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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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Karl Jaspers - Piper Verlag (1962)

250 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper
Basel, den 2. Januar 1962
Lieber Herr Piper!
Zunächst danke ich Ihnen herzlich für das fast zur Gewohnheit gewordene grosse
Büchergeschenk zu Weihnachten. Die Bücher nahmen auf unserem Weihnachts-
tisch einen hervorragenden Platz ein. Sagen kann ich nicht viel, da ich aus Zeitman-
gel über oberflächliche Einblicke nicht hinausgekommen bin. Das Buch von Salter
interessiert mich lebhaft.1318 Der neue Unesco-Band (Aethiopien) ist wieder hervor-
ragend ausgeführt und gegenständlich interessant, wenn er auch nicht hohe Kunst,
sondern nur eigentümlich berührende Abseitigkeit vor Augen bringt.1319 Sehe ich die
Reihe der Unesco-Bände, so denke ich, dass die wunderliche geistige Weltdemokra-
tie, die mit politischer Demokratie nichts zu tun hat, in ihnen zum Ausdruck kommt.
Zunächst brachten die Bände Aegypten und Indien noch Kunst ersten Ranges,1320
jetzt mehren sich diese andern Bände. Es scheint fast wie mit der geplanten Unesco-
Weltgeschichte, von der man lange nichts mehr gehört hat. Die Verfasser waren zu
90% unbekannte Namen aus dem gesamten Umfang des Globus.1321
Vielen Dank auch für die Zeitung über Longden's Österreich-Plan für Ostdeutsch-
land.1322 Vorläufig und für lange Zeit sind freie Wahlen in Ostdeutschland natürlich
ausgeschlossen, aber es scheint auch heute nicht gleichgültig, die wahren Forderun-
gen herauszuheben und auf absolut irreale, den Menschen, äusser Deutschen, nicht
einleuchtende Forderungen zu verzichten. Man sollte, wie mir scheint, auch jetzt,
wenn Verhandlungen beginnen, solche und andere Forderungen in der Welt laut wer-
den lassen, auch wenn sie keineswegs bewilligta werden. Zum Beispiel das Recht der
Menschen der Ostzone zur Auswanderung auf Grund von Menschenrecht und Völ-
kerrecht, wenigstens für eine vielleicht auf einige Jahre begrenzte Zeit. Dieses Recht
hatten in allen Staaten, die einst nach dem Prinzip: cuius regio eius religio1323 regiert
wurden, die Menschen, die der auszurottenden Religion angehörten: in Frankreich, in
Österreich u.s.w. Nur spezifisch deutsche Forderungen auf Grund des ein für allemal
verlorenen Reiches halte ich für verhängnisvoll: Ansprüche auf Territorien jenseits

a bewilligt hs. Vdg. für gebilligt
 
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