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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0155
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54

Der philosophische Glaube angesichts der christlichen Offenbarung

sei.«134 Philosophisch ist das von demselben Range wie der des Vortrags eines Philoso-
phieprofessors über Unsterblichkeit, den ich in meiner Jugend hörte, staunend vor der
ihm nicht bewußten ironischen Selbstvernichtung: Nach subtilen Erörterungen im
Stil wissenschaftlicher Begründung durch Logik und Erfahrungstatsachen kam er zu
dem Ergebnis, daß etwa 70 % der Gründe für, 30 % gegen Unsterblichkeit sprächen.
52 | Mit den Akademikern sagt Cicero: »Wir sind nicht Leute, die nichts für wahr an-
nehmen, sondern die nur behaupten, alles Wahre habe einen Beisatz von Falschem,
was mit ihm so große Ähnlichkeit habe, daß an demselben sich kein sicheres Merk-
mal, um es zu beurteilen und ihm beizupflichten, finde. Daraus hat sich der Satz erge-
ben: Vieles sei wahrscheinlich, was, obgleich es nicht durchaus begriffen werden
könne, dennoch, weil es ein gewisses klares und lichtvolles Aussehen habe, dem Le-
ben des Weisen zur Richtschnur diene.«135 Ahnungslose Unphilosophie des unent-
schiedenen Skeptizismus!136
Praktisch wirklich wird der Skeptizismus in dem Maße, als einzelne Weisen des Um-
greifenden verkümmern, und vor allem durch das Verkümmern der Gegenwärtigkeit
des Umgreifenden alles Umgreifenden.

III. Der Sinn des Kampfes im Reich
der Chiffern
Philosophischer Glaube und Offenbarungsglaube sprechen von Gott. Der philosophi-
sche Glaube weiß nicht von Gott, sondern hört nur die Sprache der Chiffern. Der Of-
fenbarungsglaube meint die Handlungen Gottes im Sichoffenbaren zum Heil der Men-
schen zu kennen, das in die Welt hineinwirkt als ein besonderes Geschehen, lokalisiert
an Ort und Zeit. Der philosophische Glaube macht mit der biblischen Forderung Ernst:
du sollst dir kein Bildnis und Gleichnis machen.181 Der Offenbarungsglaube hat Gott
nicht nur im Bilde, sondern als leibhaftige Realität.
Vom frühesten Denken an lebt der Mensch auch schon in Chiffern. Erst wenn seine
Welt und sein Wissen in Unterscheidungen hell wird, erfährt er die Aufgabe, dieses
Reich der Sprache rein werden zu lassen. Das heißt: Den Unterschied von Realität und
Chiffern will er der Wahrheit wegen in Strenge festhalten. Dem philosophischen Glau-
ben scheint nun als Grundverkehrung: die Verwandlung der schwebenden Sprache
der Chiffern in die Leibhaftigkeit von Realität. Die Chiffern sind aber nie die Wirklich-
keit der Transzendenz selber, sondern deren mögliche Sprache. Und diese Sprache ist
vieldeutig, in Ursprungsverschiedenheiten, in miteinander kämpfenden Gegensätzen,
 
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