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Bandini, Ditte [Hrsg.]; Hinüber, Oskar von [Hrsg.]; Dickoré, Wolf Bernhard [Hrsg.]
Die Felsbildstationen Shing Nala und Gichi Nala — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 4: Mainz, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.37089#0087
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Gichi Nala

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zur Zeit, als die Ritzungen angebracht wurden, etwa 4 m höher, wie deutlich an dem stark abgeriebenen unteren
Bereich zu sehen ist. Die Gravuren sind heute daher teilweise nur schwer zu erreichen. Wie ein Durchgang unter
dem Karakorum Highway zeigt, fließt hier offenbar in der Regenzeit immer noch eine große Menge Wasser ab,
das Sand und Geröll mitführt und daher das Bodenniveau auf die Dauer weiter senken dürfte.
Die Steine - flußabwärts gesehen - rechts des Karakorum Highways (der in diesem Abschnitt den alten Weg zu
schneiden scheint), sind ebenfalls im unteren Bereich stark abgerieben. Auch sie lagen früher also tiefer im Sedi-
ment verborgen, als dies heute der Fall ist. Es handelt sich um ein regelrechtes Felsenmeer, das sich aus einzelnen
Steinen und Felsrippen zusammensetzt. Die Oberfläche ist dort, wo sie noch intakt ist, im wesentlichen dunkel-
braun patiniert. Wie überall sind auch hier Abplatzungen der Steinoberfläche zu vermerken, doch erheblich weni-
ger als etwa in Shing Nala. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte der Umstand sein, daß das Gelände am Südufer
des Indus am Nachmittag bereits im Schatten liegt und die Steine daher nicht so stark erhitzt werden. Zwischen
den Steinen ist Sand eingeweht, der sich im hinteren zum Indus abfallenden Bereich zu regelrechten Dünen auf-
türmt. Auffällig sind die sehr zahlreichen großen und kleinen Gletschermühlen.
Obgleich sich das gesamte Gelände rechts des Karakorum Highways für Felsbilder eignen würde, wurde hier -
abgesehen von den am alten Weg angebrachten - nur eine einzige Gravur registriert. Sie ist das älteste Felsbild der
ganzen Station. Es ist nicht auszuschließen, daß trotz intensiver Suche in der Umgebung doch noch weitere ver-
gleichbar alte Ritzungen vorhanden sind. Doch würde dies an der Beobachtung nichts ändern, daß im wesentlichen
nur die Steine ‘beschrieben’ wurden, die in der Nähe des alten Weges liegen. Auffällig ist, daß sich direkt am Ka-
rakorum Highway verhältnismäßig dicht beieinander ebenfalls prähistorische Felsbilder finden, in der Hauptsache
Hand- und Fußabdrücke, aber auch einige Riesen.
Laut Auskunft eines Einheimischen führt am westlichen Ende der Station linkerhand ein Weg, der von Jägern
benutzt wird, in die Berge hinauf. Auch kämen hier und im Nala selbst immer noch Markhore zum Trinken an den
Indus und könnten daher gut gejagt werden. Die Jagdgründe hier in den Bergen sollen gut sein,322 obgleich die
Hänge nicht übermäßig stark bewaldet zu sein scheinen.323 Teilweise zieht sich die Bergflanke steil nach oben,
weshalb auch die Gefahr von Erdrutschen hier sehr groß ist.
Das gegenüberliegende, nördliche Indusufer ist sehr breit und stellt eine regelrechte Steinwüste dar. Ein von den
Bergen herabführender Nala ist sichtbar, der in den heißen Monaten aber kein Wasser führt. Es ist am Nordufer
auch keine Siedlung auszumachen. Zu sehen waren lediglich Goldwäscher mit ihren Zelten. Von Zeit zu Zeit halten
sich Goldwäscher auch am Ostende von Gichi Nala auf, wo der Zugang zum Indus leicht möglich ist.324 Der Fluß
ist nach Auskunft Einheimischer im gesamten Bereich der Felsbildstation zum Übersetzen mit Flößen nicht geeig-
net. Auch auf einer britischen Karte ist erst weiter flußabwärts, bei Hodar, eine Fährstelle eingezeichnet.32" Damit
ist wahrscheinlich auszuschließen, daß sich hier Reisende aufhielten, die auf ein Sinken des Wasserniveaus gewar-
tet und sich die Zeit damit verkürzt hätten, Felsbilder anzufertigen. In Gichi und Umgebung verhindert die Breite
des Indus auch den Bau einer Brücke.326 Die nächsten Brücken finden sich flußabwärts erst bei Hodar, flußauf-
wärts bei Chilas.
Die Ost-West-Ausdehnung der Felsbildstation Gichi Nala beträgt etwa 3,6 km, die Nord-Süd-Ausdehnung an der
breitesten Stelle im östlichen Zentrum 300 m.
Eine einzige Gravur in Gichi ist mit dem Meißel eingepickt worden. Alle übrigen Felsbilder und Inschriften wur-
den dagegen offensichtlich mit Steinen angefertigt.327

322 Nach Auskunft Einheimischer wird der Gichi Nala gern zur Steinhuhn-Jagd aufgesucht.
323 Ein einheimischer Führer berichtete im Oktober 1999, erst vor wenigen Tagen sei hier ein Markhor mit sehr großen Hörnern
erlegt worden. Und bei DAN1 (1989: 27) heißt es, “Gichi nala, leading up to a forested hilly Zone”.
324 M. Bemmann, mündliche Auskunft.
325 Kashmlr and Jammu N.W. Frontier Province, No 43 I, 1 inch to 4 miles.
326 Auch auf den genannten Karten ist keine Brücke verzeichnet.
327 Hierzu vgl. oben S. 10.
 
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