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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0650
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Philosophie und Offenbarungsglaube

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blieben. Ich halte es historisch vielmehr für ungemein wahrscheinlich, daß ohne das
Alte Testament das Christentum sich gar nicht hätte halten können und längst ver-
schwunden wäre. Den Grund der Rezeption des Alten Testamentes sehen Sie darin,
daß die Alte Kirche das Alte Testament im Neuen Testament erfüllt sah. So war in der
Tat der Glaube, aber das ist eine Glaubensauffassung, nicht eine historische Erkennt-
nis. Diese Glaubensauffassung hat bei Theologen nicht selten auch die historische Auf-
fassung des Alten Testamentes getrübt. Man zerschnitt im Alten Testament, was dort
vorkommt, in zwei Teile: das, was auf das Christentum hinführt und das vermeintlich
die christliche Offenbarung voraussagt, und das andere, das dann als jüdisch gilt, was
man im Christentum nicht brauchen kann. Man würde gleichsam den Juden durch
Halbierung ihrer Heiligen Schrift stehlen, was sie besitzen. Historisch aber ist das ganze
Alte Testament jüdisch und das Neue Testament ebenfalls.

|Zahrnt

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Ganz sicher ist die Zerschneidung des Alten Testamentes in jüdische und christliche
Stücke falsch, und das alte Schema von Weissagung und Erfüllung in der Theologie
haben wir ja auch schon weithin überwunden. Aber nun läßt sich doch gar nicht
leugnen, daß auch im Alten Testament selbst derselbe Anspruch auf Einzigartigkeit
und Ausschließlichkeit der bezeugten Gottesoffenbarung uns begegnet wie überall
im Christentum. Und im Neuen Testament gar gibt es keine Schrift, keine Stelle, die
nicht den besonderen Anspruch und die einzigartige Vollmacht und Stellung Jesu
Christi behauptete. Wer diese Behauptung der Singularität Jesu aus dem Neuen Testa-
ment herausstriche, würde rein stofflich, rein umfangmäßig kaum etwas in der Hand
behalten.

Jaspers
Die Ausschließlichkeit. Sie sagen mit Recht, schon im Alten Testament, von Anfang
an, ist sie mit äußerster Strenge da. Im Neuen Testa|ment wird sie nur wiederholt für 85
die Erscheinung der Gottmenschheit Jesu Christi. Das ist mehr als historische Sin-
gularität, die allen großen Erscheinungen zukommt, sondern ist das Einzige, Einma-
lige, daß Gott Mensch wird. Wenn dies ausschließlich behauptet wird und die Aus-
schließlichkeit uns zum Thema wird, so ist die Antwort nicht ganz leicht. Es scheint
mir notwendig, Ausschließlichkeit in zwei Bedeutungen zu sehen. Die Ausschließ-
lichkeit im Leben der unbedingten Wahrheit als geschichtlicher für den Einzelnen
und für den Kreis gemeinsamer Geschichtlichkeit von Menschen ist etwas, was zum
existentiellen Dasein unseres Wesens als solchem gehört. Nur in einer einzigen Ge-
schichtlichkeit kann ich existentiell leben. Die Geschichtlichkeit kann sich erwei-
tern, in der Idee sogar bis zum Grunde der Geschichtlichkeit allen Daseins und der
 
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