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Stellenkommentar GT 16, KSA 1, S. 102 315

Kapitel 16-25: Die „Wiedergeburt der Tragödie“
bei Richard Wagner
16. Kapitel
Mit dem 16. Kapitel beginnt, nachdem bisher „Geburt“ und „Verfall“ der grie-
chischen Tragödie dargestellt wurden, der dritte Teil der Tragödienschrift, wel-
cher der modernen „Wiedergeburt der Tragödie“ im Werk Richard Wag-
ners gilt. Programmatisch intoniert N. im ersten Abschnitt von GT 16 seine
These, daß allein aus dem „Geiste der Musik“ die Tragödie „geboren“ werden
kann (102, 25 f.), um dann zur „Wiedergeburt der Tragödie“ (103, 13 f.) überzu-
gehen. Schon in einem frühen Stadium der Arbeit, als N. noch eine Schrift mit
dem Titel „Musik und Tragödie“ plante, schrieb er an seinen Verleger: „Die
eigentliche Aufgabe ist aber dann, Richard Wagner, das sonderbare Räthsel
unsrer Gegenwart in seinem Verhältniß zu der griech. Tragödie zu beleuchten.
Ich glaube versichern zu können, daß der ganze letzte Theil für unsre musikal.
Öffentlichkeit von aufregender Bedeutung sein muß: vergleiche ich wenigstens
das, was über das gleiche Problem etwa von Hanslick und Andern neuerdings
gesagt worden ist“ (N. an Wilhelm Engelmann, Entwurf, 20.4.1871, KSB 3,
Nr. 133, S. 194, Z. 11-17).
Nach dem Einschnitt am Ende von GT 15 (vgl. dort die abschließende
Erläuterung zu 102,17-21) fassen GT 16 und GT 17 allerdings das bisher Gesagte
weitgehend bloß zusammen. Die Einzelkommentare brauchen das schon Erläu-
terte nicht zu wiederholen. In der Mittelpartie von GT 16 behilft sich N. mit
einem ausführlichen Schopenhauer-Rekurs (103, 32-107, 16), der zuerst die
weltanschauliche Verbindung zwischen Schopenhauers und Wagners Musik-
Ästhetik verdeutlicht und dann Schopenhauers Musik-Ästhetik durch ein lan-
ges Zitat aus der Welt als Wille und Vorstellung darlegt. Die Randpartien (102,
23-103, 32 und 107, 17-108, 34) wiederholen das Frühere, um es auf die Grund-
gedanken hin zu konzentrieren.
GT 17 gilt durchgehend dieser - nun schärfer konturierenden - Wiederho-
lung. In der Anfangspartie beansprucht N., daß er „zum ersten Male“ (109, 26)
dem Sinn des Tragödien-Chors gerecht geworden sei und auch erstmals den
„tragischen Mythus“ in „begrifflicher Deutlichkeit“ durchsichtig gemacht habe.
102, 23-30 An diesem ausgeführten historischen Beispiel haben wir klar zu
machen gesucht [...] müssen wir uns jetzt freien Blicks den analogen Erscheinun-
gen der Gegenwart gegenüber stellen] Ursprünglich sollte hier der Übergang
vom „historischen Beispiel“ zu den „analogen Erscheinungen der Gegenwart“
auf andere Weise vollzogen werden. In einer nachgelassenen und schon durch-
formulierten Niederschrift aus dem Jahr 1871 (NL 1871, KSA 7, 9 [42], 288-292)
 
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