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400 Die Geburt der Tragödie

er alle uneinheimischen Gattungen“. Das folgende Notat NL 1870/1871/1872,
KSA 7, 8[48], 241, 21 f. lautet: „Sendschreiben. Was ich von Richard Wagner
gelernt habe. Künstlerische Erfüllung der germanischen Begabung“. Später
rückte N. von dieser Einschätzung entschieden ab. In der Zeit zwischen Som-
mer und Herbst 1884 notierte er: „Das falsche Germanenthum bei R/ichard/
W/agner} (und die gründliche psychologische Falschheit dieser höchst,moder-
nen4 Mischung von Brutalität und Verzärtelung der Sinne) ist mir ebenso zuwi-
der wie das falsche Römerthum bei David, oder das falsche englische Mittelal-
ter Walter Scotts“ (NL 1884, KSA 11, 26[358], 244, 15-19).
149,17 f. in der siegreichen Tapferkeit und blutigen Glorie des letzten Krieges]
N. schrieb diese Schlußpartie unter dem Eindruck des deutschen Sieges im
deutsch-französischen Krieg von 1870/71.
149, 23 Hausgötter] Anspielung auf den römischen Kult der Hausgötter, der
Penaten, die im Haus neben dem Herd verehrt wurden. Später wurden sie in
den Staatskult aufgenommen und im Tempel der Vesta, der Göttin des Herd-
feuers, verehrt.
149, 23f. ein „Wiederbringen“ aller deutschen Dinge] Anspielung auf die
eschatologisch besetzte pietistische Vorstellung von der „Wiederbringung
aller“ (Apokatästasis pänton). Vgl. NK 125, 3.
150, 2-5 während unsre musikalische Erregung sich auf einem apollinischen
Gebiete und an einer dazwischengeschobenen sichtbaren Mittelwelt entladen
kann.] „Erregung“ und „erregen“ sind, ebenso wie „Gefühl“, Schlüsselworte in
Wagners Schrift Oper und Drama, weil er intensive Empfindungen sowohl als
Voraussetzung für künstlerisches Schaffen wie auch für die Erzielung von Wir-
kung sieht. So intendiert Wagner „jene höchste, gebärungskräftige Gefühlserre-
gung“ (GSD IV, 112), und er führt aus (S. 175): „Die Mittheilung eines Gegen-
standes aber, den die Wortsprache nicht zu völliger Überzeugung an das
nothwendig auch zu erregende Gefühl kundgeben kann, also ein Ausdruck,
der sich in den Affekt ergießt, bedarf durchaus der Verstärkung durch eine
begleitende Gebärde. Wir sehen also, daß, wo das Gehör zu größerer sinnlicher
Theilnahme erregt werden soll, der Mittheilende sich unwillkürlich auch an
das Auge zu wenden hat: Ohr und Auge müssen sich einer höher gestimmten
Mittheilung gegenseitig versichern, um dem Gefühle sie überzeugend zuzufüh-
ren“. Zur Vorstellung von der „Entladung“, die sich alsbald wiederholt (150, 6:
„diese Entladung“) vgl. NK 134, 3 f.
150, 14 f. bei der inneren Beleuchtung durch die Musik] Zu dieser synästheti-
schen Vorstellung vgl. NK 138, 9-17. Bezieht sich dort die „innere Erleuchtung“
auf das „Wort“, so hier und im Folgenden auf das „Bild“.
 
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