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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0286
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Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung

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feststellen möchte, begeht man selbst den Verrat, der darin liegt, daß man nicht offen
bleibt, nicht bereit, daß man aus der Situation in der Zeit ein Endgültiges macht. Et-
was ganz Anderes als absichtliches Schweigen (als absichtliche, auf das Schweigen und
bloße Andeuten ein Verstehen und Antwort erwartende, daher fälschliche indirekte
Mitteilung) ist die stumme Weise des Nichtmitteilenkönnens, die sich selbst wie dem
anderen nicht sagen kann, was ist, sehnsüchtig und ratlos und ohne Sprache bleibt.
Aber dies Schweigen kann eine Tiefe gegenwärtig werden lassen, die durch direkte Mit-
teilung, weil sie nicht möglich ist, auch nicht bestätigt zu werden braucht. Sie ist be-
schränkt auf die intimste Gemeinschaft. In der Welt gewinnt Erscheinung nur das, was
mitteilbar ist, was Sprache wird. Sonst ist es in der Welt wie nichts, bleibt außer der
Welt auch dann, wenn es in seinen Folgen aus der Intimität der Kommunikation her-
aus vielleicht außerordentlich, aber unnachweisbar sich zeigt. Was in indirekter Mit-
teilung geschieht, kann bei objektiver Erörterung geleugnet werden. Es darf nicht er-
wartet werden. Aus ihr kann nichts gerechtfertigt werden.
Dasein, Bewußtsein überhaupt und Geist zeigen sich ohne weiteres, wir brauchen
uns in ihnen nur dessen zu vergewissern, was wir schon sind. Die Vergewisserung der
möglichen Existenz aber ist selber schon ein Moment des Erscheinens eines Anders-
gewordenseins, einer Umkehr. Jener Weisen inne zu werden, brauchen wir nicht an-
ders zu werden. Existenz aber ist nicht von gleicher zwingender Gegenwärtigkeit wie
jene. Existenz kann ausbleiben, aber bezeugt sich auch dann noch durch eine Unruhe,
die aus der Verlorenheit zurückdrängt. -
Wir vergewissern uns jedes Umgreifenden nur dadurch, daß wir es sind, der Existenz
aber dadurch, daß wir sie sein können. Sie muß | der Möglichkeit nach in uns wach sein,
wenn wir von ihr, sie umkreisend, sprechen. Umkreisen wir, was Existenz sei:
1) Existenz ist nicht Sosein, sondern Seinkönnen, das heißt: ich bin nicht Existenz, son-
dern mögliche Existenz. Ich habe mich nicht, sondern komme zu mir.
Existenz steht ständig in der Wahl, zu sein oder nicht zu sein. Ich bin nur im Ernst
des Entschlusses. Ich bin nicht nur da, nicht nur der Punkt eines Bewußtseins über-
haupt, nicht nur der Ort geistiger Schöpfungen, sondern in diesen allen kann ich ich
selbst oder in ihnen verloren sein.
2) Schon das Bewußtsein überhaupt ist das Dreisein: das Subjekt des »ich denke« ist
auf Gegenstände gerichtet und ist darin auf sich selbst bezogen im Selbstbewußtsein.
In dieser Struktur liegt existentiell eine tiefere: Existenz ist das Selbst, das sich zu sich
selbst verhält und darin sich auf die Macht bezogen weiß, durch die es gesetzt ist (Kierke-
gaard).124
Sie ist Freiheit (nicht die Freiheit der Willkür des Daseins, nicht das Einstimmen in
die Richtigkeit des Bewußtseins überhaupt, nicht die in Ordnungen des Geistes schaf-
fende Phantasie) auf eine unfaßliche Weise: sie ist Freiheit, die nicht durch sich selbst
ist, sondern die sich ausbleiben kann. Sie ist Freiheit nicht ohne die Transzendenz,
durch die sie sich geschenkt weiß.

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