Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
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vor der ihm nicht bewußten ironischen Selbstvernichtung: Nach subtilen Erörterun-
gen im Stil | wissenschaftlicher Begründung durch Logik und Erfahrungstatsachen 145
kam er zu dem Ergebnis, daß etwa 70 % der Gründe für, 30 % gegen Unsterblichkeit
sprächen.
Mit den Akademikern sagt Cicero: »Wir sind nicht Leute, die nichts für wahr an-
nehmen, sondern die nur behaupten, alles Wahre habe einen Beisatz von Falschem,
was mit ihm so große Ähnlichkeit habe, daß an demselben sich kein sicheres Merk-
mal, um es zu beurteilen und ihm beizupflichten, finde. Daraus hat sich der Satz erge-
ben: Vieles sei wahrscheinlich, was, obgleich es nicht durchaus begriffen werden
könne, dennoch, weil es ein gewisses klares und lichtvolles Aussehen habe, dem Le-
ben des Weisen zur Richtschnur diene.«135 Ahnungslose Unphilosophie des unent-
schiedenen Skeptizismus!136
Praktisch wirklich wird der Skeptizismus in dem Maße, als einzelne Weisen des Um-
greifenden verkümmern, und vor allem durch das Verkümmern der Gegenwärtigkeit
des Umgreifenden alles Umgreifenden.
k. Die geschichtliche Vielfachheit ursprünglicher Weisen des Grundwissens
Die Strukturen dessen, als was und wie und worin wir uns finden, sind historisch so
verschieden gedacht worden, daß man an ihrem Zueinandergehören zweifeln könnte.
Schon jede Benennung dessen, was wir als das Gemeinsame in der Verschiedenheit
meinen, ist fragwürdig. Nennen wir es das Selbst- und Weltverständnis, so beruht
schon diese Benennung auf bestimmten Kategorien.
Wir leben immer in einem Grundwissen. Dieses ist mehr oder weniger klar. Gro-
ßen geschichtlichen Gemeinschaften ist es gegenwärtig in allen Stufen von unbe-
stimmten Gefühlen über Bilder bis zur systematischen Entfaltung in der Philosophie.
Es ist dann jeweils wie eine einzige große Selbstverständlichkeit.
Werden aber in gegenseitiger Berührung und in historischem Wissen alle Weisen
des Grundwissens bewußt, dann hört die Selbstverständlichkeit und die Gewißheit
der einen Wahrheit auf. Jetzt sind zwei Bewegungen möglich:
Entweder bleibt das Vielerlei. Scheinbar kann man nun an allen Weisen des Grund-
wissens teilnehmen. Da man sie kennt, läßt man sie sich in Redewendungen zuflie-
gen, um einen Augenblick sie mitzu| sprechen. Der Zustand ist zerstreut. In ihm ist kein 146
Zusammenhang und keine Kontinuität.
Oder die Kunde von den geschichtlichen Weisen des Grundwissens und das ver-
stehende Eindringen in sie wird auch bei aller inneren Beteiligung als bloße Kunde un-
terschieden von dem, worin ich selber mein umgreifendes Bewußtsein habe.
Die bisherigen Weisen des Grundwissens waren verbunden mit dem jeweiligen Ge-
halt eines Seinswissens. Sie waren eine Ontologie. Unser modernes Grundwissen kann
solchen Anspruch nicht erheben. Es gewinnt einen anderen Charakter, weil es nicht
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vor der ihm nicht bewußten ironischen Selbstvernichtung: Nach subtilen Erörterun-
gen im Stil | wissenschaftlicher Begründung durch Logik und Erfahrungstatsachen 145
kam er zu dem Ergebnis, daß etwa 70 % der Gründe für, 30 % gegen Unsterblichkeit
sprächen.
Mit den Akademikern sagt Cicero: »Wir sind nicht Leute, die nichts für wahr an-
nehmen, sondern die nur behaupten, alles Wahre habe einen Beisatz von Falschem,
was mit ihm so große Ähnlichkeit habe, daß an demselben sich kein sicheres Merk-
mal, um es zu beurteilen und ihm beizupflichten, finde. Daraus hat sich der Satz erge-
ben: Vieles sei wahrscheinlich, was, obgleich es nicht durchaus begriffen werden
könne, dennoch, weil es ein gewisses klares und lichtvolles Aussehen habe, dem Le-
ben des Weisen zur Richtschnur diene.«135 Ahnungslose Unphilosophie des unent-
schiedenen Skeptizismus!136
Praktisch wirklich wird der Skeptizismus in dem Maße, als einzelne Weisen des Um-
greifenden verkümmern, und vor allem durch das Verkümmern der Gegenwärtigkeit
des Umgreifenden alles Umgreifenden.
k. Die geschichtliche Vielfachheit ursprünglicher Weisen des Grundwissens
Die Strukturen dessen, als was und wie und worin wir uns finden, sind historisch so
verschieden gedacht worden, daß man an ihrem Zueinandergehören zweifeln könnte.
Schon jede Benennung dessen, was wir als das Gemeinsame in der Verschiedenheit
meinen, ist fragwürdig. Nennen wir es das Selbst- und Weltverständnis, so beruht
schon diese Benennung auf bestimmten Kategorien.
Wir leben immer in einem Grundwissen. Dieses ist mehr oder weniger klar. Gro-
ßen geschichtlichen Gemeinschaften ist es gegenwärtig in allen Stufen von unbe-
stimmten Gefühlen über Bilder bis zur systematischen Entfaltung in der Philosophie.
Es ist dann jeweils wie eine einzige große Selbstverständlichkeit.
Werden aber in gegenseitiger Berührung und in historischem Wissen alle Weisen
des Grundwissens bewußt, dann hört die Selbstverständlichkeit und die Gewißheit
der einen Wahrheit auf. Jetzt sind zwei Bewegungen möglich:
Entweder bleibt das Vielerlei. Scheinbar kann man nun an allen Weisen des Grund-
wissens teilnehmen. Da man sie kennt, läßt man sie sich in Redewendungen zuflie-
gen, um einen Augenblick sie mitzu| sprechen. Der Zustand ist zerstreut. In ihm ist kein 146
Zusammenhang und keine Kontinuität.
Oder die Kunde von den geschichtlichen Weisen des Grundwissens und das ver-
stehende Eindringen in sie wird auch bei aller inneren Beteiligung als bloße Kunde un-
terschieden von dem, worin ich selber mein umgreifendes Bewußtsein habe.
Die bisherigen Weisen des Grundwissens waren verbunden mit dem jeweiligen Ge-
halt eines Seinswissens. Sie waren eine Ontologie. Unser modernes Grundwissen kann
solchen Anspruch nicht erheben. Es gewinnt einen anderen Charakter, weil es nicht