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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 7. Abhandlung): Agatharchidea — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37684#0063
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Agatharchidea.

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sagen die „Zuständigkeit“ der Sinnesorgane ausgesprochen. Die
peripatetische Zuversicht, daß die Sinneswahrnehmung normaler-
weise zuverlässig sei, hat Agatharchides, der Freund der ένάργεια,
gewiß geteilt. — Was die Farben angeht, so ist auf die lehrreiche
Untersuchung von Kranz zu verweisen, Herrn. 47, 1912, 126 ff.
Die Hauptgegensätze weiß und schwarz stehen fest, daneben die
durch alte Praxis begründete Sonderstellung von Rot und Gelb,
so daß vier άπλα χρώματα herauskommen. Das ist empedokleisch1,
nach Aetius 313, 13 allerdings auch pythagoreisch. Aber da die
Vierfarbentheorie sichtlich mit der Lehre von den vier Elementen
zusammenhängt und Theophrast 59 Empedocles gegenüber be-
merkt οι δ’ άλλοι, τοσοΰτον μόνον, ότι τό τε λευκόν καί τό μέλαν άρχαί,
so darf für pythagoreisch vielmehr die Schwarzweißtheorie gelten2.
Sie ist auch peripatetisch (vgl. die Stellen bei Bonitz 857 a 51);
und dem entspricht, daß unser Anonymus alle übrigen als Zwischen-
farben von Weiß und Schwarz betrachtet und das Paar Gelb und
Rot (ωχρόν ερυθρόν) in die Reihe dieser Zwischenfarben mitten
hineinstellt. Mit Aristoteles ist er auch darin einig, daß die Zahl
der Zwischenfarben nicht unbegrenzt ist (αίσθ. 440 a 24 und
445 b 21). Freilich ist nun die aristotelische Skala siebenteilig:
λευκόν, μέλαν (φαιόν), ξανθόν, φοινικοΰν, άλουργόν, πράσινον, κυανουν,
wobei Grau zu Schwarz gestellt wird und Gelb eine besondere
Stellung neben Weiß hat; vgl. 442 a 20ff. Das wirkt in der Reihe
des Anonymus insofern nach, als bei ihm ξανθόν φαιόν unmittel-
bar hinter dem Grundgegensatz λευκόν μέλαν an der Spitze der
Zwischenfarben erscheinen. Unter seinen übrigen (ωχρόν ερυθρόν
κυανουν άλουργόν λαμπρόν ορφνινον) fehlen die aristotelischen
πράσινον und φοινικοΰν, die Reihe ist aber auch nicht voll-
ständig, da 12 Farben angekündigt sind und nur 10 folgen3. Ehe
man die Ergänzung versucht, ist auch Plato heranzuziehen, der
im Timäus (68Bff.; vgl. Theophr. 86) — ohne erschöpfend sein
zu wollen — 13 Farben aufzählt: μέλαν λευκόν λαμπρόν έρυθρόν
ξανθόν άλουργόν ορφνινον πυρρόν φαιόν ωχρόν κυανουν γλαυκόν πράσιον.
1 Auch Democrit unterschied die vier als άπλα von den übrigen aus
ihnen gemischten, Theophr. 76. Plato stellt ερυθρόν ξανθόν gleich hinter
den obersten Gegensatz schwarz-weiß, Tim. 68 B.
2 Reinhardt, Parm. 74 nimmt sie für parmenideisch. Das hängt wohl
mit seiner weitgehenden Skepsis gegen alles Pythagoreische zusammen.
3 Im Text war die Störung nicht anzuzeigen, als wahrscheinlich von
Photius selbst verschuldet (Abhängigkeit des Suidastextes!)
 
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