Der philosophische Glaube angesichts der christlichen Offenbarung
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Daher dürfen wir Abendländer aus der biblischen Religion zu leben glauben, für
dieses Leben viele Möglichkeiten zulassen, den Besitzanspruch aber jeder Gruppe, wel-
che auch immer sie sei, verwehren.
Ein Theologe mag verachtend sagen: wer die Bibel liest, ist noch kein Christ.49 Ich
antworte: niemand und keine Instanz weiß, wer ein Christ ist; wir sind alle Christen,
und jedem ist es zuzubilligen, der Christ zu sein behauptet. Wir brauchen uns nicht
hinauswerfen zu lassen aus dem Hause, das seit einem Jahrtausend das unserer Väter
ist. Es kommt darauf an, wie einer die Bibel liest und was dadurch aus ihm wird.
Es kann sein, daß ein Mann wie Kierkegaard allen Zeitgenossen bestreitet, Christen
zu sein, am meisten den Pfarrern und Theologen, und daß er selbst für sich das Christ-
sein nicht einmal in Anspruch nimmt.50 Es kann sein, daß Kirchen und Theologen uns
das Christentum absprechen, aber für sich in Anspruch nehmen.51 Man muß den einen
wie den andern stehen lassen, aber bei Bereitschaft des Zuhörens ihm widersprechen.
Die Scheu verlangt, historisch die biblischen Religionen in ihrer ganzen Vieldeutigkeit
und Unbestimmtheit zu sehen, dann (trotz allen Gegenteils) anzuerkennen, was in ih-
nen an grenzenloser Wahrhaftigkeit, Liebeskraft und Freiheit wirklich war. Es ist viel-
leicht das, was gemeinsam sein könnte und dann selber das Blut der Philosophie wäre.
Nur das Eine dürfen wir verwehren: daß eine Instanz die Entscheidung darüber in An-
spruch nehme, was Christentum sei und wer ein Christ sei. In der Welt soll als Christ
gelten, wer sich dafür hält.
4. Da die Überlieferung an Organisation gebunden ist, die Überlieferung der bibli-
schen Religion an Kirchen, Gemeinden, Sekten, so wird, wer sich als Abendländer dem
Grunde verbunden weiß, einer solchen Organisation zugehören, damit die Überliefe-
rung stattfinde und der Ort bleibe, von dem möglicherweise das Pneuma, wenn es wie-
der wirksam würde, in die Völker gelangte.
Die Konfession wird gleichgültig, ist nur geschichtlich für die eigene Herkunft von
Belang. Das Verbindende ist die von Vernunft durchglühte biblische Religion, die nie-
mand für sich allein hat. Quer durch alle Konfessionen hindurch geht die der Mög-
lichkeit nach tiefere Verbindung, durch die die unausweichliche Enge jeder Konfes-
sion gesprengt wird.
d. Historische Erinnerung an die Unterscheidung von Vernunft und Glaube
(Philosophie und Theologie)
Wort und Sache der Theologie ist eine Schöpfung der griechischen Denker. Aristote-
les nennt die alten von Göttern kündenden Dichter und | Kosmogoniker, zumal die 16
Orphiker, Theologen.53 Er selbst nennt seine Philosophie, wo sie vom ersten unbeweg-
ten Beweger handelt, Theologie.54 In der Stoa wird die Theologie zur höchsten Diszip-
lin innerhalb des von Logik und Ethik als Physik unterschiedenen Gebiets. Die Stoiker
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Daher dürfen wir Abendländer aus der biblischen Religion zu leben glauben, für
dieses Leben viele Möglichkeiten zulassen, den Besitzanspruch aber jeder Gruppe, wel-
che auch immer sie sei, verwehren.
Ein Theologe mag verachtend sagen: wer die Bibel liest, ist noch kein Christ.49 Ich
antworte: niemand und keine Instanz weiß, wer ein Christ ist; wir sind alle Christen,
und jedem ist es zuzubilligen, der Christ zu sein behauptet. Wir brauchen uns nicht
hinauswerfen zu lassen aus dem Hause, das seit einem Jahrtausend das unserer Väter
ist. Es kommt darauf an, wie einer die Bibel liest und was dadurch aus ihm wird.
Es kann sein, daß ein Mann wie Kierkegaard allen Zeitgenossen bestreitet, Christen
zu sein, am meisten den Pfarrern und Theologen, und daß er selbst für sich das Christ-
sein nicht einmal in Anspruch nimmt.50 Es kann sein, daß Kirchen und Theologen uns
das Christentum absprechen, aber für sich in Anspruch nehmen.51 Man muß den einen
wie den andern stehen lassen, aber bei Bereitschaft des Zuhörens ihm widersprechen.
Die Scheu verlangt, historisch die biblischen Religionen in ihrer ganzen Vieldeutigkeit
und Unbestimmtheit zu sehen, dann (trotz allen Gegenteils) anzuerkennen, was in ih-
nen an grenzenloser Wahrhaftigkeit, Liebeskraft und Freiheit wirklich war. Es ist viel-
leicht das, was gemeinsam sein könnte und dann selber das Blut der Philosophie wäre.
Nur das Eine dürfen wir verwehren: daß eine Instanz die Entscheidung darüber in An-
spruch nehme, was Christentum sei und wer ein Christ sei. In der Welt soll als Christ
gelten, wer sich dafür hält.
4. Da die Überlieferung an Organisation gebunden ist, die Überlieferung der bibli-
schen Religion an Kirchen, Gemeinden, Sekten, so wird, wer sich als Abendländer dem
Grunde verbunden weiß, einer solchen Organisation zugehören, damit die Überliefe-
rung stattfinde und der Ort bleibe, von dem möglicherweise das Pneuma, wenn es wie-
der wirksam würde, in die Völker gelangte.
Die Konfession wird gleichgültig, ist nur geschichtlich für die eigene Herkunft von
Belang. Das Verbindende ist die von Vernunft durchglühte biblische Religion, die nie-
mand für sich allein hat. Quer durch alle Konfessionen hindurch geht die der Mög-
lichkeit nach tiefere Verbindung, durch die die unausweichliche Enge jeder Konfes-
sion gesprengt wird.
d. Historische Erinnerung an die Unterscheidung von Vernunft und Glaube
(Philosophie und Theologie)
Wort und Sache der Theologie ist eine Schöpfung der griechischen Denker. Aristote-
les nennt die alten von Göttern kündenden Dichter und | Kosmogoniker, zumal die 16
Orphiker, Theologen.53 Er selbst nennt seine Philosophie, wo sie vom ersten unbeweg-
ten Beweger handelt, Theologie.54 In der Stoa wird die Theologie zur höchsten Diszip-
lin innerhalb des von Logik und Ethik als Physik unterschiedenen Gebiets. Die Stoiker