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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0012
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Zu den Quellen der Chronik des Johannes Malalas

II

Wilhelm von Christ, beschränkte sich in seiner Untersuchung auf die ersten vierzehn
Bücher der Malalas-Chronik, da er am Ende des vierzehnten Buches eine Zäsur in
der Art der Quellennutzung und -Beschaffung ansetzte.13 Tatsächlich sind in den ersten
vierzehn Büchern der Chronik die Quellenzitate bzw. -erwähnungen am zahlreichsten,
während sie in den späteren Büchern sowohl an Zahl als auch an Relevanz abnehmen.14
In seiner Arbeit bediente sich Bourier altvertrauter Mittel der Quellenkritik, d.h. zum
einen der Zerlegung des zu untersuchenden Werkes in mehrere, sich voneinander nach
Meinung des Forschers unterscheidende Teile15 (für Bourier sind die Unterscheidungs-
kriterien grundsätzlich die behandelte Zeit und die inhaltlichen Schwerpunktsetzun-
gen); zum anderen der Rückführung der so identifizierten Partien auf die Werke älte-
rer Schriftsteller, die entweder erhalten sind und tatsächlich dieselben (oder nur leicht
veränderte) Textteile aufweisen (in diesem Fall gilt das Vorlage-Kopie-Verhältnis als
erfolgreich bewiesen)16 oder verloren sind, doch aus indirekten Zitaten o.ä. sich soweit
rekonstruieren lassen, dass ihnen bestimmte Untersektionen der quellenkritisch unter-
suchten Schrift glaubwürdig ,zugemutet‘ werden können. Bourier schlug notwendiger-
weise diesen zweiten Weg ein, weil die von ihm für die Malalas-Chronik postulierten
Vorlagen allesamt verloren, z.T außerhalb der Zitate im Malalas-Text gar unbekannt
sind - ein Umstand, der die Beweisbarkeit seiner Thesen naturgemäß erschwert.17 Bon-
ners Rekonstruktion zufolge basiert die Malalas-Chronik auf der Kombination von vier
verschiedenen Hauptquellen:18 (a) die Schrift eines Domninos (Δομνΐνος ό σοφός
bzw. σοφώτατος χρονογράφος), die von Malalas zehnmal (inkl. der Nennung in der
Praefatio) namentlich angeführt wird, und auffällig oft für antiochenische Ereignisse:19
Dieses Werk soll Malalas’ Quelle u.a. für viele der zahlreichen Antiochia-Episoden in
der Chronik zumindest bis zur Herrschaft Diokletians gewesen sein; (b) die Chronik
eines Nestorianos (Νεστοριανός ό σοφώτατος χρονογράφος), welcher von Ma-
die Quellenfrage ausgerichtet ist, sondern lediglich alle Eigennamen der von Malalas erwähnten
schriftstellerisch tätigen Personen umfasst. Die beiden Kategorien fallen nicht unbedingt zusammen,
wie unten in Abschnitt 1.2 noch zu zeigen sein wird.
13 Siehe zu den Gründen dieser Einschränkung Bourier (1899), S. 8 Anm. 1. Dass ein solches Vorgehen
nicht fehlerfrei ist - weil es entscheidendes, potentiell widersprüchliches Material, das in den nicht
analysierten Büchern doch vorhanden ist, übersieht - merkt Roger Scott in seinem Beitrag in diesem
Band an.
14 Zur abnehmenden Dichte der Quellenreferenzen in der Chronik nach Buch XIV siehe auch Jeffreys
(1990), S. 169.
15 Grundlegend für die Methode der Quellenforschung ist nämlich die Überzeugung, dass diese
Unterschiede auf eine ebenfalls unterschiedliche externe Herkunft der betreffenden Teile hinweisen
und nicht intern motiviert sein können: siehe Ljubarskij (1998), S. 9-10.
16 Zumindest in den Augen jener Quellenforscher, die alternative Erklärungen für diese Übereinstim-
mungen wie den reinen Zufall oder eine gemeinsame Drittquelle ausschließen.
17 Vgf Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 510, der eben aus diesem Grund Bouriers Rekonstruktionen
als vordergründig zum Scheitern verurteilt sah; zu Schenk Graf von Stauffenbergs eigener Position in
der Quellendebatte siehe gleich unten im Fließtext.
18 Siehe die Zusammenfassung von Bourier (1900), S. 57 und dazu Jeffreys (1990), S. 167,197-199; Jeffreys
(2003), S. 519-520.
19 Eine genaue Übersicht über die Domninos-Erwähnungen, mit Inhalten und Stellenangaben, ist jetzt
leicht zugänglich in dem Beitrag von Laura Mecella in diesem Band; siehe auch Jeffreys (1990), S. 178-179.
 
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