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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0027
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Kallist und Tertullian.

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zuliebe vielleicht stärkere Wendungen wählt, als er der Sache
nach eigentlich durfte, daß er vielleicht nur die vorübergehende
Entziehung des Abendmahls meint oder ein durch verschiedene
Gründe, namentlich durch die Scheu vor Abrügung (dedignatione
castigationis) veranlaßtes Fernbleiben von der Kirche (ipse ab-
rupit). Sodann lassen die Aufzählungen der „leichteren“ Sünden
bei Tertullian von einer ungerechtfertigten Zorneswallung und
einer Notlüge bis zum Vertragsbruch, zur Beihilfe zum Götzen-
dienst und zur halben Glaubensverleugnung sogar eine verschie-
dene Behandlung begreiflich erscheinen: bei den einen ging doch
sicher der Kirchenfriede gar nicht eigentlich verloren, die andern
aber können sehr wohl eine zeitliche Buße vor der Kirchen-
schwelle nach sich gezogen haben. Das „foris sistimus“, „limitem
liminis figimus“, womit die Buße für die peccata inremissibilia im
Unterschied von der für die remissibilia gekennzeichnet ist, be-
deutet eben die lebenslängliche Verweisung vor die Schwelle.
Da aber der Montanismus auf keinen Fall seine ganze Buß-
ordnung aus dem Nichts schuf, so muß sich darin irgendwie die
katholische Gepflogenheit widerspiegeln. Nun heißt es De
paen. 7, 10: Gonlocavit in vestibulo paenitentiam secundam,
quae pulsantibus patefaciat. Die Kirche kennt also eine Buße,
die ,,im Vorhof“ geleistet wird und wirksam ist (ob nur bei Gott
oder auch bei der Kirche, bleibe vorläufig dahingestellt). Die De
paen. 9, 1 ff. beschriebenen Vorgänge der εξομολόγησές, auch das
„presbyteris advolvi et caris Dei adgeniculari, Omnibus fratribus
legationes deprecationis suae injungere“, spielen sich zur Zeit der
Abfassung von De paen. nicht in der Kirche selber, sondern im
Vorhofe ab1. Wenn es nun nach Apol. c. 39 auch Sünder gibt,
die ,,a communicatione orationis et conventus et omnis sancti
commercii“ ausgeschlossen sind, so möchte man annehmen, daß
damit nicht solche gemeint seien, die ,,in vestibulo“ Buße leisteten,
da man von ihnen nicht wohl sagen konnte, daß sie „von der Teil-
nahme am Gebet und an der Zusammenkunft und an jedem
heiligen Verkehr ausgeschlossen“ gewesen seien. Vielmehr erinnert
diese Wendung an De pud. 4, 5: non modo limine, sed omni eccle-
siae tecto submovemus. Auch scheint ein „summum futuri judicii
praejudicium“, d. h. die höchste Wahrscheinlichkeit der ewigen
1 Die Wendungen „vestibulum“, „limen“, „tectum“ möchte ich jetzt
doch wörtlicher nehmen, als ich es in der Theol. Quartalschrift, 1900, 487f.
und 1903, 258 getan habe. Vgl. auch d’Ales, L’edit de Galliste, 409ff.
 
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