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184 Die Geburt der Tragödie

speare läßt seinen Hamlet wörtlich sich als „Hans den Träumer“ (John-a-
Dreams) bezichtigen, weil er so lange zögerte, den Mord an seinem Vater zu
rächen und, statt zu handeln, bisher nur Worte gemacht hat. In der von N.
benutzten Schlegel-Tieckschen Übersetzung lauten die Verse (aus Hamlets gro-
ßem Entscheidungsmonolog am Ende des zweiten Aufzugs):
„Und ich
Ein blöder schwachgemuter Schurke, schleiche
Wie Hans der Träumer, meiner Sache fremd
[...]
Daß ich, der Sohn von einem teuren Vater,
Der mir ermordet ward, von Höll und Himmel
Zur Rache angespornt, mit Worten nur
Wie eine Hure muß mein Herz entladen
Und mich aufs Fluchen legen wie ein Weibsbild,
Wie eine Küchenmagd!“
N. meint, es komme auf „Erkenntnis“ und „Wahrheit“ an. Shakespeare läßt
seinen Hamlet eine selbstkritische psychologische Diagnose formulieren. Er
spricht - Shakespeare greift hier den elisabethanischen Melancholie-Diskurs
auf - von seiner „Schwachheit und Melancholie“, die ihn bisher am Handeln
gehindert habe, die er aber nun überwinden will.
Da die Wendung „Hans der Träumer“ auch in den Wahnmonolog des Hans
Sachs in Wagners Oper Die Meistersinger von Nürnberg eingegangen ist (III, 1),
wollte N. wohl zugleich ein Echo auf Wagner geben.
57, 18 das Symbolische im Schicksal der Ophelia] Ophelia, die Tochter des
Polonius, liebt Hamlet, der ihren Vater tötet. Darüber wird sie wahnsinnig. Für
N. ist dies ein Symbol für das „Absurde“ (57, 17) des Daseins.
57, 28 f. jene vorhin beschriebenen Anwandlungen.] In der Vorstufe steht: „jene
vorhin beschriebenen Zustände. Nur als Diener des Dionysus kann der Mensch,
der die vernichtende Weisheit des Silen geschaut hat, - seine Existenz ertra-
gen“ (KSA 14, 48).
8. Kapitel
Dieses Kapitel steht in engem Zusammenhang mit dem vorhergehenden: Es
nimmt die Ausführungen über das sich vor allem am Satyr zeigende „Natur“-
Wesen und dessen Gegensatz zur „Cultur“ wieder auf und steigert diesen
Gegensatz geradezu rousseauistisch zu demjenigen zwischen dem „Waldmen-
 
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