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Stellenkommentar
543 Dionysios II., geb. um 396 v. Chr., gest. nach 344 v. Chr., 367-355, 347-344 Tyrann von
Syrakus. Ursprünglich nicht für das Herrscheramt vorgesehen, trat er die Nachfolge seines
Vaters Dionysios I. völlig unvorbereitet an. Sein Schwager Dion stellte ihm deshalb Platon
als Erzieher zur Seite, damit er ihn gemäß dem platonischen Ideal der Staatsführung unter-
richte. Der Überlieferung nach soll Platon seinen Unterricht damit begonnen haben, dass
er den Fußboden des Herrscherpalasts mit Sand bestreuen ließ, um darin geometrische
Figuren zu zeichnen (vgl. Plutarch: Vitae parallelae, Dion 13; dt. Große Griechen und Römer,
eingeleitet und übersetzt von K. Ziegler, Bd. 4, Zürich, Stuttgart 1957, 18). Zur Bedeutung
geometrischer Figuren für das Schauen der Ideen vgl. Platon: Politeia VI, 5ioc-5iia. - Vgl.
auch die Darstellung in K. Jaspers: Die großen Philosophen, 293-294.
544 Vgl. I. Kant: Logik, AA 9,25. Außerdem: Brief an C. F. Stäudlin, 4. Mai 1793, AA n, 429. - Für
Kant hat sich das Interesse der menschlichen Vernunft zunächst in den ersten drei Fragen
erschöpft (vgl. Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl., AA 3,522-523). Zum Sinn der vierten Frage
im Verhältnis zu den ersten drei vgl. K. Jaspers: Die großen Philosophen, 519-521.
545 Aristoteles: De anima III, 431b 21. - Zum Stellenwert dieser Äußerung für sein eigenes Den-
ken vgl. K. Jaspers: Psychologie der Weltanschauungen, IX.
546 Vgl. zur Achsenzeit K. Jaspers: Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, KJG I/io, 17-33, 57-66.
547 A. Weber: »Abschied von der bisherigen Geschichte. Überwindung des Nihilismus?«, in:
ders.: Gesamtausgabe, Bd. 3, hg. von R. Bräu, Marburg 1997, 29-251.
548 In Deutschland wurden erste Enqueten unter Arbeitern bereits in den 1870er Jahren durch-
geführt, vermehrt seit den 1880er Jahren. Dabei spielte der 1872 gegründete Verein für So-
cialpolitik eine zentrale Rolle (vgl. I. Gorges: Sozialforschung in Deutschland 1872-1914. Ge-
sellschaftliche Einflüsse auf Themen- und Methodenwahl des Vereins für Socialpolitik, Frankfurt
a.M. 2i986). Jaspers dürfte seine Kenntnis von den Arbeiterenqueten Max Weber verdan-
ken, der zwischen 1908 und 1912 in dieser Sache eng mit dem Verein für Socialpolitik zu-
sammengearbeitet hatte (vgl. die einschlägigen Texte in: M. Weber: Zur Psychophysik der
industriellen Arbeit. Schriften und Reden 1908-1912, MWG I/n).
549 Vgl. G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte, auf Grund des aufbe-
haltenen handschriftlichen Materials neu hg. von G. Lasson, 4 Bde., Leipzig 1917-1920;
F. W. J. Schelling: Die Weltalter. Fragmente, in den Urfassungen von 1811 und 1813 hg. von
M. Schröter, München 1946; O. Spengler: Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Mor-
phologie der Weltgeschichte, Bd. 1: Gestalt und Wirklichkeit, Wien, Leipzig 1918, Bd. 2: Welt-
historische Perspektiven, München 1922.
550 Vgl. I. Kant: »Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht«, AA 8,
15-31, hier: 27.
551 Goethe äußerte am 6. März 1828 gegenüber Friedrich von Müller: »>Ich bin nicht so alt ge-
worden, um mich um die Weltgeschichte zu kümmern, die das absurdeste ist, was es giebt;
ob dieser oder jener stirbt, dieses oder jenes Volk untergeht, ist mir einerley, ich wäre ein
Thor, mich darum zu kümmern.<« (Kanzler von Müller: Unterhaltungen mit Goethe, kritische
Ausgabe, besorgt von E. Grumach, Weimar 1956,173)
552 Schopenhauer hält jede Rede vom Sinn der Geschichte für eine Lüge. Wer die Geschichte
vorurteilslos betrachte, gelange zu der »Einsicht«, dass sie »nicht nur in der Ausführung,
sondern schon in ihrem Wesen lügenhaft ist, indem sie, von lauter Individuen und ein-
zelnen Vorgängen redend, vorgiebt, alle Mal etwas Anderes zu erzählen; während sie, vom
Anfang bis zum Ende, stets nur das Selbe wiederholt, unter andern Namen und in anderm
Stellenkommentar
543 Dionysios II., geb. um 396 v. Chr., gest. nach 344 v. Chr., 367-355, 347-344 Tyrann von
Syrakus. Ursprünglich nicht für das Herrscheramt vorgesehen, trat er die Nachfolge seines
Vaters Dionysios I. völlig unvorbereitet an. Sein Schwager Dion stellte ihm deshalb Platon
als Erzieher zur Seite, damit er ihn gemäß dem platonischen Ideal der Staatsführung unter-
richte. Der Überlieferung nach soll Platon seinen Unterricht damit begonnen haben, dass
er den Fußboden des Herrscherpalasts mit Sand bestreuen ließ, um darin geometrische
Figuren zu zeichnen (vgl. Plutarch: Vitae parallelae, Dion 13; dt. Große Griechen und Römer,
eingeleitet und übersetzt von K. Ziegler, Bd. 4, Zürich, Stuttgart 1957, 18). Zur Bedeutung
geometrischer Figuren für das Schauen der Ideen vgl. Platon: Politeia VI, 5ioc-5iia. - Vgl.
auch die Darstellung in K. Jaspers: Die großen Philosophen, 293-294.
544 Vgl. I. Kant: Logik, AA 9,25. Außerdem: Brief an C. F. Stäudlin, 4. Mai 1793, AA n, 429. - Für
Kant hat sich das Interesse der menschlichen Vernunft zunächst in den ersten drei Fragen
erschöpft (vgl. Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl., AA 3,522-523). Zum Sinn der vierten Frage
im Verhältnis zu den ersten drei vgl. K. Jaspers: Die großen Philosophen, 519-521.
545 Aristoteles: De anima III, 431b 21. - Zum Stellenwert dieser Äußerung für sein eigenes Den-
ken vgl. K. Jaspers: Psychologie der Weltanschauungen, IX.
546 Vgl. zur Achsenzeit K. Jaspers: Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, KJG I/io, 17-33, 57-66.
547 A. Weber: »Abschied von der bisherigen Geschichte. Überwindung des Nihilismus?«, in:
ders.: Gesamtausgabe, Bd. 3, hg. von R. Bräu, Marburg 1997, 29-251.
548 In Deutschland wurden erste Enqueten unter Arbeitern bereits in den 1870er Jahren durch-
geführt, vermehrt seit den 1880er Jahren. Dabei spielte der 1872 gegründete Verein für So-
cialpolitik eine zentrale Rolle (vgl. I. Gorges: Sozialforschung in Deutschland 1872-1914. Ge-
sellschaftliche Einflüsse auf Themen- und Methodenwahl des Vereins für Socialpolitik, Frankfurt
a.M. 2i986). Jaspers dürfte seine Kenntnis von den Arbeiterenqueten Max Weber verdan-
ken, der zwischen 1908 und 1912 in dieser Sache eng mit dem Verein für Socialpolitik zu-
sammengearbeitet hatte (vgl. die einschlägigen Texte in: M. Weber: Zur Psychophysik der
industriellen Arbeit. Schriften und Reden 1908-1912, MWG I/n).
549 Vgl. G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte, auf Grund des aufbe-
haltenen handschriftlichen Materials neu hg. von G. Lasson, 4 Bde., Leipzig 1917-1920;
F. W. J. Schelling: Die Weltalter. Fragmente, in den Urfassungen von 1811 und 1813 hg. von
M. Schröter, München 1946; O. Spengler: Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Mor-
phologie der Weltgeschichte, Bd. 1: Gestalt und Wirklichkeit, Wien, Leipzig 1918, Bd. 2: Welt-
historische Perspektiven, München 1922.
550 Vgl. I. Kant: »Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht«, AA 8,
15-31, hier: 27.
551 Goethe äußerte am 6. März 1828 gegenüber Friedrich von Müller: »>Ich bin nicht so alt ge-
worden, um mich um die Weltgeschichte zu kümmern, die das absurdeste ist, was es giebt;
ob dieser oder jener stirbt, dieses oder jenes Volk untergeht, ist mir einerley, ich wäre ein
Thor, mich darum zu kümmern.<« (Kanzler von Müller: Unterhaltungen mit Goethe, kritische
Ausgabe, besorgt von E. Grumach, Weimar 1956,173)
552 Schopenhauer hält jede Rede vom Sinn der Geschichte für eine Lüge. Wer die Geschichte
vorurteilslos betrachte, gelange zu der »Einsicht«, dass sie »nicht nur in der Ausführung,
sondern schon in ihrem Wesen lügenhaft ist, indem sie, von lauter Individuen und ein-
zelnen Vorgängen redend, vorgiebt, alle Mal etwas Anderes zu erzählen; während sie, vom
Anfang bis zum Ende, stets nur das Selbe wiederholt, unter andern Namen und in anderm