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Stellenkommentar GT 23-25, KSA 1, S. 149-152 401

150, 18 individuatio] Wiederaufnahme der schon mehrfach exponierten, von
Schopenhauer übernommenen Denkfigur. Vgl. NK 133, 7.
150, 28 Zerreissen des Schleiers] Gemeint ist der wiederholt zitierte „Schleier
der Maja“ aus Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung. Vgl. den Kom-
mentar zu 28, 10 f.
151, 2-6 die wahrhaft aesthetischen Zuschauer [...] dieses Phänomen des aes-
thetischen Zuschauers] Hierzu der Überblickskommentar zu GT 23-25, S. 392 f.
Mit der Vorstellung der „wahrhaft aesthetischen Zuschauer“ knüpft N. an seine
früheren Ausführungen über den nicht ästhetischen Zuschauer an: den kriti-
schen und philosophischen Zuschauer, dessen Paradigmen für ihn Euripides
und Sokrates darstellen (S. 78, 31-81, 26). In der vierten der Unzeitgemäßen
Betrachtungen: Richard Wagner in Bayreuth wird es heißen: „In Bayreuth ist
auch der Zuschauer anschauenswerth“ (KSA 1, 432, 24).
Mit der Forderung nach dem wahrhaft aesthetischen Zuschauer gibt N. ein
Echo auf einen Wunsch Wagners in dessen Schrift Eine Mittheilung an meine
Freunde (GSD IV, 233): „Aber gerade auch dieses Verständniß kann, der Natur
jeder künstlerischen Absicht nach, nicht mit dem reinen Verstände, son-
dern nur mit dem Gefühle gefaßt werden, und zwar mit einem mehr oder
weniger künstlerisch gebildeten Gefühle, wie es nur Denen zu eigen sein
kann, die [...] mit dem Künstler [...] sympathisiren, daß sie jene Absicht unter
gewissen Umständen als ihre eigene aufzunehmen im Stande sind, und an
dem Streben nach ihrer Verwirklichung einen nothwendigen innigen Antheil
zu nehmen vermögen“.
151, 14-21 das Leiden im Schicksale des Helden [...] kurz die Exemplification
jener Weisheit des Silen, oder, aesthetisch ausgedrückt, das Hässliche und Dis-
harmonische [...] eine höhere Lust] Zur „Weisheit des Silen“ vgl. 35, 12-24 und
den Kommentar hierzu; ein weiteres Mal nennt N. diese Weisheit des Silen 57,
19. Zum zeitgenössischen Interesse an einer Ästhetik des Hässlichen vgl. NK
15, 31-16, 5. Die ästhetische „Lust“ am tragischen Geschehen, am „Leiden“ des
tragischen Helden, war schon früher thematisiert worden (109, 2-4; vgl. den
Kommentar hierzu), wird aber nun in den folgenden Abschnitten bis zur
„Urlust“ gesteigert (152, 33; 153, 14).
152,1-16 worin liegt dann die aesthetische Lust [...]? Ich frage nach der aesthe-
tischen Lust und weiss recht wohl, dass viele dieser Bilder [des tragischen
Mythus] ausserdem mitunter noch eine moralische Ergetzung, etwa unter der
Form des Mitleides oder eines sittlichen Triumphes, erzeugen können. Wer die
Wirkung des Tragischen aber allein aus diesen moralischen Quellen ableiten
wollte, wie es freilich in der Aesthetik nur allzu lange üblich war, der mag nur
 
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