22 Versuch einer Selbstkritik
14, 27-28 seine Mitschwärmer zu suchen und sie auf neue Schleichwege und
Tanzplätze zu locken.] Anspielung auf das Treiben des Dionysos, der als Gott
der Ekstase, des (Aus-)„Schwärmens“ in die freie Natur, und als Gott des Tan-
zes seine Begleitschar: die Mänaden, Satyrn und Silene mit sich fortreißt.
14, 30 der Jünger eines noch „unbekannten Gottes“] Der noch unbekannte Gott
ist Dionysos, der in N.s ,Erfindung4 des ,Dionysischen4 eine zentrale Rolle
spielt. Später erhebt er ihn gegen die lebensfeindliche Jenseits-Moral des Chris-
tentums zum Inbegriff diesseitiger Lebensbejahung. Diesen Ablösungsprozess
markiert N. hier mit einer Bibel-Kontrafaktur, die von der Apostelgeschichte 17,
22 f. ausgeht: „Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: ,Ihr
Männer von Athen, ich sehe, daß ihr die Götter in jeder Weise besonders eifrig
verehrt. Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und
fand einen Altar mit der Aufschrift: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige
ich euch diesen Gott444 .
14, 31 unter die Kapuze des Gelehrten] Anspielung auf das mittelalterliche
Gelehrtenwesen, das vor allem Sache der Geistlichen, insbesondere der Mön-
che war. Sie trugen Kutten mit Kapuzen. Für N. ist dies eine Vermummung.
14, 32-15, 1 die schlechten Manieren des Wagnerianers] In seinen späten
Schriften spricht N. immer wieder verächtlich von den „Wagnerianern44. Am
schärfsten attackiert er diese samt dem Bayreuther „Theater“ in der Schrift
Nietzsche contra Wagner (KSA 6, 419 f. - eine Bearbeitung von FW 368).
15, 20 f. der Eingeweihte und Jünger seines Gottes.] Anspielung auf die beim
dionysischen Mysterienkult vollzogenen Einweihungsrituale.
15, 26-29 jene Frage, ob wirklich sein immer stärkeres Verlangen nach
Schönheit, nach Festen, Lustbarkeiten [...] aus Schmerz erwachsen ist?] In
der Vorfassung des Versuchs einer Selbstkritik heißt es: „ob sein Verlangen
nach Schönheit aus einem Verlangen nach Selbstbetrug im Schein, aus
Widerwillen gegen die ,Wahrheit4 und ,Wirklichkeit4 erwachsen ist. Dies
glaubte ich damals; jetzt würde ich darin einen Ausdruck persönlicher
Romantik finden (- gemäß der ich freilich verurtheilt war, dem Zauber
des größten aller bisherigen Romantiker eine Zeitlang zu unterliegen -)“
(KSA 14, 43 f.).
15, 28 neuen Culten] Während des Peloponnesischen Krieges wurde Athen
plötzlich von fremden, orgiastischen Kulten überschwemmt. Dazu gehörten der
Kult der phrygischen „Großen Mutter“: der Kybele, die Riten der asiatischen
„sterbenden und auferstehenden“ Götter Attis und Adonis, vor allem aber der
Kult des Sabazios, eines dem Dionysos verwandten Gottes des Rauschs und
der Ekstase, der aus dem thrakisch-phrygischen Raum stammt. „Reisende
14, 27-28 seine Mitschwärmer zu suchen und sie auf neue Schleichwege und
Tanzplätze zu locken.] Anspielung auf das Treiben des Dionysos, der als Gott
der Ekstase, des (Aus-)„Schwärmens“ in die freie Natur, und als Gott des Tan-
zes seine Begleitschar: die Mänaden, Satyrn und Silene mit sich fortreißt.
14, 30 der Jünger eines noch „unbekannten Gottes“] Der noch unbekannte Gott
ist Dionysos, der in N.s ,Erfindung4 des ,Dionysischen4 eine zentrale Rolle
spielt. Später erhebt er ihn gegen die lebensfeindliche Jenseits-Moral des Chris-
tentums zum Inbegriff diesseitiger Lebensbejahung. Diesen Ablösungsprozess
markiert N. hier mit einer Bibel-Kontrafaktur, die von der Apostelgeschichte 17,
22 f. ausgeht: „Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: ,Ihr
Männer von Athen, ich sehe, daß ihr die Götter in jeder Weise besonders eifrig
verehrt. Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und
fand einen Altar mit der Aufschrift: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige
ich euch diesen Gott444 .
14, 31 unter die Kapuze des Gelehrten] Anspielung auf das mittelalterliche
Gelehrtenwesen, das vor allem Sache der Geistlichen, insbesondere der Mön-
che war. Sie trugen Kutten mit Kapuzen. Für N. ist dies eine Vermummung.
14, 32-15, 1 die schlechten Manieren des Wagnerianers] In seinen späten
Schriften spricht N. immer wieder verächtlich von den „Wagnerianern44. Am
schärfsten attackiert er diese samt dem Bayreuther „Theater“ in der Schrift
Nietzsche contra Wagner (KSA 6, 419 f. - eine Bearbeitung von FW 368).
15, 20 f. der Eingeweihte und Jünger seines Gottes.] Anspielung auf die beim
dionysischen Mysterienkult vollzogenen Einweihungsrituale.
15, 26-29 jene Frage, ob wirklich sein immer stärkeres Verlangen nach
Schönheit, nach Festen, Lustbarkeiten [...] aus Schmerz erwachsen ist?] In
der Vorfassung des Versuchs einer Selbstkritik heißt es: „ob sein Verlangen
nach Schönheit aus einem Verlangen nach Selbstbetrug im Schein, aus
Widerwillen gegen die ,Wahrheit4 und ,Wirklichkeit4 erwachsen ist. Dies
glaubte ich damals; jetzt würde ich darin einen Ausdruck persönlicher
Romantik finden (- gemäß der ich freilich verurtheilt war, dem Zauber
des größten aller bisherigen Romantiker eine Zeitlang zu unterliegen -)“
(KSA 14, 43 f.).
15, 28 neuen Culten] Während des Peloponnesischen Krieges wurde Athen
plötzlich von fremden, orgiastischen Kulten überschwemmt. Dazu gehörten der
Kult der phrygischen „Großen Mutter“: der Kybele, die Riten der asiatischen
„sterbenden und auferstehenden“ Götter Attis und Adonis, vor allem aber der
Kult des Sabazios, eines dem Dionysos verwandten Gottes des Rauschs und
der Ekstase, der aus dem thrakisch-phrygischen Raum stammt. „Reisende