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Maul, Stefan M.; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 10, Teilband 1): Einleitung, Katalog und Textbearbeitungen — Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.57036#0110
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Textbearbeitungen: Nr. 1-2

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Z. 8-9. 252. Z. 55. 274. 46’f.. 334. Z. 40f.). Auf diese Weise sollte verhindert werden, daß sich der Patient an den
von ihm selbst hinterlassenen Verunreinigungen erneut infizierte. Es war ihm angeraten, den kürzesten Weg zu
seinem Haus zu nehmen, um die Wahrscheinlich gering als möglich zu halten, mit unreinen Dingen, wie sie etwa
in Text Nr. 16-26. 59-64 genannt sind, in Kontakt zu kommen. An der im folgenden geschilderten Entsorgung
des bzw. der Bann-Figürchen hatte er aus diesem Grund keinen Anteil.
24” Die Entsorgung des bzw. der Bann-Figürchen oblag dem Heiler, der anders als seine Patienten über die
Möglichkeiten verfügte, sich vor den Gefahren zu feien, die immer noch von dem "Abbild des Banns” ausgehen
mochten. Er hatte das Figürchen, um die Gefahr einer ‘Infektion’ für Dritte so gering wie möglich zu halten,
fern vom Lebensraum der Menschen in die Steppe zu bringen, um es dort zu bestatten (vgl. die Parallelstellen
Text Nr. 3. 77-78 und Text Nr. 4-10. 13”—14”; siehe ferner Text Nr. 3. 35). Dabei nahm er auch den dem Bann-
Figürchen bestimmten Reiseproviant (siehe dazu oben Z. 6’-7’ und den zugehörigen Kommentar) mit. Dieser
dürfte, auch wenn es unerwähnt blieb, dem ‘‘Abbild des Banns” mit ins Grab gegeben worden sein (vgl. die
entsprechende Anweisung in J. Scurlock. Magico-medical means. 515. Text Nr. 220. Z. 88). Es bleibt unklar, ob
das Figürchen - so wie im Kommentar zu Z. 9” des ‘Leitfadens’ vermutet - in einem Tongefäß oder bedeckt von
einer Tonscherbe bestattet wurde. Aus den Texten Nr. 3. 77 und Nr. 4-10. 13 ” erfahren wir. daß im Rahmen der
Bestattung auch die als Lösegeld bestimmten kostbaren Steine (siehe dazu oben Z. 5’ sowie den Kommentar zu
Z. 8’) dem ‘‘Abbild des Banns” auf die Reise in die Unterwelt mitgegeben und dementsprechend in unmittelbarer
Nähe der Grabstelle des Figürchens vergraben wurden.
Die geringfügigen SpurenamEnde der Zeile 24 ” passennicht so recht zu der nahcl legenden Ergänzung/| 1.
die eine Rechtfertigung fände in der sehr engen Parallele BAM 323. 60f. (siehe auch J. Scurlock. Magico-
medical means. 508): ... i}na EDIN PÜ BAD-wu </e-Ze(statt: te-qe)-bir-sü / IGI-.svi a-na dUTU.SÜ.A GAR-'un'1
(kollationiert).
Während in den Therapien, die auf die Abwehr der Lamastu zielen, in der Regel eine “Ecke in der Stadtmauer”
als Begräbnisort empfohlen wurde (siehe W. Färber. Lamastu. 81. Z. 98. 140. Z. 118. 194. Z. 134). ist das in der
Steppe gegrabene Loch eine Stelle, die häufig als Grablege für die Figürchen von Hexen und Zauberern (siehe z. B.
T. Abusch. D. Schwemer. CMAwR 1. 303. Z. 61) und von zufrieden gestellten Totengeistem (siehe J. Scurlock.
Magico-medical means. 202. Text Nr. 12. ii 14’f. 508. Text Nr. 218. Z. 61. 532. Text Nr. 226. Z. 38) diente,
welche nicht dem engen Kreis der eigenen Familie angehörten. In den entsprechenden Therapiebeschreibungen
findet sich bisweilen auch die Anweisung, daß ein solches Loch in Richtung Sonnenuntergang gelegen sein sollte
(siehe z. B. T. Abusch. D. Schwemer. CMAwR 1. 186. Z. 36’. 186. Z. 44’. 267. Z. 121f.. 285. Z. 45. 289. Z. 22.
331. Z. 102’; J. Scurlock. Magico-medical means. 185. Text Nr. 4. i 37’). Die hier beschriebene Bestattung fand,
auch wenn entsprechende Angaben in unserem ‘Leitfaden’ fehlen, wohl am frühen Abend vor Sonnenuntergang
statt, so wie es auch in den Handlungsanweisungen zur Abwehr von Totengeistem (siehe J. Scurlock. Magico-
medical means. 508. Text Nr. 218. Z. 61) und zur Vertreibung der Lamastu (siehe W. Färber. Lamastu. 150. Z. 54)
vorgesehen war.
25”-26” Die Anweisung, noch im Grab das Gesicht des Figürchens nach Westen in Richtung des Sonnenuntergangs zu
wenden, war von dem Gedanken bestimmt, dem bestatteten personifizierten Bann die Richtung seiner Reise
in die Unterwelt, das "Land ohne Wiederkehr”, vorzugeben. Vgl. neben der bereits oben im Kommentar zu
Z. 24” genannten Parallelstelle auch folgende Passage (Rs. 3-7) aus dem noch unveröffentlichten, aus dem
sog. Haus des Beschwörungspriesters stammenden Text A 430 (siehe O. Pedersen. ALA 2. 60 zu N 4: 42):
NU BI / EN su-de-sü a-na EDIN E-nza / ina GISSU gcsKISI1fi PÜ BAD-zzzu /pa-rni'-rsu1 a-na dUTU.SÜ.A
GAR-m? / te-qeb-bir-sü.
Die nun folgenden Riten lassen erkennen, daß das bestattete Bild - der Logik des vorangegangenen
Ritualgeschehens entsprechend (siehe hierzu den Kommentar zu Z. 6 ’-7 ’) - nicht allein die nunmehr geschiedene
Braut mänütu verkörperte, sondern gleichzeitig auch die Erscheinungsform eines Totengeistes und der Dämonin
Lamastu. Dem "Abbild des Banns” galt es nämlich ein abschließendes Blutopfer darzubringen, mit dem man
sonst nur Totengeister (s. unbedachte, währen die Opfermaterie selbst anderweitig der Lamastu vorbehalten blieb.
Als Ersatz für das menschliche Blut, nach dem sie dürstete, gab man ihr in den entsprechenden Abwehrritualen
das aus dem Leib eines Ferkels gerissene Herz. Es wurde dem Abbild der Lamastu in das Maul gesteckt (siehe
W. Färber. Lamastu. 146. Z. 27. 162. Z. 224f.. 192. Z. 114). In dem hier beschriebenen Heilverfahren galt es
ebenfalls, ein Ferkel zu schlachten und dessen Herz herauszureißen. Es war als Grabbeigabe für den bestatteten
personifizierten Bann bestimmt, um dessen Durst nach Leben endgültig zu stillen.
Das Ferkel galt dabei als Ersatz für den von dem Übel befreiten Patienten (vgl. dazu auch Text Nr. 14-15. 11
mit dem zugehörigen Kommentar). Der Gedanke, ein Ferkel zum Substitut für einen Menschen zu bestimmen
und es an des Menschen Statt sterben zu lassen, findet sich auch in weiteren Texten zur Dämonenabwehr. Das
prominenteste Beispiel gehört zu der hier immer wieder zitierten Textfolge, die W. Schramm unter dem Titel
"Ein Compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen” veröffentlichte (ebd.. 34-39. 103-112. 199-203.
Beschwörung 3). In der als ka-inim-ma sah-tur-ra-kam bezeichneten Beschwörung sind die mit der
Rezitation des Textes verbundenen Handlungen ausführlich beschrieben. Demzufolge sollte zunächst der Kopf
des Patienten mit dem noch lebenden Ferkel umschwenkt werden (zu diesem Auppurot-ähnlichen Ritus vgl.
den Kommentar zu Z. 10”f.; ein griechisches Väsenbild. das Orest zeigt, den Apollo entsühnt, indem der Gott
 
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