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Heeßel, Nils P.; Maul, Stefan M. [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 5): Divinatorische Texte: II. Opferschau-Omina — Wiesbaden: Harrassowitz, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.32174#0065
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Divinatorische Texte II: Opferschau-Omina

bleibt, wie die entsprechenden Omina hier bezeichnet wurden, siehe zum Inhalt dieses Abschnitts auch U. S. Koch,Secrets 34-37. Da
sich die Omina in den Unterschriften bereits explizit auf die entsprechenden Kapitel der bärütu-Serie beziehen, spricht nichts dafür,
daß diese kanonische Serie nach dem Vorbild von VAT 9934 (Nr. 1) entworfen wurde, wie I. Starr, SAAB 6 (1992) 46 dies erwogen
hat. Vielmehr deutet alles darauf hin, daß VAT 9934 einen Auszug aus der bärütu-Serie darstellt. Hierfür spricht auch, daß VAT 9934
oft als erstes Omen eines Abschnitts das erste Omen des entsprechenden Kapitels der bärütu-Serie zitiert. So ist in i 0 das erste Omen
des Kapitels summa isru, in i 38 das erste Omen des Kapitels summa manzäzu, in i 60 das erste Omen des Kapitels summa padänu
und in iii 11 das erste Omen des Kapitels summa martu zu finden. Auch die Incipits von anderen Tafeln der kanonischen Serie sind
in VAT 9934 (Nr. 1) häufig anzutreffen, siehe zu i 26, i 39, ii 17-19, ii 22, ii 69, ii 82 und iii 24. Die einzelnen Omina folgen grob der
Anordnung der bärütu-Serie, im einzelnen können die Omina jedoch auch in einer anderen Reihenfolge erscheinen. Der Umfang der
jeweiligen Kapitel von VAT 9934 unterschiedet sich teilweise erheblich vom Umfang der Kapitel der bärütu-Serie. So sind nur zehn
Omina des acht Tafeln umfassenden Kapitels summa tTränü in VAT 9934 aufgenommen, während von den folgenden beiden Kapitel
summa manzäzu bzw. summa padänu, die in der bärütu-Serie jeweils sechs Tafeln umfassen, 18 bzw. 21 Omina aufgeführt werden.
Ulla S. Koch, Secrets, S. 34 hat vermutet, daß VAT 9934 wie alle anderen Opferschau-Kompendien aus Assur eine ältere
Entwicklungsstufe der Opferschau-Texte repräsentiert. Dies ist jedoch mehr als unwahrscheinlich, da die Abweichungen bei den
kaskasu-Omma., sowie das eventuelle Fehlen des Kapitels zu den Keulenmarkierungen (summa kakku), siehe hierzu zu iii 70, nicht
ausreichend sind, um diesen Text, dessen Paläographie sich eindeutig mit anderen neuassyrischen Texten des 7. Jhs. v. Chr. aus Assur
vergleichen läßt, als einen älteren, vor der Serie bärütu entstandenen Text zu bezeichnen. Auch das mit VAT 9934 in mancher
Hinsicht vergleichbare Opferschau-Kompendium STT 308 aus Sultantepe, das ebenfalls Omina aus vielen Kapiteln der bärütu-Serie
enthält, ist aufgrund der Fundumstände in das 7. Jh. v. Chr. zu datieren. Da der Kolophon von VAT 9934 weggebrochen ist, läßt sich
nicht mehr feststellen, nach welcher Vorlage oder zu welchem Zeitpunkt der Text geschrieben wurde, und auch die Gründe für die
Abtrennung der kaskasu-Omina von dem Kapitel summa isru in diesem Text werden sich kaum mehr klären lassen.

10 Gegen die Kopie Erich Ebelings in KAR 423 ist am Anfang noch eine (vollständig weggebrochene) Zeile anzunehmen.

Dies wird sowohl durch einen Vergleich mit der Höhe des Beginns der zweiten Kolumne, als auch mit den in der
Unterschrift i 16 erwähnten zehn Omina, für die noch ein Eintrag anzunehmen ist, bestätigt. Um die Zeilenzählung
Ebelings, die auch in die Wörterbücher eingegangen ist, beizubehalten wird diese Zeile als 0 bezeichnet.

Die Lesung und Deutung des bislang nicht identifizierten Körperteils isru stellt ein größeres Problem dar. In Kolophonen
wird der Körperteil mit den Zeichen bad gis ru bzw. bad gis ri geschrieben, was zu unterschiedlichen Deutungen geführt
hat. So ist zum einen die Schreibung bad gis ri, etwa in AHw 1311a, gefolgt von U. S. Koch, Secrets, 617 sowie
CAD T 101b, als BE § 1§DAL gedeutet und als die Leberanomalie tallu gelesen worden, ohne daß dadurch die Variante bad
gis ru erklärt worden wäre. Zum anderen hat J. Denner, WZKM 41 (1934) 188 Anm. 1 ein Logogramm mit einem phone-
tischen Komplement BE IS-ru/ri angenommen, ohne eine Lesung vorzuschlagen; und schließlich wurde die Verbindung in
CAD I/J 203b, gefolgt von U. Jeyes, JEOL 32 (1991-92) 29 und I. Starr, SAAB 6 (1992) 46, syllabischBE is-ru/ri gelesen.
Eindeutig ist die Schreibung gis ri (§ 1§DAL) jedoch von tal(DAL) libbi(SA'), dem „Zwerchfell“ zu trennen, mit dem es von
F. R. Kraus, JCS 37 (1985) 189f. in Verbindung gebracht wurde. In CAD I/J 203b sub isru B disc. sect. wurde die
Möglichkeit erwogen, daß die Schreibungen gis ru/ri logographisch aufzufassen sind und Varianten darstellen, wie sie auch
bei anderen Lexemen erscheinen (GU.DU/DI = qinnatu oder di-bi-ru/ri, vgl. auch den unklaren Leberteil NE MU/MI in
A 73 [Nr. 23] Vs. l'-5'). Damit bliebe jedoch noch die Frage der Lesung offen. Ivan Starr, SAAB 6 (1992) 46 hat dagegen
eine syllabische Lesung is-ru/ri ausführlich begründet, für die er eine altbabylonische syllabische Schreibung im Akkusativ
(is-ra-am) anführen kann. Die Schreibung is-ri erklärt Starr einfach als Pluralschreibung. Während der syllabische altba-
bylonische Beleg tatsächlich für eine Lesung isru spricht, kann die Annahme, is-ri bezeichne den Plural, nicht überzeugen.
Einerseits widerspricht dies der Grammatik des Standardbabylonischen, andererseits auch einigen Belegstellen, in denen
diese Schreibung mit singularischem Verbum auftritt. Die Klärung der Frage, ob dieser Körperteil des Schafes nun isru
oder § 1§RU/RI zu lesen ist, bedarf weiterer Evidenz; hier wird aufgrund des altbabylonischen Belegs der syllabischen Lesung
der Vorzug gegeben, ohne daß damit die Möglichkeit einer logographischen Lesung ausgeschlossen werden soll.

10-1 Diese beiden Einträge sind sicher nach den ersten beiden Zeilen der ersten Tafel des Kapitels summa isru (und damit den
ersten Zeilen der bärütu-Serie überhaupt) zu ergänzen, die in K 2722 + K 4012 + K 8817 (unp.) Vs. 1-2 fragmentarisch
erhalten sind:

1 [BE is-ri 1]5 [ZÄ]LAG-/r ul-lu-us lib-bi ER[IN-m]

2 [BE is-ri 1]50 ZÄLAG-/r ul-lu-us lib-bi ERIN K[ÜR]

Die erste Zeile wird auch in der 21. Zeile der ersten Tafel des Kapitels summa multäbiltu (Koch, Secrets 2/20 = CT 20/39,
Z. 21) zitiert: DIS nu-um-ru I hu-ud lib-bi I BE is-ri 15 ZÄLAG-/r ul-lu-us lib-bi ERIN-ni „Helligkeit heißt Herzensfreude
(wie in:) Wenn das isru rechts hell ist: Herzensjubeln des Heeres“. Zu ullusu „jubeln lassen“ siehe auch den Kommentar
SpTU L72, Rs. 4: ul-lu-su : ha-du-ü.

I 4 Man könnte an eine Ergänzung [BE.ina pa-sin\-ni 150 BÜR SUB-di „[Wenn.im] linken \pasin\nu ein Loch liegt“

denken, doch fehlen hierzu eindeutige Parallelen.

I 6-9 Diese beiden Omina könnten eine Parallele in VAT 13797 (Nr. 4) i 7’-8’ haben, doch auch dort sind nur die Apodosen
erhalten.
 
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