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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Editor]; Gengler, Olivier [Editor]; Meier, Mischa [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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VI. Die Chronik als Memorialgattung
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Scardino, Carlo: Historische und Theologische Diskurse in den Lateinischen Chroniken des 5. und 6. Jh. n. Chr.
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0271
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Carlo Scardino

die wohl an dieser Stelle die Vorlage war, dasselbe emphatischer ausgedrückt wird:
„Nachdem die britischen Provinzen bis zu diesem Zeitpunkt durch verschiedene Nie-
derlagen und Katastrophen zugrunde gerichtet worden waren, wurden sie unter die
Gewalt der Sachsen gebracht“ (Britanniae usque ad hoc tempus variis cladibus eventi-
busque laceratae in dicionem Saxonum rediguntur c. 126).
Auch Hydatius erwähnt die Einfälle der Barbaren, die besonders Spanien hart
getroffen haben. Diese erscheinen aber neben anderen Naturkatastrophen und Plagen.
Hydatius zitiert in seinem Vorwort im Zusammenhang mit seiner Klage über die von
Häresien im Innern und von Einfällen und Landnahme der Barbaren geprägten Zeit-
umstände Hieronymus’ Formel: „Aber da die Barbaren schon auf römischem Boden
wüten, ist alles ungewiss“ (sed quoniam dibacchantibus adhuc in terra nostra barbaris in-
certa sunt omnia 5F Helm), in leicht veränderter Form: „Da die Barbaren schon auf rö-
mischem Boden wüten, befindet sich alles in Verwirrung und Chaos“ (debacchantibus
iam in Romano solo barbaris omnia habent permixta atque confusa § 4). Diese ein zweites
Mal wiederaufnehmend {debacchantibus per Hispanias barbaris ... c. 48), schildert er
die Lage in seiner von verschiedenen Plagen und Seuchen betroffenen Heimat. Wo
Barbaren handelnde Subjekte sind, werden sie ebenso mit all den negativen Stereo-
typen versehen, die wie die Hinterlist, Verlogenheit oder sinnlose Grausamkeit und
Verwüstungen seit jeher für diese typisch sind: So werden etwa die Goten bei ihrem
Einfall als treulos und hinterhältig beschrieben (c. 186): sie täuschen den Frieden nur
vor; ihre Zerstörungswut schont weder Menschen noch Kirchen, wie Hydatius ein-
drucksvoll und emphatisch in der nach dem Gesetz der wachsenden Glieder und dank
der asyndetischen Reihung prägnant gebildeten Periode aussagt.24
Im gleichen Kapitel wird die Tatsache, dass eine Festung in Asturien von den
Barbaren nicht erobert werden konnte, Gottes Hilfe zugeschrieben {unum Coviacense
castrum ... auxilio Dei, hostibus et obsistit et praevalei). Indessen werden die Barbaren
für Vergehen gegen Heiligtümer von Gott bestraft, was auch schon ein pattem der
klassischen Geschichtsschreibung25 ist: So wurde etwa „nach der Eroberung Sevil-
las der Vandalenkönig Gunderich, weil er in gottlosem Übermut seine Hände gegen
die Kirche dieser Stadt ausgestreckt hatte, von einem Dämon gepackt und kam ums
Leben“ (Gundericus, rex Vandalorum, capta Hispali, cum impie elatus manus in ecclesiam
civitatis ipsius extendisset, mox dei iudicio daemone correptus interiit c. 89). Ebenso ist es
Gottes Gnade zu verdanken, wenn mit den Barbaren ein friedliches Einvernehmen
vereinbart werden kann (parbari adpacem ineundam, domino miserante conversi c. 49).
Sogar der Sieg über Attila, den auch andere Quellen schildern, wird (wohl wegen des
Vertragsbruchs der Hunnen) göttlicher Hilfe zugeschrieben, während die Rolle des
Aëtius und des Gotenkönigs Theoderich von untergeordneter Bedeutung ist: „Nach
dem Bruch des Friedens plünderte das Volk der Hunnen die Provinzen Galliens. Sehr

24 Hydatius, Chronicon c. 186 nec mora promiscui generis reperta illic caeditur multitudo, sanctae effringuntur
ecclesiae, altaribus direptis et demolitis sacer omnibus ornatus et usus aufertur, duo illic episcopi inventi cum
omni clero abducuntur in captivitatem, invalidior promiscui sexus agitur miseranda captivitas; residuis et
vacuis civitatis domibus datis incendio, camporum loca vastantur.

25 Vgh Herodot beim persischen Überfall gegen Delphi VIII 35-39·
 
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