Metadaten

Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1911, 23. Abhandlung): Über die Rhythmik in der Entwicklung der Pflanzen — Heidelberg, 1911

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37466#0020
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
30

Georg Klebs:

die von ScHiMPER hervorgehobene Eigentümlichkeit, daß die
Zweige desselben Baumes auffallende Ungleichheiten aufweisen,
indem die einen wachsen, während die anderen ruhen. Je un-
günstiger nach der ganzen Erscheinung der Pflanze das Klima
für eine Art ist, um so stärker tritt diese Ungleichheit hervor;
die äußeren Bedingungen veranlassen wohl das Wachsen des
Baumes, sind aber nicht genügend für das aller seiner Zweige.
ScHiMPER legt auf diese Ungleichheit das größte Gewicht und
sieht darin einen Beweis für die innere Rhythmik eines Zweiges.
Tatsächlich ruht solch ein Baum, wie auch PFEFFER (1904,
S. 270) betont, überhaupt nicht; sein Wurzelsystem, sein Stamm,
ein Mehr oder Weniger von seinen Ästen wächst. Durch die
Gleichsetzung der allgemeinen Buhe und der partiellen wird ge-
rade das interessante Problem verdeckt, warum das tropische
Klima dieses ungleiche Verhalten der Zweige eines Individuums
hervorruft. Ich komme weiter unten ausführlicher darauf zurück.
Die Untersuchungen an den krautartigen wie holzigen Ge-
wächsen, die aus temperierten Zonen nach Java versetzt worden
sind, stimmen in ihrem Hauptresultat überein. Eine erste Gruppe
enthält die zahlreichen Pflanzen, die in dem tropischen Klima
nicht zu einer Ruhe kommen, sondern fortwachsen, ebenso wie
sie in der Heimat, z. B. in Europa, durch den Einfluß höherer
Temperatur und Feuchtigkeit zum Treiben gebracht werden
können. Es gibt eine zweite Gruppe von Pflanzen, die sich
im Gewächshaus nicht einfach durch höhere Temperatur treiben
lassen, sie können aber dazu veranlaßt werden durch stärkere
äußere Reize, Narkose mit Äther, Kälte, Trockenheit, Warmwasser-
bad usw. oder durch längere Kultur im tropischen Klima. Eine
dritte Gruppe umfaßt eine kleine Anzahl von Pflanzen, die eine
sehr feste Ruheperiode besitzen, für deren Beseitigung die Mittel
noch nicht genügend bekannt sind.
Man pflegt auch heute noch die Pflanzen der ersten Gruppe
in scharfen Gegensatz zu denen der dritten Gruppe zu setzen,
indem man sagt, daß die ersteren in ihrer Ruhe oder ihrem
Wachstum von äußeren Bedingungen abhängig sind, die letzteren
dagegen eine notwendige, auf rein inneren Gründen beruhende
Ruheperiode besitzen. Schon früher habe ich mich gegen diese
Auffassung gewendet, weil ich sie prinzipiell für unberechtigt
halte. Von einer notwendigen unabänderlichen Ruhe kann man
auf Grund negativer Resultate nicht sprechen. Die Pflanzen der
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften