Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
108 Die Geburt der Tragödie

logischen Wirkungen“ (KSA 14, 46). Dies ist eine schon in einem zentralen
poetologischen Text der Romantik formulierte Erkenntnis: in E.T.A. Hoffmanns
Geschichte vom Einsiedler Serapion (in den Serapionsbrüderri) und in dem
daran anknüpfenden Gespräch der Serapionsbrüder.
26, 33-27, 2 Schopenhauer bezeichnet geradezu die Gabe, dass Einem zu
Zeiten die Menschen und alle Dinge als blosse Phantome oder Traumbilder vor-
kommen, als das Kennzeichen philosophischer Befähigung.] In Schopenhauers
handschriftlichem Nachlaß. Abhandlungen, Anmerkungen, Aphorismen und
Fragmente, hg. von Julius Frauenstädt, Leipzig 1864, S. 295, heißt es: „Wem
nicht zu Zeiten die Menschen und alle Dinge wie blosse Phantome oder Schat-
tenbilder vorkommen, der hat keine Anlage zur Philosophie: denn Jenes ent-
steht aus dem Kontrast der einzelnen Dinge mit der Idee, deren Erscheinung
sie sind. Und die Idee ist nur für das gesteigerte Bewußtsein zugänglich“.
27, 26 f. Apollo, als der Gott aller bildnerischen Kräfte, ist zugleich der wahrsa-
gende Gott.] Daß Apollon der Gott aller bildnerischen Kräfte sei, entspricht
nicht der primären mythologischen Überlieferung. Es handelt sich um eine
Übertragung von der schönen Gestalt Apollons auf seine „Kräfte“. Seit Win-
ckelmanns poetisch begeisterter Beschreibung des Apollo vom Belvedere gilt
Apollon in besonderer Weise als Inbegriff männlicher Schönheit. Als wahrsa-
genden Gott, als „Seher“, bezeichnet sich Apollon selbst mit besonderem
Nachdruck in den Eumeniden des Aischylos, V. 614-618. Zahlreiche Kultstätten
Apollons waren mit Orakeln verbunden. Das berühmteste ist das delphische
Orakel.
27, TI f. Er, der seiner Wurzel nach der „Scheinende“, die Lichtgottheit ist] Die
„Wurzel“ liegt in einer im 19. Jahrhundert verbreiteten etymologischen Erklä-
rung: Den Beinamen „Phoibos“, den Homer dem Apollon gibt, deutete man
als „Licht“, speziell „Sonnenlicht“ (so auch das von N. benutzte große mytho-
logische Nachschlagewerk von Preller: Griechische Mythologie I, S. 152). Heute
gilt die Etymologie von „Phoibos“ als ungeklärt.
27, 31 f. das tiefe Bewusstsein von der in Schlaf und Traum heilenden und
helfenden Natur] Apollon ist auch ein Heilgott, wie sein Sohn Asklepios. Aus
der ihm bekannten Literatur mag sich N. an die Anfangsszene des von ihm oft
zitierten Faust II erinnert haben. In ihr erwacht Faust nach der Katastrophe,
in die der Faust I führte, zu einem neuen Dasein aus einem Heilschlaf, in dem
er die heilende Kraft der „Natur“ erfahren hat.
27, 33-28,1 das symbolische Analogon der wahrsagenden Fähigkeit und über-
haupt der Künste, durch die das Leben möglich und lebenswerth gemacht wird.]
Hier wird ein die Tragödienschrift bestimmendes Verfahren explizit deutlich:
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften