Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege
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Nur für den Beginn des jahrhundertelangen Konfliktes zwischen Römern und
Parthern haben wir Nachricht von einem Versuch der ständigen Eroberung ganz Sy-
riens seitens der Parther, der in den Quellen als der einzige ausgewiesen wird. Be-
kanntlich gehen die ersten diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden imperia
summa auf das Jahr 92 v.Chr. zurück, als Sulla, damaliger Statthalter von Kilikien,
einen Gesandten des Königs Mithridates II. traf und de facto einen Nichtangriffs-
pakt schloss; ab diesem Datum war die Situation bis zur verheerenden Niederlage
des Crassus im Jahr 53 v. Chr. von wenigen Auseinandersetzungen abgesehen stabil.40
Die Parther versuchten sofort, den Sieg auszunutzen, und bereits 52 v.Chr. be-
schloss der Großkönig, eine stattliche Armee unter der Führung seines erstgeborenen
Sohnes Pakoros nach Syrien zu senden. Dabei konnten die Eindringlinge aber keine
größeren Ergebnisse erzielen. Ein neuerlicher Angriff im September 51 v. Chr. drängte
die Parther bis in die Nähe von Antiochia, wo Cassius mit seinen Truppen lagerte,
aber die Stadt wurde nicht eingenommen; und auch ein dritter Feldzug in Syrien
im Juni 50 v. Chr. wurde rasch von den Römern gestoppt.41 Die Offensive wurde erst
40 v.Chr. im großen Stil wieder aufgenommen, diesmal, zumindest anfänglich, mit
weit größerem Erfolg: Die Tradition schreibt die Verantwortung für den Angriff dem
Druck des Überläufers Labienus zu, der, von Brutus und Cassius als Botschafter ent-
sandt, hinterrücks zum Feind übergelaufen war. Die Quellen geben die Ereignisse
recht oberflächlich wieder: Nach der Besetzung Syriens, wo Pakoros vorerst verblieb,
teilten sich die Eindringlinge in zwei Gruppen: Die Truppen in Gefolgschaft des
bereits erwähnten Βα(ρ)ζαφράνης und eines Mundschenkes, der denselben Namen
trug wie der Prinz, zogen nach Judäa (wo die Parther den Prätendenten Antigonos ge-
gen Hyrkanos unterstützten), Labienus und seine Männer nach Kleinasien. Für einen
Moment fielen fast alle römischen Besitzungen in Asien entweder in die Hände der
Parther oder wurden von diesen ernsthaft bedroht. Erst durch den überwältigenden
Sieg in Gindaros im Jahr 38 v.Chr. konnte die Sache zugunsten Roms entschieden
werden. Nachdem Ventidius im Jahr zuvor einen Teil der parthischen Armee und
die Milizen unter Labienus besiegt hatte, zogen sich die Parther vorübergehend zu-
rück, um jedoch bereits im darauffolgenden Jahr nach Syrien zurückzukehren: Die
entscheidende Schlacht fand in der Kyrrhestike (im Nordteil der Region) statt, und
markierte die endgültige Niederlage der restlichen parthischen Truppen gegen das
Heer des Ventidius; unter den Gefallenen befand sich Pakoros selbst, der durch seinen
siehe Downey (1961), S. 225-227; Debevoise (19692), S. 245-254; Ziegler (1964), S. 113; Millar (1993),
S. ni-114; Birley (2000), S. 121-126,128-130; Lerouge (2007), S. 152; Brizzi (2016), S. 762-763.
40 Überblick über diese Ereignisse (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) in Debevoise (19692), S. 46-48,
70-95; Ziegler (1964), S. 20-34; Lerouge (2007), S. 43-81. Für die Definition der beiden Mächte als im-
peria summa siehe Plinius, Naturalis Historia V 88.
41 Siehe Cicero, Epistulae ad familiäres VIII 5,1; Cassius Dio, Historiae Romanae XL 28-29; Appianus,
Bella civilia V 41. Nach Meinung der Mehrheit der Forscher hätten diese ersten Überraschungsangriffe
nicht die Besetzung des Gebietes, sondern nur Raubüberfälle zum Ziel gehabt: siehe inter aliis Downey
(1961), S. 150-151; Debevoise (19692), S. 96-104; Ziegler (1964), S. 34; Frye (1984), S. 233. Contra Lerouge
(2007), S. 83-85, die die Parther bereits in dieser Phase für eine weit größere Gefahr für die östlichen
Provinzen hält.
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Nur für den Beginn des jahrhundertelangen Konfliktes zwischen Römern und
Parthern haben wir Nachricht von einem Versuch der ständigen Eroberung ganz Sy-
riens seitens der Parther, der in den Quellen als der einzige ausgewiesen wird. Be-
kanntlich gehen die ersten diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden imperia
summa auf das Jahr 92 v.Chr. zurück, als Sulla, damaliger Statthalter von Kilikien,
einen Gesandten des Königs Mithridates II. traf und de facto einen Nichtangriffs-
pakt schloss; ab diesem Datum war die Situation bis zur verheerenden Niederlage
des Crassus im Jahr 53 v. Chr. von wenigen Auseinandersetzungen abgesehen stabil.40
Die Parther versuchten sofort, den Sieg auszunutzen, und bereits 52 v.Chr. be-
schloss der Großkönig, eine stattliche Armee unter der Führung seines erstgeborenen
Sohnes Pakoros nach Syrien zu senden. Dabei konnten die Eindringlinge aber keine
größeren Ergebnisse erzielen. Ein neuerlicher Angriff im September 51 v. Chr. drängte
die Parther bis in die Nähe von Antiochia, wo Cassius mit seinen Truppen lagerte,
aber die Stadt wurde nicht eingenommen; und auch ein dritter Feldzug in Syrien
im Juni 50 v. Chr. wurde rasch von den Römern gestoppt.41 Die Offensive wurde erst
40 v.Chr. im großen Stil wieder aufgenommen, diesmal, zumindest anfänglich, mit
weit größerem Erfolg: Die Tradition schreibt die Verantwortung für den Angriff dem
Druck des Überläufers Labienus zu, der, von Brutus und Cassius als Botschafter ent-
sandt, hinterrücks zum Feind übergelaufen war. Die Quellen geben die Ereignisse
recht oberflächlich wieder: Nach der Besetzung Syriens, wo Pakoros vorerst verblieb,
teilten sich die Eindringlinge in zwei Gruppen: Die Truppen in Gefolgschaft des
bereits erwähnten Βα(ρ)ζαφράνης und eines Mundschenkes, der denselben Namen
trug wie der Prinz, zogen nach Judäa (wo die Parther den Prätendenten Antigonos ge-
gen Hyrkanos unterstützten), Labienus und seine Männer nach Kleinasien. Für einen
Moment fielen fast alle römischen Besitzungen in Asien entweder in die Hände der
Parther oder wurden von diesen ernsthaft bedroht. Erst durch den überwältigenden
Sieg in Gindaros im Jahr 38 v.Chr. konnte die Sache zugunsten Roms entschieden
werden. Nachdem Ventidius im Jahr zuvor einen Teil der parthischen Armee und
die Milizen unter Labienus besiegt hatte, zogen sich die Parther vorübergehend zu-
rück, um jedoch bereits im darauffolgenden Jahr nach Syrien zurückzukehren: Die
entscheidende Schlacht fand in der Kyrrhestike (im Nordteil der Region) statt, und
markierte die endgültige Niederlage der restlichen parthischen Truppen gegen das
Heer des Ventidius; unter den Gefallenen befand sich Pakoros selbst, der durch seinen
siehe Downey (1961), S. 225-227; Debevoise (19692), S. 245-254; Ziegler (1964), S. 113; Millar (1993),
S. ni-114; Birley (2000), S. 121-126,128-130; Lerouge (2007), S. 152; Brizzi (2016), S. 762-763.
40 Überblick über diese Ereignisse (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) in Debevoise (19692), S. 46-48,
70-95; Ziegler (1964), S. 20-34; Lerouge (2007), S. 43-81. Für die Definition der beiden Mächte als im-
peria summa siehe Plinius, Naturalis Historia V 88.
41 Siehe Cicero, Epistulae ad familiäres VIII 5,1; Cassius Dio, Historiae Romanae XL 28-29; Appianus,
Bella civilia V 41. Nach Meinung der Mehrheit der Forscher hätten diese ersten Überraschungsangriffe
nicht die Besetzung des Gebietes, sondern nur Raubüberfälle zum Ziel gehabt: siehe inter aliis Downey
(1961), S. 150-151; Debevoise (19692), S. 96-104; Ziegler (1964), S. 34; Frye (1984), S. 233. Contra Lerouge
(2007), S. 83-85, die die Parther bereits in dieser Phase für eine weit größere Gefahr für die östlichen
Provinzen hält.