14. Mai 2009 | 373
Am besten sind wir archivalisch über das dritte, deutlich breitere, traufständige
Anwesen unterrichtet. Es wird 1490 erstmals erwähnt als im Besitz des kurpfälzi-
schen Protonotars Alexander Bellendorfer (Abb. 2/2), der 1485 den Grundstein der
Peterskirche legte und der 1512 dort auch begraben wurde. Sein Grabmal ist erhal-
ten4 5. Das Gebäude blieb im Besitz der Familie, bis es 1580 — nunmehr als freie, ade-
lige Behausung bezeichnet — in den Besitz des kurfürstlichen Geheimen Rats und
Marschalls Johann Philipp von Heimstatt (Abb. 2/3) wechselte.
Dieser verkaufte das Gebäude 1584 an den Kurfürsten (Abb. 2/4), der es fortan
als Wohnung an den jeweils amtierenden kurfürstlichen Marschall vergab. So wohn-
te hier 1600 Klaus Heinrich von Eberbach (Abb. 2/5), zugleich kurfürstlicher Kanz-
ler, und nach ihm unter Kurfürst Friedrich V. der kurpfälzische Großhofmeister Graf
Johann Albrecht von Solms-Braunfels (Abb. 2/6). Sein im Alter von nur einem hal-
ben Jahr verstorbener Sohn Friedrich, dessen Epitaph als eines der wenigen in der
Heiliggeistkirche erhalten ist3, wurde sicherlich 1604 hier in diesem Gebäude gebo-
ren. 1652 wurde das Anwesen dann als Lciblehen an einen Offizier der berittenen
Leibgarde vergeben, dessen Familie das Grundstück bis 1714 besaß.
Schließlich grenzte östlich ein wiederum schmaleres, aber ebenfalls traufstän-
diges Haus an, das über viele Generationen im Besitz einer Schreinerfamilie war. An
der Stelle, an der jetzt hier das Rednerpult steht, war demnach damals wahrschein-
lich die Schreinerwerkstatt. Die Bohr-, Hämmer- und Sägegeräusche, die uns hier
während des letzten Jahres begleiteten, haben also durchaus eine lange Tradition.
Daß fast die gesamte Heidelberger Altstadt und somit eben auch die vier vor-
gestellten Gebäude 1693 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Truppen Ludwigs
XIV. zerstört wurden, ist allgemein bekannt und muß hier nicht näher ausgeführt
werden. Eine treffende und treffliche Bilanz der Zerstörungen zog der pfälzische
Mundartdichter Klaus Kolb6:
Der Sunnekänig, die Kanallje,
der prägt am End noch ä Medallje,
damit’s feschtg’halte is fer späta,
steht druff: HEIDELBERGA DELETA
un uf de anner Seit zum Schluß
heeßt’s do: REX CHRISTIANISSIMUS.
So sieht dann jeder ganz gewiß,
was fer en frommer Held er is.
4 Vgl. Die Inschriften der Stadt und des Landkreises Heidelberg, gesammelt u. bearb. von Renate
Neumüllers-Klauser (Die Deutschen Inschriften 12), Stuttgart 1970, Nr. 206.
5 Vgl. ebd. Nr. 547.
6 Klaus Kolb,Vun Palzgrafe un Kurferschte. Aufstieg und Fall der Kurpfalz in heiteren Mundart-
versen, Schwetzingen 1999, S. 24. Zur Medaille, die König Ludwig XIV anläßlich der Zerstörung
Heidelbergs prägen ließ und für deren Bild- und Inschriftenprogramm die Academie Royale des
Inscriptions et Belles-Lettres verantwortlich zeichnete, vgl. Frieder Hepp, Medaille auf die Zer-
störung Heidelbergs (Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg, Kunstwerk des Monats Nr.
262), Heidelberg 2007.
Am besten sind wir archivalisch über das dritte, deutlich breitere, traufständige
Anwesen unterrichtet. Es wird 1490 erstmals erwähnt als im Besitz des kurpfälzi-
schen Protonotars Alexander Bellendorfer (Abb. 2/2), der 1485 den Grundstein der
Peterskirche legte und der 1512 dort auch begraben wurde. Sein Grabmal ist erhal-
ten4 5. Das Gebäude blieb im Besitz der Familie, bis es 1580 — nunmehr als freie, ade-
lige Behausung bezeichnet — in den Besitz des kurfürstlichen Geheimen Rats und
Marschalls Johann Philipp von Heimstatt (Abb. 2/3) wechselte.
Dieser verkaufte das Gebäude 1584 an den Kurfürsten (Abb. 2/4), der es fortan
als Wohnung an den jeweils amtierenden kurfürstlichen Marschall vergab. So wohn-
te hier 1600 Klaus Heinrich von Eberbach (Abb. 2/5), zugleich kurfürstlicher Kanz-
ler, und nach ihm unter Kurfürst Friedrich V. der kurpfälzische Großhofmeister Graf
Johann Albrecht von Solms-Braunfels (Abb. 2/6). Sein im Alter von nur einem hal-
ben Jahr verstorbener Sohn Friedrich, dessen Epitaph als eines der wenigen in der
Heiliggeistkirche erhalten ist3, wurde sicherlich 1604 hier in diesem Gebäude gebo-
ren. 1652 wurde das Anwesen dann als Lciblehen an einen Offizier der berittenen
Leibgarde vergeben, dessen Familie das Grundstück bis 1714 besaß.
Schließlich grenzte östlich ein wiederum schmaleres, aber ebenfalls traufstän-
diges Haus an, das über viele Generationen im Besitz einer Schreinerfamilie war. An
der Stelle, an der jetzt hier das Rednerpult steht, war demnach damals wahrschein-
lich die Schreinerwerkstatt. Die Bohr-, Hämmer- und Sägegeräusche, die uns hier
während des letzten Jahres begleiteten, haben also durchaus eine lange Tradition.
Daß fast die gesamte Heidelberger Altstadt und somit eben auch die vier vor-
gestellten Gebäude 1693 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Truppen Ludwigs
XIV. zerstört wurden, ist allgemein bekannt und muß hier nicht näher ausgeführt
werden. Eine treffende und treffliche Bilanz der Zerstörungen zog der pfälzische
Mundartdichter Klaus Kolb6:
Der Sunnekänig, die Kanallje,
der prägt am End noch ä Medallje,
damit’s feschtg’halte is fer späta,
steht druff: HEIDELBERGA DELETA
un uf de anner Seit zum Schluß
heeßt’s do: REX CHRISTIANISSIMUS.
So sieht dann jeder ganz gewiß,
was fer en frommer Held er is.
4 Vgl. Die Inschriften der Stadt und des Landkreises Heidelberg, gesammelt u. bearb. von Renate
Neumüllers-Klauser (Die Deutschen Inschriften 12), Stuttgart 1970, Nr. 206.
5 Vgl. ebd. Nr. 547.
6 Klaus Kolb,Vun Palzgrafe un Kurferschte. Aufstieg und Fall der Kurpfalz in heiteren Mundart-
versen, Schwetzingen 1999, S. 24. Zur Medaille, die König Ludwig XIV anläßlich der Zerstörung
Heidelbergs prägen ließ und für deren Bild- und Inschriftenprogramm die Academie Royale des
Inscriptions et Belles-Lettres verantwortlich zeichnete, vgl. Frieder Hepp, Medaille auf die Zer-
störung Heidelbergs (Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg, Kunstwerk des Monats Nr.
262), Heidelberg 2007.