Metadaten

Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

DOI Kapitel:
III. Ausformungen kirchlicher memoria
DOI Kapitel:
Watta, Sebastian: Materielle Erinnerung: Formen der memoria in den kirchlichen Mosaikpavimenten des Nahen Ostens
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0156
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Materielle Erinnerung. Formen der memoria in den kirchlichen Mosaikpavimenten

155

eignisse assoziierte, die die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf sich zogen und diese
zu weiteren Ausgestaltungen und einer architektonischen Überhöhung veranlassten.
Die Ereignisse, von denen die Evangelien erzählten, wurden von den Gläubigen mit
diesen Orten verbunden, indem sie vor Ort das Vergangene erinnerten und auch
liturgisch nachvollzogen, etwa durch Gebet und Lesungen, ferner auch durch die Pre-
digt des Klerus.8 Hierbei wurde, so wird besonders aus den Berichten der Pilger in
der Spätantike klar, der Charakter des Ortes als heilig durch diese in den biblischen
Texten beschriebenen Ereignisse und damit durch die Vergangenheit der Orte selbst
bedingt.9 Doch inwiefern wurde diese Tradition in den Ausstattungen der Kirchen
umgesetzt?
Bereits in der Spätantike wurde der Ort Heptapegon („Gebiet der sieben Quel-
len“) am nordwestlichen Ufer des See Genezareth, heute En Sheva/Et-Tabgha, mit
dem in den Evangelien berichteten Speisewunder Jesu, bei dem er Brot und Fische
vermehrte (Mt 14,13-21; Mk 6,34-44; Lk 9,11-17; Joh 6,1-14), verbunden.10 Erstmalig
erfahren wir von einem Besuch Heptapegons durch die weitgereiste Pilgerin Egeria
im ausgehenden 4. Jh., überliefert durch Petrus Diaconus. Sie berichtet, dass bereits zu
ihrer Zeit am Ort ein Sakralbau existierte, dessen Altar man aus jenem Stein errichtet
habe, auf dem Jesus der Tradition nach das Brot und die Fische ablegte:
j. Ibidem vero super mare est campus erbosus, habens fenum satis et arbores palmarum
multas et iusta eas septem fontes, qui singuli infinitam aquam emittunt, in quo campo
Dominus de quinque panibus et duobuspiscibuspopulum saciavit. Sane lapis, super quem
Dominus panem posuit, nunc estfactum altarium, de quo lapidefrustra tollunt venientes
pro salute sibi et prodest omnibus. Iusta cuius ecclesie parietes via publica transit, ubi
Matheus apostolus theloneum habuit.
3. Dort liegt oberhalb des Meeres eine Wiese mit viel Gras und vielen Palmen und
nahe dabei sieben Quellen, von denen jede einzelne ununterbrochen fließt. Auf
dieser Wiese sättigte der Herr das Volk mit fünf Broten und zwei Fischen (vgl.
Mk 6,32-44 par; 8,1-10 par; Joh 6,1-15). Und in der Tat, der Stein, auf den der Herr
das Brot legte, ist nun zum Altar gemacht worden. Von dem Stein nehmen die,
die kommen, kleine Stücke für ihr Heil; und es nutzt allen. Nahe bei den Mauern
dieser Kirche führt die öffentliche Straße vorbei, wo der Apostel Matthäus seine
Zollstation hatte.11

8 Markus (1994), S. 265-266; MacCormack (1990), S. 17-20.

9 MacCormack (1990), S. 20-29; Markus (1994), passim, bes. S. 257; Yasin (2009), S. 24; Czock (2012),
S. 27-50.

10 Schneider (1934), S. 40-50; Avi-Yonah/Negev (1993). Bereits Hieronymus erwähnt den Ort der Brot-
vermehrung in seinem 108. Brief: in qua multa populorum milia paucis saturata suntpanibus', Hieronymus,
Epistulae 108, S. 323. Erwähnung findet er zudem in mehreren Pilgerberichten der Spätantike und des
Frühmittelalters: Bericht der Egeria, 4. Jh. (Egeria, Itinerarium V 3, S. 99), im Zusammenhang mit der
Pilgerreise des hl. Sabas, 5-/6. Jh. (Cyrillus, Vita Sabae 24, S. 108), im Reisebericht des Theodosius, um
530 (Theodosius, de situ terrae sanctae 2, S. 138), im auch unter dem Verfassernamen des Antoninus
überlieferten Bericht des anonymen Pilgers aus Piacenza, um 570 (Antonini Piacentini, Itinerarium 9,
S. 133) sowie in der Reisebeschreibung des gallischen Bischofs Arculf, 7. Jh. (Adamnanus, de Locis sanctis
II 24, S. 218).

ii Egeria, Itinerarium V 3, S. 99, Übersetzung Röwekamp (1995), S. 337,339.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften