Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
433
| Sechster Teil
42p
Befreiung und Freiheit des Menschen heute
Die Geschichte des Menschen ist die Geschichte seiner Freiheit. Wo immer Freiheit er-
wachsen ist und schon aus ferner Vergangenheit zu uns spricht, da erkennen wir uns
wieder in den Schicksalsgefährten des Menschseins, in den Wesen, die uns selbst in-
nerlich verwandt und in der gleichen Grundsituation sind. Wir wissen uns in einer
einzigen großen Gemeinschaft, die die Gemeinschaft der Freiheit ist.
Nur soweit wir, innerlich frei, unsere Freiheit aus der Gemeinschaft erfüllen, wer-
den wir in der Bindung erst wirklich frei. Je mehr Freiheit um uns ist, desto mehr sind
wir selber frei. Je mehr wir uns preisgegeben fühlen an dunkle Mächte in den Men-
schen und in jedem von uns in uns selber, desto schwächer wird unser Freiheitsbe-
wußtsein. Dann verwechseln wir Freiheit und Willkür. Wir neigen zur Gewalt, haben
Drang zur inneren und äußeren Sicherung mit der Folge, zu gehorchen und zu befeh-
len, beherrscht zu werden und zu herrschen. Statt als Selbst mit anderem Selbst in
Kommunikation frei zu werden, suchen wir, hilflos eingesponnen im Gewebe des Da-
seins, die Vereinigung nur in Gestalten der Unfreiheit.
Befreiung ist auf dem Wege aus dem Dunkel freiheitswidriger Gebundenheiten,
die, wenn wir sie erkennen, wir doch nicht abwerfen können, in das Licht heller Bin-
dungen des Freiseins. Freiheit ist dieser Weg der Befreiung selber. Absolute Freiheit ist
ein sich selbst widersprechender Begriff.
Der Weg der Befreiung ist für die Freiheit selber gefährlich. Denn er ist zweideutig,
entweder nur Befreiung von etwas (negative Freiheit) oder Freiheit aus einem Ursprung
(positive Freiheit). Bloße Befreiung läßt ratlos zurückfallen in Unfreiheit. Befreiung ge-
lingt nur, wenn die Freiheit aus dem Ursprung sich erfüllt und verwirklicht.
11. Auf dem Wege zur inneren Freiheit 430
Seit dem Anfang der Philosophie und in den neueren Zeiten sind zwei Momente der
Befreiung durch helles Bewußtsein zur Wirkung gekommen:
Der Wandel von der Leibhaftigkeit zur Chiffer, schließlich bis zur Grenze des Ver-
zichts sogar auf Chiffern im erfüllten Schweigen; von der Leibhaftigkeit bis zur Sprach-
losigkeit führt der ständig zu wiederholende Weg, auf dem die Wahrheit der Wirklich-
keit gegenwärtig wird (a).
433
| Sechster Teil
42p
Befreiung und Freiheit des Menschen heute
Die Geschichte des Menschen ist die Geschichte seiner Freiheit. Wo immer Freiheit er-
wachsen ist und schon aus ferner Vergangenheit zu uns spricht, da erkennen wir uns
wieder in den Schicksalsgefährten des Menschseins, in den Wesen, die uns selbst in-
nerlich verwandt und in der gleichen Grundsituation sind. Wir wissen uns in einer
einzigen großen Gemeinschaft, die die Gemeinschaft der Freiheit ist.
Nur soweit wir, innerlich frei, unsere Freiheit aus der Gemeinschaft erfüllen, wer-
den wir in der Bindung erst wirklich frei. Je mehr Freiheit um uns ist, desto mehr sind
wir selber frei. Je mehr wir uns preisgegeben fühlen an dunkle Mächte in den Men-
schen und in jedem von uns in uns selber, desto schwächer wird unser Freiheitsbe-
wußtsein. Dann verwechseln wir Freiheit und Willkür. Wir neigen zur Gewalt, haben
Drang zur inneren und äußeren Sicherung mit der Folge, zu gehorchen und zu befeh-
len, beherrscht zu werden und zu herrschen. Statt als Selbst mit anderem Selbst in
Kommunikation frei zu werden, suchen wir, hilflos eingesponnen im Gewebe des Da-
seins, die Vereinigung nur in Gestalten der Unfreiheit.
Befreiung ist auf dem Wege aus dem Dunkel freiheitswidriger Gebundenheiten,
die, wenn wir sie erkennen, wir doch nicht abwerfen können, in das Licht heller Bin-
dungen des Freiseins. Freiheit ist dieser Weg der Befreiung selber. Absolute Freiheit ist
ein sich selbst widersprechender Begriff.
Der Weg der Befreiung ist für die Freiheit selber gefährlich. Denn er ist zweideutig,
entweder nur Befreiung von etwas (negative Freiheit) oder Freiheit aus einem Ursprung
(positive Freiheit). Bloße Befreiung läßt ratlos zurückfallen in Unfreiheit. Befreiung ge-
lingt nur, wenn die Freiheit aus dem Ursprung sich erfüllt und verwirklicht.
11. Auf dem Wege zur inneren Freiheit 430
Seit dem Anfang der Philosophie und in den neueren Zeiten sind zwei Momente der
Befreiung durch helles Bewußtsein zur Wirkung gekommen:
Der Wandel von der Leibhaftigkeit zur Chiffer, schließlich bis zur Grenze des Ver-
zichts sogar auf Chiffern im erfüllten Schweigen; von der Leibhaftigkeit bis zur Sprach-
losigkeit führt der ständig zu wiederholende Weg, auf dem die Wahrheit der Wirklich-
keit gegenwärtig wird (a).