Kallist und Tertullian.
39
boni utrique confert, cum disjuncto matrimonio, ex ea tarnen
causa qua licet seu viro seu feminae ad viduitatis perseverantiam
sustineri, alterum adulterum non facit, alterum emendat“1. Mag
hier nur an die Enthaltung vom ehelichen Umgang während der
Buße2 oder, was wahrscheinlicher ist, an die Scheidung der Ehe
wegen Ehebruchs eines Gatten3 gedacht sein, jedenfalls erfordert
die dadurch geschaffene Lage die ,,perseverantia viduitatis“, endet
also weder mit der Wiederherstellung der Ehe noch mit der Wieder-
aufnahme des ehelichen Umgangs und setzt somit dauernde Buße
voraus. Vom babylonischen König, der durch seine siebenjährige
Buße ,,et regnum recuperavit et, quod optabilius homini est, satis
Deo fecit“ (c. 13) und von der Anwendung dieses Bildes auf den
Sünder war soeben die Bede. In c. 15 endlich gehört das „paeni-
tentiam expectat, exhomologesin adsignat“ zu den Wirkungen der
Geduld, die zeigen, daß sie „Gott zum Schuldner macht“, daß
sie „bei Gott in sicherer Verwahrung ist“. Von einer kirchlichen
Begnadigung keine Spur, geschweige denn ein sicheres Anzeichen4.
Es ist auch nicht so, wie Esser immer wieder betont (1905,
14 u. 23; Katholik 1907, II, 194; 1908, I, 13), daß bei Tertullian
die kirchliche Wiederaufnahme die göttliche Verzeihung voraus-
setze und ihr folge, daß er daher De paen. auch bei schweren Sünden
eine kirchliche Wiederaufnahme kenne, weil er die göttliche Ver-
zeihung annehme, während er De pud. die göttliche Verzeihung
für äußerst zweifelhaft und nur in seltenen Fällen eintretend halte
und deshalb auch eine kirchliche Wiederaufnahme verbiete. Die
„Frucht der Buße“ ist ihm allerdings die „Verzeihung“: „Paeni-
tentiae fructum id est veniam“, heißt es De pud. 3, 3; „Cessatio
delicti radix est veniae, ut venia sit paenitentiae fructus“ 10, 14;
„Salva illa paenitentiae specie post fidem, quae aut levioribus
delictis veniam ab episcopo consequi poterit aut majoribus et
inremissibilibus a Deo solo“ 18, 18. Dieser letzte Satz verrät
uns aber auch seinen weiteren Gedankengang: freilich zieht die
Verzeihung auch die Aufnahme nach sich, aber nur wer die „venia“
erteilen kann, ist auch für die „pax“ oder „communicatio“ zu-
ständig. Bei den „kleinen Sünden“ steht die Erteilung der venia
1 Nach der Stellung des Satzes in der ed. Vind., anders bei Oehler.
2 So Kellner (BKV., Tertullian I, 53).
3 Siehe die Note c bei Oehler I, 608.
4 Die Übereinstimmung von De pat. c. 5 mit De pud. bezüglich der
drei Hauptsünden und das delinquere in Deum wurde oben S. 15 erörtert.
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boni utrique confert, cum disjuncto matrimonio, ex ea tarnen
causa qua licet seu viro seu feminae ad viduitatis perseverantiam
sustineri, alterum adulterum non facit, alterum emendat“1. Mag
hier nur an die Enthaltung vom ehelichen Umgang während der
Buße2 oder, was wahrscheinlicher ist, an die Scheidung der Ehe
wegen Ehebruchs eines Gatten3 gedacht sein, jedenfalls erfordert
die dadurch geschaffene Lage die ,,perseverantia viduitatis“, endet
also weder mit der Wiederherstellung der Ehe noch mit der Wieder-
aufnahme des ehelichen Umgangs und setzt somit dauernde Buße
voraus. Vom babylonischen König, der durch seine siebenjährige
Buße ,,et regnum recuperavit et, quod optabilius homini est, satis
Deo fecit“ (c. 13) und von der Anwendung dieses Bildes auf den
Sünder war soeben die Bede. In c. 15 endlich gehört das „paeni-
tentiam expectat, exhomologesin adsignat“ zu den Wirkungen der
Geduld, die zeigen, daß sie „Gott zum Schuldner macht“, daß
sie „bei Gott in sicherer Verwahrung ist“. Von einer kirchlichen
Begnadigung keine Spur, geschweige denn ein sicheres Anzeichen4.
Es ist auch nicht so, wie Esser immer wieder betont (1905,
14 u. 23; Katholik 1907, II, 194; 1908, I, 13), daß bei Tertullian
die kirchliche Wiederaufnahme die göttliche Verzeihung voraus-
setze und ihr folge, daß er daher De paen. auch bei schweren Sünden
eine kirchliche Wiederaufnahme kenne, weil er die göttliche Ver-
zeihung annehme, während er De pud. die göttliche Verzeihung
für äußerst zweifelhaft und nur in seltenen Fällen eintretend halte
und deshalb auch eine kirchliche Wiederaufnahme verbiete. Die
„Frucht der Buße“ ist ihm allerdings die „Verzeihung“: „Paeni-
tentiae fructum id est veniam“, heißt es De pud. 3, 3; „Cessatio
delicti radix est veniae, ut venia sit paenitentiae fructus“ 10, 14;
„Salva illa paenitentiae specie post fidem, quae aut levioribus
delictis veniam ab episcopo consequi poterit aut majoribus et
inremissibilibus a Deo solo“ 18, 18. Dieser letzte Satz verrät
uns aber auch seinen weiteren Gedankengang: freilich zieht die
Verzeihung auch die Aufnahme nach sich, aber nur wer die „venia“
erteilen kann, ist auch für die „pax“ oder „communicatio“ zu-
ständig. Bei den „kleinen Sünden“ steht die Erteilung der venia
1 Nach der Stellung des Satzes in der ed. Vind., anders bei Oehler.
2 So Kellner (BKV., Tertullian I, 53).
3 Siehe die Note c bei Oehler I, 608.
4 Die Übereinstimmung von De pat. c. 5 mit De pud. bezüglich der
drei Hauptsünden und das delinquere in Deum wurde oben S. 15 erörtert.