Kallist und Tertullian.
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Scorp. c. 10 schreibt Tertullian: ,,Nam etsi adhuc clausum
putas caelum, memento claves ejus hie Dominum Petro et per eum
ecclesiae reliquisse, quas hie unusquisque interrogatus atque con-
fessus feret secum.“ Dazu bemerkt Adam (Theol. Quartalschr.,
1912, 205): ,,Tertullian spricht hier als begeisterter Lobredner der
martyres designati allen Christen, die auf richterliche Auf-
forderung hin mutig ihren Glauben bekennen, den Besitz der
Himmelsschlüssel Petri zu. Petrus ist somit hier nicht im beson-
deren Sinne Träger der Schlüsselgewalt, er ist es vielmehr nur als
Repräsentant der Kirche. Und unter dieser Kirche versteht
Tertullian die Gesamtheit aller Christen: jeder einzelne (unusquis-
que) gewinnt durch die Hingabe seines Blutes ein Anrecht auf den
Himmel“* 1. Damit hat er den Sinn des Satzes ganz richtig gedeutet.
De monog. c. 8 heißt es: ,,Petrum solum invenio maritum,
per socrum: monogamum praesumo per ecclesiam, quae super
illum aedificata omnem gradum ordinis sui de monogamis erat
collocatura.“ Wie aus der Erwähnung der Schwiegermutter Petri
(per socrum) seine Verheiratung zu ersehen ist (invenio), so darf
wegen der nur Einmalverheiratete in ihren Klerus aufnehmenden
Kirche (per ecclesiam) die Voraussetzung gemacht werden (prae-
sumo), daß Petrus nur einmal verheiratet war. Aus der Sitte der
Kirche bezüglich ihres ordo schließt also Tertullian, daß Petrus
nur einmal verheiratet gewesen sei. Zugleich aber ist ihm der
einmal verheiratete Petrus Vorbild für die Pflicht des Klerus.
(Auf einen Zirkel kommt es ja dem Eiferer nicht an.) Auch hier
erscheint Petrus als Vertreter der Kirche. Ein wirklicher und
wirksamer Primat Petri kommt bei Tertullian überhaupt nirgends
zum Vorschein, auch nicht in seinen katholischen Schriften. Die
Bedeutung Petri sieht er, wie Adam richtig bemerkt, in seinem
Apostelamt als solchem beschlossen. Daß aber Tertullian als
logische“ Ketzer im engsten Sinne. Die Donatisten, die doch wahrlich einen
andern „Kirchenbegriff“ hatten als die Katholiken, betrachtet er nur als
Schismatiker, nicht als Häretiker. Überhaupt verstand, wie Harnack in
seiner Dogmengeschichte zu betonen nicht müde wird, das christliche Alter-
tum, und nicht bloß dieses, unter „Dogma“ im strengen Sinne nur die Summe
trinitarischer und christologischer Lehren, die mit dem Symbol überliefert
wurde, unter „Häresie“ nur eine hierin von der kirchlichen Lehre abweichende
Anschauung.
1 Wie Adam noch beifügt, kehrt derselbe Gedanke von dem Blut-
schlüssel eines jeden Christen De anima c. 55 wieder: Tota paradisi clavis
tuus sanguis est.
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Scorp. c. 10 schreibt Tertullian: ,,Nam etsi adhuc clausum
putas caelum, memento claves ejus hie Dominum Petro et per eum
ecclesiae reliquisse, quas hie unusquisque interrogatus atque con-
fessus feret secum.“ Dazu bemerkt Adam (Theol. Quartalschr.,
1912, 205): ,,Tertullian spricht hier als begeisterter Lobredner der
martyres designati allen Christen, die auf richterliche Auf-
forderung hin mutig ihren Glauben bekennen, den Besitz der
Himmelsschlüssel Petri zu. Petrus ist somit hier nicht im beson-
deren Sinne Träger der Schlüsselgewalt, er ist es vielmehr nur als
Repräsentant der Kirche. Und unter dieser Kirche versteht
Tertullian die Gesamtheit aller Christen: jeder einzelne (unusquis-
que) gewinnt durch die Hingabe seines Blutes ein Anrecht auf den
Himmel“* 1. Damit hat er den Sinn des Satzes ganz richtig gedeutet.
De monog. c. 8 heißt es: ,,Petrum solum invenio maritum,
per socrum: monogamum praesumo per ecclesiam, quae super
illum aedificata omnem gradum ordinis sui de monogamis erat
collocatura.“ Wie aus der Erwähnung der Schwiegermutter Petri
(per socrum) seine Verheiratung zu ersehen ist (invenio), so darf
wegen der nur Einmalverheiratete in ihren Klerus aufnehmenden
Kirche (per ecclesiam) die Voraussetzung gemacht werden (prae-
sumo), daß Petrus nur einmal verheiratet war. Aus der Sitte der
Kirche bezüglich ihres ordo schließt also Tertullian, daß Petrus
nur einmal verheiratet gewesen sei. Zugleich aber ist ihm der
einmal verheiratete Petrus Vorbild für die Pflicht des Klerus.
(Auf einen Zirkel kommt es ja dem Eiferer nicht an.) Auch hier
erscheint Petrus als Vertreter der Kirche. Ein wirklicher und
wirksamer Primat Petri kommt bei Tertullian überhaupt nirgends
zum Vorschein, auch nicht in seinen katholischen Schriften. Die
Bedeutung Petri sieht er, wie Adam richtig bemerkt, in seinem
Apostelamt als solchem beschlossen. Daß aber Tertullian als
logische“ Ketzer im engsten Sinne. Die Donatisten, die doch wahrlich einen
andern „Kirchenbegriff“ hatten als die Katholiken, betrachtet er nur als
Schismatiker, nicht als Häretiker. Überhaupt verstand, wie Harnack in
seiner Dogmengeschichte zu betonen nicht müde wird, das christliche Alter-
tum, und nicht bloß dieses, unter „Dogma“ im strengen Sinne nur die Summe
trinitarischer und christologischer Lehren, die mit dem Symbol überliefert
wurde, unter „Häresie“ nur eine hierin von der kirchlichen Lehre abweichende
Anschauung.
1 Wie Adam noch beifügt, kehrt derselbe Gedanke von dem Blut-
schlüssel eines jeden Christen De anima c. 55 wieder: Tota paradisi clavis
tuus sanguis est.