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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0306
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Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung

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Die Erfüllung vom Umgreifenden, in dem weder Objekt noch Subjekt verloren, viel-
mehr beide in Einem gegenwärtig bleiben, nennen wir Glauben im weitesten Sinn und
seine Vergewisserung Glaubensvergewisserung. Glauben in einem gesteigerten, die
Immanenz übergreifenden Sinn treffen wir in der Vergewisserung von Existenz und
Transzendenz. Die Vergewisserung der Vernunft als des im Philosophieren unerläß-
lichen Sinns erhellt den Vernunftglauben, der dem philosophischen Glauben als der
ihm eigensten Kraft zugehört.
2. Zerrissenheit und Einheit. - Die Einheit ist zerschlagen in mehrere Weisen des Um-
greifenden. Diese sind nicht aus einem Prinzip zu deduzieren. Die Welt ist vielmehr für
die Wissenschaften, das Sein des Umgreifenden ist für die Selbstvergewisserung zerris-
sen. Ist jedoch die Vielfachheit das letzte, dann wäre mit der Einheit auch die Wahr-
heit verloren.
Aber die Vergewisserung des Vielen ist nicht Gleichgültigkeit gegen Einheit, son-
dern der Wille zur wahren Einheit. In jeder vorzeitigen, sich oft verführend darbieten-
den Einheit ist die Wahrheit selbst nicht erreicht. Durch die Erfahrung der Zerrissen-
heit werden wir, weil sie unerträglich ist, zu jener Einheit gedrängt, die durch keine
Frage mehr | fragwürdig werden kann. Wir fragen nach der einen, wahren Einheit, weil
wir nur in ihr Ruhe gewinnen.
3. Das »Leben als Experiment« läßt ein leeres Ich im Skeptizismus übrig. - In der Unge-
wißheit, in der wir uns finden, hat das Leben einen Charakter, den man mit dem Wort
»es ist ein Experiment« falsch bezeichnet.132 Der veranstaltende Experimentator wäre
selber Experiment und Experimentator zugleich. Wer aber den Ernst seines Weges in
der Welt dadurch preisgibt, daß er seine Entschlüsse insgesamt als Versuche auffaßt
und sich selbst als den Veranstalter im Hintergrund vermeintlich unberührt hält, der
verliert die Möglichkeit der Treue im Übernehmen der Geschichtlichkeit in der Kon-
tinuität. Er verliert das Selbstsein. Als nur Versuchender ist er weder für andere noch
für sich da. Denn jenes sich vermeintlich im Hintergrund bewahrende Ich, das nicht
eintritt in seine Existenz, sondern alles nur als Vordergrund seiner Experimente be-
handelt, ist ein bloßer Punkt und eigentlich Nichtsein, in dem nichts gerettet wird.
Wenn ein »substantieller« Skeptiker das vielleicht, uns unbegreiflich, tun könnte, so
will der philosophische Glaube sich vielmehr einsenken in das Dasein, um in ihm
geschichtlich mit anderer Existenz zum Selbst zu kommen.
Das Geschehenlassen des Lebens, als ob ich nicht dabei sei, scheint mit dem Ver-
zicht auf die Welt zugunsten eines »außer der Welt« der faktische Verlust der Existenz
zu sein. Dann gibt es in der Praxis kein entscheidendes Entweder-Oder mehr, keinen
unbedingten Entschluß. Der »Entschluß« aber zur Wahl jener Möglichkeit, durch die
die Welt und das In-der-Welt-Sein gleichgültig werden, wäre auch dann, wenn er rea-
lisiert wird, kein existentieller Entschluß mehr.
Denn ein Entschluß, der nicht in der Weltwirklichkeit entscheidet und wirkt, scheint
kein Entschluß der Existenz, sondern eines Anderen, Wunderlichen, eines in der Kom-

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