Metadaten

Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0065
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kallist und Tertullian.

61

Schluß beruht aber, wie wir eben gezeigt haben, auf einer unbe-
wiesenen Voraussetzung. Außerdem muß durchaus nicht überall,
wo der Gegner in der Einzahl eingeführt wird, gerade ein Bischof
gemeint sein. Wenn z. B. bei der Erörterung der bekannten
Gleichnisse die gegnerische Deutung einem „benignissimus Dei
interpres“, einem ,,funambulus pudicitiae“ zugeschrieben wird
(c. 10), ja selbst wo es heißt ,,fornicationi quoque januam paeni-
tentiae expandas . . . dabis ergo et idololatrae et omni apostatae
veniam . . . communicabis et homicidae . . jam et incesta donabis“
(c. 6) kann bei der schriftstellerischen Art Tertuilians ganz gut
einfach der „Psychiker“, der Katholik als Gattung, gemeint sein,
so wie er in anderen Streitschriften ebenfalls bald die Katholiken
bald den Katholiken, bald die Ketzer bald den Ketzer anredet
und einführt1. Auch der Satz ,,Pastor quem in calice depingis“
(10, 12) braucht auf keinen Bischof, weder auf den römischen
noch auf den karthagischen zu zielen, er meint einfach den katho-
lischen Abendmahls- oder Agapenkelch. Natürlich ist ihm der
Brauch, das Bild des guten Hirten auf den Kelchen anzubringen,
von der katholischen Gemeinde Karthagos her bekannt, aber er
ist ihm darum doch nicht bloß karthagischer, sondern einfach
katholischer Brauch, wie er ja auch tatsächlich nicht auf die
afrikanische Kirche beschränkt war2. Unmittelbar vorher war auch
davon die Bede, daß die Schrift des Pastor ,,ab omni concilio
ecclesiarum etiam vestrarum“ als unecht beurteilt wurde — ein
Beweis, daß Tertuilians Blick nicht auf Afrika eingeengt war.
Man vergleiche den Wechsel von Singular und Plural in
andern Streitschriften. De virg. vel. c. 5: habes . . . quidam volunt
. . . ostendant. De fuga in pers. (einem „Bruder Fabius“ gewidmet),
c. 1: penes vos, c. 3: dicitis enim . . . credas, c. 5: inquit . . .
reponde, c. 12: tibi... quomodo mihi proponere potest. De
monog. c. 1: psychicis, c. 2: exprobrant . . . coguntur, c. 3:
inquis, c. 5: a te . . . tibi . . vides, c. 6: quibusdam . . pro-
vocant . . . sequeris . . . recipe . . reicis . . recusabis .... recipis ....
habes . . . tibi, c. 7: quidam dicunt . . . putant . . scient, c. 11:
qualis es . . postulans . . . psychici volunt, c. 12: audi . . . inquiunt
1 Nicht anders macht es Novatian de trinit. c. 23—29.
2 Der Zusammenhang dieses Brauches mit der Bußfrage ist längst ver-
mutet, von Hans Achelis (Ztschr. f. neutest. Wiss., 1915, 3ff.) sehr wahr-
scheinlich gemacht worden. Vgl. H. Koch, Die altchristliche Bilderfrage nach
den literarischen Quellen, 1917, 10.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften