6. April 2009
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außerordentlichen Mitglieder Rechnung getragen. Diese mussten ihren Wohnsitz in
Baden haben.
Zu 2): Die Angleichung an die anderen deutschen Akademien bestand in der
Einteilung der Heidelberger Akademie in zwei Klassen: Mathematisch-naturwissen-
schaftliche Klasse und Philosophisch-historische Klasse. Sie wurden von Sekretären
geleitet, die auf sechs Jahre gewählt waren — die heute verwendete archaisierende
Bezeichnung „Sekretär“ nach Berliner Vorbild wurde erst in der Satzung von 1946
verankert. Die Sekretäre wechselten sich jährlich in der Leitung der Gesamtakade-
mie ab.
Das Statut sah für jede Klasse zehn ordentliche Mitglieder vor. Zuwahlen
erforderten eine Zweidrittelmehrheit der Klasse und die absolute Mehrheit des Ple-
nums. In jeder Klasse durfte es bis zu 25 außerordentliche Mitglieder geben — sie
besaßen aber nur das Recht, schriftliche Anträge zu stellen und Arbeiten einzusen-
den, die ohne weitere Prüfung in die Sitzungsberichte aufgenommen wurden. Auch
wurden sie zu den Festsitzungen eingeladen. Neben den ordentlichen und den
außerordentlichen Mitgliedern gab es noch die auswärtige Mitgliedschaft für nicht-
badische Gelehrte (heute: korrespondierende Mitglieder) — bis zu 50 in jeder Klasse.
Diese hatten immerhin das Recht, an den Gesamtsitzungen teilzunehmen. Schließ-
lich war die Ehrenmitgliedschaft vorgesehen.
Das Protektorat über die Heidelberger Akademie übernahm der Großherzog.
Ihm war jede Zuwahl sowie die Wahl der Sekretäre zur Bestätigung anzuzeigen. Dar-
über hinaus war das Land Baden nicht engagiert, schon gar nicht finanziell.
Das heikelste Problem war natürlich die Personalfrage. Koenigsberger und
Windelband stellten die Liste der ordentlichen Mitglieder zusammen — die Ernen-
nung überließen sie auf Rat Gotheins dem Großherzog, um sich hinter dieser Auto-
rität den Vorwürfen nicht berücksichtigter Kollegen entziehen zu können. Gothein
lobte die Auswahl: „Übrigens kann ich nur sagen, dass Windelband und Koenigsber-
ger alles vorzüglich vorbereitet hatten.“ Je neun Mitglieder wurden ernannt, den
zehnten wählte die Klasse — die nächsten Zuwahlen fanden dann erst 1915 statt.
1909 wurden, wie die überregionale Presse spöttisch feststellte, die dienstältesten
Ordinarien zu Mitgliedern bestimmt. Max Weber interpretierte die Ernennungs-
kriterien als eine Verbindung von Fachvertreterprinzip, Anciennitätsprinzip und
N obilitätsprinzip.
In der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse reichten die zehn Plätze,
um alle Institutsdirektoren aufzunehmen, dazu noch drei Vertreter theoretischer
medizinischer Disziplinen. In der Philosophisch-historischen Klasse reichten die
Plätze nicht für alle Institutsdirektoren der geisteswissenschaftlichen Fächer, was zu
entsprechender Mißstimmung führte und Kritik hervorrief. Die Verantwortung für
die Wahl der außerordentlichen Mitglieder aus Baden musste die Akademie selbst
übernehmen, da sich der Großherzog weigerte, auch hier tätig zu werden. Entgegen
der Ursprungsintention diente die außerordentliche Mitgliedschaft auch als Warte-
bank für nicht zum Zuge gekommene Heidelberger Professoren. Die Mathematisch-
naturwissenschaftliche Klasse wählte 1909 16 außerordentliche Mitglieder, davon
nicht weniger als zehn Heidelberger, aber nur vier Freiburger und zwei Professoren
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außerordentlichen Mitglieder Rechnung getragen. Diese mussten ihren Wohnsitz in
Baden haben.
Zu 2): Die Angleichung an die anderen deutschen Akademien bestand in der
Einteilung der Heidelberger Akademie in zwei Klassen: Mathematisch-naturwissen-
schaftliche Klasse und Philosophisch-historische Klasse. Sie wurden von Sekretären
geleitet, die auf sechs Jahre gewählt waren — die heute verwendete archaisierende
Bezeichnung „Sekretär“ nach Berliner Vorbild wurde erst in der Satzung von 1946
verankert. Die Sekretäre wechselten sich jährlich in der Leitung der Gesamtakade-
mie ab.
Das Statut sah für jede Klasse zehn ordentliche Mitglieder vor. Zuwahlen
erforderten eine Zweidrittelmehrheit der Klasse und die absolute Mehrheit des Ple-
nums. In jeder Klasse durfte es bis zu 25 außerordentliche Mitglieder geben — sie
besaßen aber nur das Recht, schriftliche Anträge zu stellen und Arbeiten einzusen-
den, die ohne weitere Prüfung in die Sitzungsberichte aufgenommen wurden. Auch
wurden sie zu den Festsitzungen eingeladen. Neben den ordentlichen und den
außerordentlichen Mitgliedern gab es noch die auswärtige Mitgliedschaft für nicht-
badische Gelehrte (heute: korrespondierende Mitglieder) — bis zu 50 in jeder Klasse.
Diese hatten immerhin das Recht, an den Gesamtsitzungen teilzunehmen. Schließ-
lich war die Ehrenmitgliedschaft vorgesehen.
Das Protektorat über die Heidelberger Akademie übernahm der Großherzog.
Ihm war jede Zuwahl sowie die Wahl der Sekretäre zur Bestätigung anzuzeigen. Dar-
über hinaus war das Land Baden nicht engagiert, schon gar nicht finanziell.
Das heikelste Problem war natürlich die Personalfrage. Koenigsberger und
Windelband stellten die Liste der ordentlichen Mitglieder zusammen — die Ernen-
nung überließen sie auf Rat Gotheins dem Großherzog, um sich hinter dieser Auto-
rität den Vorwürfen nicht berücksichtigter Kollegen entziehen zu können. Gothein
lobte die Auswahl: „Übrigens kann ich nur sagen, dass Windelband und Koenigsber-
ger alles vorzüglich vorbereitet hatten.“ Je neun Mitglieder wurden ernannt, den
zehnten wählte die Klasse — die nächsten Zuwahlen fanden dann erst 1915 statt.
1909 wurden, wie die überregionale Presse spöttisch feststellte, die dienstältesten
Ordinarien zu Mitgliedern bestimmt. Max Weber interpretierte die Ernennungs-
kriterien als eine Verbindung von Fachvertreterprinzip, Anciennitätsprinzip und
N obilitätsprinzip.
In der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse reichten die zehn Plätze,
um alle Institutsdirektoren aufzunehmen, dazu noch drei Vertreter theoretischer
medizinischer Disziplinen. In der Philosophisch-historischen Klasse reichten die
Plätze nicht für alle Institutsdirektoren der geisteswissenschaftlichen Fächer, was zu
entsprechender Mißstimmung führte und Kritik hervorrief. Die Verantwortung für
die Wahl der außerordentlichen Mitglieder aus Baden musste die Akademie selbst
übernehmen, da sich der Großherzog weigerte, auch hier tätig zu werden. Entgegen
der Ursprungsintention diente die außerordentliche Mitgliedschaft auch als Warte-
bank für nicht zum Zuge gekommene Heidelberger Professoren. Die Mathematisch-
naturwissenschaftliche Klasse wählte 1909 16 außerordentliche Mitglieder, davon
nicht weniger als zehn Heidelberger, aber nur vier Freiburger und zwei Professoren