfeierlichkeiten nach seinem Tod unzählige Male zu
einem die republikanische Tradition vollendenden Antitypus erhoben, dessen Typus
Figuren wie Aristides, Epaminondas, Cincinnatus und Fabius darstellen.
In der kontinuierlichen Überlagerung von aus der klassischen Tradition abge-
leiteten Exempla und Typen spiegelt sich ein genuin amerikanisches Geschichtsver-
ständnis im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert, das von einem eigentümlichen
Spannungsverhältnis zwischen Traditionsorientierung und Singularitätsbewusstsein
geprägt ist. Es konkretisiert sich im pragmatischen Nebeneinander einer didakti-
schen, auf das humanistische historia magistra vitae-Konzept gestützten Geschichts-
konzeption und einer aufklärerischen, dem Prinzip des säkularen Fortschritts ver-
pflichteten Geschichtsauffassung. Dabei wandten sich die amerikanischen Intellektu-
ellen gerade deshalb immer wieder der klassischen Antike zu, weil sie sich so derTeil-
haftigkeit des unabhängig erklärten amerikanischen Gemeinwesens an einem uni-
versalhistorisch verstandenen Zivilisationsprozess vergewissern konnten.


DENNIS HANNEMANN
(geb. 1975) studierte Englische und Lateinische
Philologie an den Universitäten Tübingen und
Reading (GB). Im Rahmen seines Promotions-
studiums an der Universität Tübingen führte ihn
ein DAAD-Stipendium als Visiting Assistant in
Research an die Yale University (USA). 2007
schloss er seine Dissertation, für die er hier aus-
gezeichnet wurde, zu dem Thema „Klassische
Antike und amerikanische Identitätskonstruk-
tion: Untersuchungen zu Festreden der Revolu-
tionszeit und der frühen Republik, 1770-
1815“ mit dem Prädikat magna cum laude ab.
Seit 2006 ist er im Schuldienst tätig. Er unter-
richtet derzeit als Studienrat am fohannes-Kep-
ler-Gymnasium Reutlingen.
 
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