Kallist und Tertullian.
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Auch fehlt es nicht an weiteren Berührungen zwischen Hippolyt
und Tertullian. Daß das πρώτος τά προς τάς ήδονάς τοΐς άν-
8-ρώποις συγχωρεΐν έπενόησε, λέγων πάσιν ύπ’ αύτοΰ άφίεσθαι
άμαρτίας und das φάσκοντες αυτόν άφιέναι τοΐς εύδοκοΰσιν an
das „edictum“ und „edicit“ erinnert: ,,ego et moechiae et
fornicationis delicta paenitentia functis dimitto“, ist bereits er-
wähnt worden1 * *. Hippol.: διά τάς ήδονάς άς ού συνεχώρησεν ό
1 Adam meint (S. 16ff.), das Edikt selbst könne nicht als ursprünglich
angesehen werden, vor allem nicht das autoritative ego dimitto. Diese Aus-
drucksweise könne schon deshalb nicht echt sein, weil sie zuviel besage. Selbst
nach dem Kirchenbegriff des Vatikanums stünde dem Papste nicht zu, ein
ego dimitto in wörtlichem Verstände für die Büßer der ganzen christlichen
Welt zu sprechen; er könnte die kirchliche Vergebungsgewalt für alle Sünden
definieren, die Ausübung dieser Gewalt aber nicht selbst durch ein summari-
sches ego dimitto für die Gesamtheit der Büßer betätigen. Allein mit dem
ego dimitto will selbstverständlich auch Tertullian den bekämpften Bischof
nicht sagen lassen, daß er die Büßer der ganzen Christenheit hiemit losspreche
—- eine solche Unterstellung macht Tertullian weder dem römischen noch
dem karthagischen Bischof —, sondern nur, daß er die Fleischessünder
seiner Gemeinde nach geleisteter Buße losspreche und daß er eine solche
Lossprechung für rechtmäßig und pflichtmäßig erachte. Es handelt sich also
auch nach Tertullian „lediglich um die autoritative Erklärung, daß künftig-
hin solche Sünden seitens der kirchlichen ministri Nachlaß und Kirchen-
gemeinschaft finden können“ (S. 18) und wohl auch finden müssen. Daß
aber gerade die römischen Bischöfe solche „autoritativen Erklärungen“ damals
im Ich-Stile abgaben, zeigt Konrad Graf Preysing in der Ztschr. f. kath.
Theol., 1917, 595ff. an Philos. IX, 11, wo Zephyrin im monarchianischen
Streite erklärt: εγώ οιδα ένα θεόν Χρηστόν ’Iήσουν καί πλήν αύτοΰ έτερον ούδένα
γενητόν καί παθητόν, und an IX, 12, wo Kallist in derselben Streitfrage sich
dahin äußert: ού γάρ έρώ δύο θεούς, πατέρα καί υιόν, άλλ’ ένα (von dem
Zephyrinischen Satze nimmt auch Harnack, DG.4 I, 744 A. 6, an, daß er
wörtlich echt sein werde). Auch das λέγων πάσιν ύπ’ αύτοΰ άφίεσθαι άμαρτίας
lautet in gerader Rede: εγώ πάσιν άφίημι άμαρτίας. Das zweimalige δημοσία
in Phil. IX, 11 u. 12 dient freilich nicht, wie Graf Preysing weiter
meint, zum Erweise des Kathedralcharakters der Entscheidungen. Bei Euseb.
Η. E. IX, 11, 1 — ich greife einige Beispiele auf, die mir gerade zur Hand
sind — werden allerdings kaiserliche Erlasse προγράμματα δημόσια genannt,
und in der bekannten Stelle des Klemens von Alexandrien (Euseb. VI, 14, 6)
heißt, es: του Πέτρου δημοσία έν 'Ρώμη κηρύξαντος τον λόγον. Aber Justin
sagt in seiner 2. Apologie c. 3 vom Philosophen Krescens: ού γάρ φιλόσοφον
είπεΐν άξιον άνδρα, δς γε περί ήμών ά μη έπίσταται δημοσία καταμαρτυρεί, und
in der Anklageschrift des Antiochener Konzils gegen Paul von Samosata
heißt es (Euseb. VII, 30, 8): άμα βαδίςων δημοσία καί δορυφορούμενος. Das Wort
δημοσία ist also vieldeutig und bezeichnet jedes Auftreten in der Öffent-
lichkeit. — In derselben Zeitschr. 1919, 2, 35 8 ff. macht Preysing darauf
aufmerksam, daß das Wort δρος in Phil. IX, 12, 5 (oö τω δρω άρεσκόμενοι
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Auch fehlt es nicht an weiteren Berührungen zwischen Hippolyt
und Tertullian. Daß das πρώτος τά προς τάς ήδονάς τοΐς άν-
8-ρώποις συγχωρεΐν έπενόησε, λέγων πάσιν ύπ’ αύτοΰ άφίεσθαι
άμαρτίας und das φάσκοντες αυτόν άφιέναι τοΐς εύδοκοΰσιν an
das „edictum“ und „edicit“ erinnert: ,,ego et moechiae et
fornicationis delicta paenitentia functis dimitto“, ist bereits er-
wähnt worden1 * *. Hippol.: διά τάς ήδονάς άς ού συνεχώρησεν ό
1 Adam meint (S. 16ff.), das Edikt selbst könne nicht als ursprünglich
angesehen werden, vor allem nicht das autoritative ego dimitto. Diese Aus-
drucksweise könne schon deshalb nicht echt sein, weil sie zuviel besage. Selbst
nach dem Kirchenbegriff des Vatikanums stünde dem Papste nicht zu, ein
ego dimitto in wörtlichem Verstände für die Büßer der ganzen christlichen
Welt zu sprechen; er könnte die kirchliche Vergebungsgewalt für alle Sünden
definieren, die Ausübung dieser Gewalt aber nicht selbst durch ein summari-
sches ego dimitto für die Gesamtheit der Büßer betätigen. Allein mit dem
ego dimitto will selbstverständlich auch Tertullian den bekämpften Bischof
nicht sagen lassen, daß er die Büßer der ganzen Christenheit hiemit losspreche
—- eine solche Unterstellung macht Tertullian weder dem römischen noch
dem karthagischen Bischof —, sondern nur, daß er die Fleischessünder
seiner Gemeinde nach geleisteter Buße losspreche und daß er eine solche
Lossprechung für rechtmäßig und pflichtmäßig erachte. Es handelt sich also
auch nach Tertullian „lediglich um die autoritative Erklärung, daß künftig-
hin solche Sünden seitens der kirchlichen ministri Nachlaß und Kirchen-
gemeinschaft finden können“ (S. 18) und wohl auch finden müssen. Daß
aber gerade die römischen Bischöfe solche „autoritativen Erklärungen“ damals
im Ich-Stile abgaben, zeigt Konrad Graf Preysing in der Ztschr. f. kath.
Theol., 1917, 595ff. an Philos. IX, 11, wo Zephyrin im monarchianischen
Streite erklärt: εγώ οιδα ένα θεόν Χρηστόν ’Iήσουν καί πλήν αύτοΰ έτερον ούδένα
γενητόν καί παθητόν, und an IX, 12, wo Kallist in derselben Streitfrage sich
dahin äußert: ού γάρ έρώ δύο θεούς, πατέρα καί υιόν, άλλ’ ένα (von dem
Zephyrinischen Satze nimmt auch Harnack, DG.4 I, 744 A. 6, an, daß er
wörtlich echt sein werde). Auch das λέγων πάσιν ύπ’ αύτοΰ άφίεσθαι άμαρτίας
lautet in gerader Rede: εγώ πάσιν άφίημι άμαρτίας. Das zweimalige δημοσία
in Phil. IX, 11 u. 12 dient freilich nicht, wie Graf Preysing weiter
meint, zum Erweise des Kathedralcharakters der Entscheidungen. Bei Euseb.
Η. E. IX, 11, 1 — ich greife einige Beispiele auf, die mir gerade zur Hand
sind — werden allerdings kaiserliche Erlasse προγράμματα δημόσια genannt,
und in der bekannten Stelle des Klemens von Alexandrien (Euseb. VI, 14, 6)
heißt, es: του Πέτρου δημοσία έν 'Ρώμη κηρύξαντος τον λόγον. Aber Justin
sagt in seiner 2. Apologie c. 3 vom Philosophen Krescens: ού γάρ φιλόσοφον
είπεΐν άξιον άνδρα, δς γε περί ήμών ά μη έπίσταται δημοσία καταμαρτυρεί, und
in der Anklageschrift des Antiochener Konzils gegen Paul von Samosata
heißt es (Euseb. VII, 30, 8): άμα βαδίςων δημοσία καί δορυφορούμενος. Das Wort
δημοσία ist also vieldeutig und bezeichnet jedes Auftreten in der Öffent-
lichkeit. — In derselben Zeitschr. 1919, 2, 35 8 ff. macht Preysing darauf
aufmerksam, daß das Wort δρος in Phil. IX, 12, 5 (oö τω δρω άρεσκόμενοι