Metadaten

Heeßel, Nils P.; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 1): Divinatorische Texte: I. Terrestrische, teratologische, physiognomische und oneiromantische Omina — Wiesbaden: Harrassowitz, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32126#0019
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
stammt aus Uruk und wurde im Jahr 228 v. Chr. geschrieben. 34
Neben den kanonischen Texten wurden auch eine Reihe von
nicht in die Serie aufgenommenen Texten tradiert, die als ahü
„abseitig“ bezeichnet wurden, sowie Exzerpttexte, die einzelne
Omina von einer oder mehreren Tafeln versammelten. Die
Exzerpttafeln wurden in Ninive und in Uruk zu eigenen Serien
zusammengestellt; diese Serien enthielten in Ninive zumindest
1935 unci jn Uruk mindestens 73 Tafeln 36. Weiterhin wurden vor
allem in Ninive und Uruk auch zahlreiche Kommentare zu den
Tafeln der summa älu-Serie verfaßt. 37 Schließlich wurde die
Serie durch Kataloge erschlossen, in denen die Protasen der erste
Zeile (Incipit) der Tafeln aufgelistet wurden. Solche Kataloge
wurden in Assur, Ninive und in einer babylonischen Stadt
(Sippar?) gefunden. 38

Die terrestrischen Omina aus Assur

Unter den terrestrischen Omina aus Assur finden sich Texte
zu fast allen der teilweise recht heterogenen Bereiche der Natur
und des Lebens, die in der Serie summa älu behandelt werden.
Die Haus-Omina (Nr. 1-8) sind mit Exemplaren der 12. und 21.
Tafel von summa älu sowie mit nicht-kanonischen Texten ver-
treten, die Beobachtungen von Gefühlsregungen von Gästen, an
Kultsockeln am Haus, dem Bau eines Grabes oder dem
Erscheinen von Totengeistern und anderen übernatürlichen
Wesen im Haus enthalten (Nr. 1-2, 4-6). Diese Omina haben
Parallelen in der 5., 10., 19. und 21. Tafel von summa älu. Unter
den Tier-Omina sind die Schlangen- und Eidechsen-Omina (Nr.
9-15 sowie 16-18) besonders zahlreich vortreten, daneben
erscheinen aber auch Mungo-, Ameisen- und Katzen-Omina (Nr.
19-22). Dabei finden sich Exemplare der 22.-24., 37. und 45.
sowie wahrscheinlich das erste Exemplar der 34. Tafel von

34 Dies ist ein in BRMIV/21 publizierter Textvertreter der 38. Tafel, siehe dazu
S.M. Freedman, City I, 14.

33 Die von S.M. Freedman, City I, 7f. zusammengestellte Liste der Tafeln der
ninivitischen nishu-Serie läßt sich präzisieren und ergänzen: Die zweite
Auszugstafel (K 6715+) enthält Omina der 6. und 10. Tafel (gegen S.M.
Freedman, City 1,7 und 109); die dritte Auszugstafel (K 2192 (+), siehe S.M.
Freedman, City I, 147 und 154) bietet Omina der 9. und 11. Tafel; die neun-
te Auszugstafel (K 3974+: CT 40/26-27) stellt Skorpion-Omina der 29.
und/oder 30. Tafel zusammen; die 14. Auszugstafel liegt in zwei Varianten
vor: K 4038 (CT 40/41) kombiniert Wildtier- und Katzen-Omina der 44.-45.
Tafel, DT 298 (CT 40/36-37) enthält hingegen Pferde-Omina aus der 43.
Tafel; die von S.M. Freedman, City I, 7 Anm. 18 genannte Tafel Sm 67 ist
kein Exzerpttext und bietet Fuchs-Omina; die 18. Auszugstafel (K 2319+:
CT 39/4-5) versammelt Feld-Omina der 54.-55. Tafel. Die Stichzeile der 18.
Auszugstafel verweist auf das Anlegen eines Gartens in der Stadt (Incipit der
57. kanonischen Tafel) in der folgenden Auszugstafel; diese 19.
Auszugstafel ist mit hoher Wahrscheinlichkeit in K 2851+ (CT 41/18-19) zu
sehen, die Garten- und Dattelpalmen-Omina der 57.-58. Tafel zusammen-
stellt. Leider ist im Kolophon die Zahl weggebrochen und nur noch [ ... \-'ü'
nis-hu zu lesen.

3(3 Zu den nishu-Texten aus Uruk siehe E. Frahm, NABU 1998/11 mit Anm. 8.

37 Siehe die Zusammenstellung bei S.M. Freedman, City 1,10 und ergänze dort
noch W 22810+ (SpTU IV/144) zur 18.-21. Tafel (siehe dazu E. Frahm,
NABU 1998/11), W 22554/7b (SpTU V/260) zur 21. Tafel, W 22585/0
(SpTU V/259) zur 22.-23. Tafel; BM 41586 (unp.) zur 31. Tafel, W. 22927
(SpTU IV/145) zur 45. und 46. Tafel (siehe dazu E. Frahm,NABU 1998/11).

38 Der Assur- und der Ninive-Katalog wurden von S.M. Freedman, City I, 321-
325 bearbeitet, den babylonischen Katalog hat N.P. Heeßel, AfO 48/49
(2001-2002) 235 publiziert.

summa älu. Weiterhin liegt mit Nr. 24 der erste Text mit Feuer-
Omina vor, deren Existenz bisher nur aus der Erwähnung im
Assur-Katalog der Serie (50.-51. Tafel) bekannt war. 39 Neben
Fisch- und Vogel-Omina (Nr. 25-28) sowie zwei Tafeln, die ver-
schiedene Tier-Omina kombinieren (Nr. 29-30), sind auch meh-
rere Tafeln mit Omina von Beobachtungen einer schlafenden
Person (Nr. 31-34) belegt. Die Verhaltens-Omina sind außerdem
durch ein Exemplar (Nr. 35) der 103. Tafel von summa älu ver-
treten, in der sexuelle Handlungen mit einem weiblichen Partner
behandelt werden. Auch von der 120. Tafel von summa älu, die
Beobachtungen an der Kultstatue des Marduk während der
Neujahrsprozession enthält, ist ein Fragment aus Assur überlie-
fert (Nr. 36).

Neben einigen Fragmenten mit terrestrischen Omina, die sich
nicht sicher zuordnen lassen (Nr. 41-46), liegt mit Nr. 37 ein sehr
interessanter Text vor, der laut Kolophon die 210. Tafel von
summa älu darstellt. Erhalten ist auf der Tafel allerdings nur ein
„Löseritual“ (Namburbi), wie es häufiger nach Tafeln der Serie
summa älu erscheint. 40 Angesichts der Tatsache, daß die Tafel
mit der höchsten bisher bekannten Nummer innerhalb der Serie
summa älu die 120. Tafel ist, und keine Tafeln zwischen der 120.
und 210. Tafel bekannt sind, dürfte es sich hierbei allerdings
kaum um eine kanonische Serientafel handeln. 41 Drei Tafeln (Nr.
38-40) entziehen sich insofern einer eindeutigen Zuordnung, als
ihre Vorder- und Rückseiten unterschiedliche Texte bieten. Auf
der Vorderseite bieten diese Tafeln Tier-Omina, auf der
Rückseite dagegen Verhaltens-Omina, wobei die Tier-Omina auf
der Vorderseite von Nr. 39 von den sonst üblichen Tier-Omina
abweichen, indem sie immer gleiche, negative Apodosen aufwei-
sen, die durch weitere Beobachtungen oder Handlungen ins
Positive verkehrt werden. 42

Die terrestrischen Omina aus Assur stammen je etwa zur
Hälfte aus der mittel- und neuassyrischen Zeit. Die Datierung der
durchweg undatierten Tafeln kann lediglich über Kriterien wie
Paläographie 43, Tafelform und Syllabar erfolgen und ist entspre-
chend ungenau. Die mittelassyrisch datierten Tafeln dürften
dabei im 13.-11. Jh. v. Chr geschrieben worden sein, die neuas-
syrischen im späten 8. oder im 7. Jh. v. Chr. Eine Reihe von
Tafeln weist einen Duktus auf, der nicht mehr dem der mittelas-
syrischen, aber auch noch nicht dem der neuassyrischen Tafeln

3^ Nr. 24 ist als KAR 469 zwar schon lange publiziert, seine Zugehörigkeit zu
den Feuer-Omina ist aber bisher nicht erkannt worden.

40 S.M. Maul, Zukunftsbewältigung, 163-165 und ders., in: RIA 10, 60f.

41 Eventuell unterlief dem Schreiber von Nr. 37 bei der Tafelnummer ein
Fehler.

4- Die Omina erinnern damit an den von E. Reiner, JNES 19 (1960) 35 bear-
beiteten Text STT 73, besonders an die Zeilen 123-125.

43 Eine Paläographie der assyrischen literarischen Texte stellt ein dringendes
Desiderat dar. Erschwert wird die Erstellung einer solchen Paläographie
durch das weitgehende Fehlen von datierten Texten. Zu den
Schwierigkeiten, anhand der mittelassyrischen Paläographie Datierungen
vorzunehmen, siehe H. Freydank, in: Sulmu, 73-84; für einige distinktive
mittel- und neuassyrische Zeichenformen in literarischen Texten siehe E.
Weidner, AfO 16 (1952-53) 201. Anhand von Inschriften von Provinzfürsten
aus Dür-Assur-kette-lisir (Tell Bderi) und Täbetu (Tell Täbän) sowie Briefen
aus Dür-Katlimmu (Tell Seh Hamad) - alles am Habur gelegene Orte -
haben S.M. Maul, Tall Bderi, 56-62, ders., Tall Täbän, 83-91 und E.C.
Cancik-Kirschbaum, BATSH 4, 73-87 paläographische Tabellen für die
mittelassyrischen Texte dieser Orte erstellt.

4
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften